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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 106. Die Kosten und Gebühren.
Verfahren vor den Landesgerichten und den Bundesstaaten in dem
Verfahren vor dem Reichsgerichte 1).

b) Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten
und einstweilige Befreiung von der Berichtigung der rückstän-
digen und künftig erwachsenden Gerichtskosten, einschließlich der
Gebühren der Beamten, der den Zeugen und den Sachverständigen
zu gewährenden Vergütung und der sonstigen baaren Auslagen,
sowie der Stempelsteuer erlangt eine Partei in bürgerlichen Rechts-
streitigkeiten durch Bewilligung des Armenrechts 2). Auf Be-
willigung des Armenrechts hat nur Anspruch, wer außer Stande
ist, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie nothwen-
digen Unterhalts die Kosten des Prozesses zu bestreiten 3); es ist
zu versagen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechts-
vertheidigung muthwillig oder aussichtslos erscheint 4).

Ausländer haben auf das Armenrecht nur insoweit Anspruch,
als die Gegenseitigkeit verbürgt ist 5), was in der Regel nur durch
Abschluß eines Staatsvertrages geschehen kann 6). Ueber das Ge-
such um Bewilligung des Armenrechts entscheidet das Prozeßge-
richt und zwar erfolgt die Bewilligung für jede Instanz besonders 7).
Das Armenrecht kann zu jeder Zeit entzogen werden, wenn sich
ergiebt, daß eine Voraussetzung der Bewilligung nicht vorhanden
war oder nicht mehr vorhanden ist, und es erlischt mit dem Tode
der Person, welcher es bewilligt ist 8). Sobald die Partei, der

1) Gerichtskostenges. §. 98 Abs. 1. Die Gebührenfreiheit involvirt aber
nicht die Befreiung von der Pflicht, die erwachsenden Auslagen zu ersetzen.
In dem Gerichtskostengesetz werden durchweg Gebühren und Auslagen scharf
von einander unterschieden.
2) Civilproz.O. §. 107 Ziff. 1 und 2. Die Vorschriften der Civilproz.O.
über das Armenrecht finden auch auf Konkurssachen Anwendung. Konk.O. §. 65.
3) Der Nachweis ist zu führen durch eine "von der obrigkeitlichen Be-
hörde" der Partei ausgestelltes Zeugniß. Civilproz.O. §. 109 Abs. 2.
4) Civilproz.O. §. 106 Abs. 1.
5) ebendas. Abs. 2.
6) Vgl. z. B. die Vereinbarung mit Belgien v. 18. Oktober 1878, mit
Luxemburg v. 12. Juni 1879, mit Italien v. 1. Oktob. 1879 (R.G.Bl.
1879 S. 316. 318. 312.)
7) Civilproz.O. §§. 109. 110. 117. 118. Daher kann nach Erledigung
einer Instanz für dieselbe das Armenrecht nicht mehr bewilligt werden. Beschl.
des Reichsgerichts v. 27. Juli 1880. Entscheidungen in Civilsachen Bd. II. S. 378.
8) Civilproz.O. §§. 112. 113.

§. 106. Die Koſten und Gebühren.
Verfahren vor den Landesgerichten und den Bundesſtaaten in dem
Verfahren vor dem Reichsgerichte 1).

b) Befreiung von der Sicherheitsleiſtung für die Prozeßkoſten
und einſtweilige Befreiung von der Berichtigung der rückſtän-
digen und künftig erwachſenden Gerichtskoſten, einſchließlich der
Gebühren der Beamten, der den Zeugen und den Sachverſtändigen
zu gewährenden Vergütung und der ſonſtigen baaren Auslagen,
ſowie der Stempelſteuer erlangt eine Partei in bürgerlichen Rechts-
ſtreitigkeiten durch Bewilligung des Armenrechts 2). Auf Be-
willigung des Armenrechts hat nur Anſpruch, wer außer Stande
iſt, ohne Beeinträchtigung des für ihn und ſeine Familie nothwen-
digen Unterhalts die Koſten des Prozeſſes zu beſtreiten 3); es iſt
zu verſagen, wenn die beabſichtigte Rechtsverfolgung oder Rechts-
vertheidigung muthwillig oder ausſichtslos erſcheint 4).

Ausländer haben auf das Armenrecht nur inſoweit Anſpruch,
als die Gegenſeitigkeit verbürgt iſt 5), was in der Regel nur durch
Abſchluß eines Staatsvertrages geſchehen kann 6). Ueber das Ge-
ſuch um Bewilligung des Armenrechts entſcheidet das Prozeßge-
richt und zwar erfolgt die Bewilligung für jede Inſtanz beſonders 7).
Das Armenrecht kann zu jeder Zeit entzogen werden, wenn ſich
ergiebt, daß eine Vorausſetzung der Bewilligung nicht vorhanden
war oder nicht mehr vorhanden iſt, und es erliſcht mit dem Tode
der Perſon, welcher es bewilligt iſt 8). Sobald die Partei, der

1) Gerichtskoſtengeſ. §. 98 Abſ. 1. Die Gebührenfreiheit involvirt aber
nicht die Befreiung von der Pflicht, die erwachſenden Auslagen zu erſetzen.
In dem Gerichtskoſtengeſetz werden durchweg Gebühren und Auslagen ſcharf
von einander unterſchieden.
2) Civilproz.O. §. 107 Ziff. 1 und 2. Die Vorſchriften der Civilproz.O.
über das Armenrecht finden auch auf Konkursſachen Anwendung. Konk.O. §. 65.
3) Der Nachweis iſt zu führen durch eine „von der obrigkeitlichen Be-
hörde“ der Partei ausgeſtelltes Zeugniß. Civilproz.O. §. 109 Abſ. 2.
4) Civilproz.O. §. 106 Abſ. 1.
5) ebendaſ. Abſ. 2.
6) Vgl. z. B. die Vereinbarung mit Belgien v. 18. Oktober 1878, mit
Luxemburg v. 12. Juni 1879, mit Italien v. 1. Oktob. 1879 (R.G.Bl.
1879 S. 316. 318. 312.)
7) Civilproz.O. §§. 109. 110. 117. 118. Daher kann nach Erledigung
einer Inſtanz für dieſelbe das Armenrecht nicht mehr bewilligt werden. Beſchl.
des Reichsgerichts v. 27. Juli 1880. Entſcheidungen in Civilſachen Bd. II. S. 378.
8) Civilproz.O. §§. 112. 113.
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[187/0197] §. 106. Die Koſten und Gebühren. Verfahren vor den Landesgerichten und den Bundesſtaaten in dem Verfahren vor dem Reichsgerichte 1). b) Befreiung von der Sicherheitsleiſtung für die Prozeßkoſten und einſtweilige Befreiung von der Berichtigung der rückſtän- digen und künftig erwachſenden Gerichtskoſten, einſchließlich der Gebühren der Beamten, der den Zeugen und den Sachverſtändigen zu gewährenden Vergütung und der ſonſtigen baaren Auslagen, ſowie der Stempelſteuer erlangt eine Partei in bürgerlichen Rechts- ſtreitigkeiten durch Bewilligung des Armenrechts 2). Auf Be- willigung des Armenrechts hat nur Anſpruch, wer außer Stande iſt, ohne Beeinträchtigung des für ihn und ſeine Familie nothwen- digen Unterhalts die Koſten des Prozeſſes zu beſtreiten 3); es iſt zu verſagen, wenn die beabſichtigte Rechtsverfolgung oder Rechts- vertheidigung muthwillig oder ausſichtslos erſcheint 4). Ausländer haben auf das Armenrecht nur inſoweit Anſpruch, als die Gegenſeitigkeit verbürgt iſt 5), was in der Regel nur durch Abſchluß eines Staatsvertrages geſchehen kann 6). Ueber das Ge- ſuch um Bewilligung des Armenrechts entſcheidet das Prozeßge- richt und zwar erfolgt die Bewilligung für jede Inſtanz beſonders 7). Das Armenrecht kann zu jeder Zeit entzogen werden, wenn ſich ergiebt, daß eine Vorausſetzung der Bewilligung nicht vorhanden war oder nicht mehr vorhanden iſt, und es erliſcht mit dem Tode der Perſon, welcher es bewilligt iſt 8). Sobald die Partei, der 1) Gerichtskoſtengeſ. §. 98 Abſ. 1. Die Gebührenfreiheit involvirt aber nicht die Befreiung von der Pflicht, die erwachſenden Auslagen zu erſetzen. In dem Gerichtskoſtengeſetz werden durchweg Gebühren und Auslagen ſcharf von einander unterſchieden. 2) Civilproz.O. §. 107 Ziff. 1 und 2. Die Vorſchriften der Civilproz.O. über das Armenrecht finden auch auf Konkursſachen Anwendung. Konk.O. §. 65. 3) Der Nachweis iſt zu führen durch eine „von der obrigkeitlichen Be- hörde“ der Partei ausgeſtelltes Zeugniß. Civilproz.O. §. 109 Abſ. 2. 4) Civilproz.O. §. 106 Abſ. 1. 5) ebendaſ. Abſ. 2. 6) Vgl. z. B. die Vereinbarung mit Belgien v. 18. Oktober 1878, mit Luxemburg v. 12. Juni 1879, mit Italien v. 1. Oktob. 1879 (R.G.Bl. 1879 S. 316. 318. 312.) 7) Civilproz.O. §§. 109. 110. 117. 118. Daher kann nach Erledigung einer Inſtanz für dieſelbe das Armenrecht nicht mehr bewilligt werden. Beſchl. des Reichsgerichts v. 27. Juli 1880. Entſcheidungen in Civilſachen Bd. II. S. 378. 8) Civilproz.O. §§. 112. 113.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/197>, abgerufen am 22.11.2024.