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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelstaaten.
tragen hat, so daß ihm allein die Ernennung, Beförderung, Ver-
abschiedung der Offiziere und Militairbeamten zusteht und diese in
einem direkten Dienstverhältniß zu ihm sich befinden 1). Er ist als
Militairdienstherr einerseits zu unterscheiden vom Landesherrn und
andererseits vom Kriegsherrn (Kaiser).

Die in der Kontingentsherrlichkeit enthaltene oder vielmehr
mit ihr identische Dienstgewalt darf nun aber in keiner Beziehung
in Conflict kommen können mit dem Recht des Kaisers zum Ober-
befehl und dem Grundprinzip der einheitlichen Organisation aller
Kontingente und demgemäß ist sie in dreifacher Beziehung modi-
fizirt und beschränkt.

a) Die Offiziere, Aerzte und Militairbeamten sind ebenso wie
die Mannschaften verpflichtet, den Befehlen des Kaisers unbedingte
Folge zu leisten 2); falls der Kaiser nicht zugleich der Dienstherr
ist, sind sie daher zum unbedingten militairischen Gehorsam gegen
einen Andern als ihren Dienstherrn verpflichtet. Die Bundes-
fürsten sind zwar befugt, Offiziere etc. für ihre Kontingente zu er-
nennen, aber nur in der Art, daß die Offiziere nicht ihnen, sondern
dem Kaiser zum unbedingten militairischen Gehorsam verbunden
sind 3). Der Kaiser als oberster Kriegsherr steht über den Kon-
tingentsherren, sowie das souveraine Reich über den autonomen
Einzelstaaten. Der Fahneneid wird daher auch Seitens der
Offiziere dem Kontingentsherrn geleistet und in diesem Eide wird
dem Kontingentsherrn das Versprechen gegeben, ihm treu
zu dienen und dem Kaiser Gehorsam zu leisten 4); in Bayern unter
Beschränkung auf den Fall des Krieges. In Preußen und in allen
mit der Preuß. Armee verbundenen Kontingenten fällt diese Unter-
scheidung fort und die Offiziere, Aerzte und Militairbeamten leisten

1) In den Kontingenten von Hessen und von beiden Mecklenburg
erhalten die Offiziere etc. etc. jedoch neben den Königl. Preuß. Patenten auch
noch Großherzogl. Patente und führen, solange sie diesen Kontingenten ange-
hören, ausschließlich die Bezeichnung "Großherzoglich." Hessische Mil.-
Konvent. Art. 4. Beide Mecklenburgische Konventionen v. 1872 Art. 9.
2) R.V. Art. 64 Abs. 1
3) Ausgenommen Bayern für die Zeit des Friedens.
4) In Sachsen haben jedoch die ein Kommando führenden Generale,
deren Ernennung nur unter Zustimmung des Kaisers erfolgen darf, dem
Kaiser gegenüber
das eidliche Versprechen des Gehorsams abzulegen.
Milit.-Konv. Art. 7.
Laband, Reichsstaatsrecht. III. 5

§. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelſtaaten.
tragen hat, ſo daß ihm allein die Ernennung, Beförderung, Ver-
abſchiedung der Offiziere und Militairbeamten zuſteht und dieſe in
einem direkten Dienſtverhältniß zu ihm ſich befinden 1). Er iſt als
Militairdienſtherr einerſeits zu unterſcheiden vom Landesherrn und
andererſeits vom Kriegsherrn (Kaiſer).

Die in der Kontingentsherrlichkeit enthaltene oder vielmehr
mit ihr identiſche Dienſtgewalt darf nun aber in keiner Beziehung
in Conflict kommen können mit dem Recht des Kaiſers zum Ober-
befehl und dem Grundprinzip der einheitlichen Organiſation aller
Kontingente und demgemäß iſt ſie in dreifacher Beziehung modi-
fizirt und beſchränkt.

a) Die Offiziere, Aerzte und Militairbeamten ſind ebenſo wie
die Mannſchaften verpflichtet, den Befehlen des Kaiſers unbedingte
Folge zu leiſten 2); falls der Kaiſer nicht zugleich der Dienſtherr
iſt, ſind ſie daher zum unbedingten militairiſchen Gehorſam gegen
einen Andern als ihren Dienſtherrn verpflichtet. Die Bundes-
fürſten ſind zwar befugt, Offiziere ꝛc. für ihre Kontingente zu er-
nennen, aber nur in der Art, daß die Offiziere nicht ihnen, ſondern
dem Kaiſer zum unbedingten militairiſchen Gehorſam verbunden
ſind 3). Der Kaiſer als oberſter Kriegsherr ſteht über den Kon-
tingentsherren, ſowie das ſouveraine Reich über den autonomen
Einzelſtaaten. Der Fahneneid wird daher auch Seitens der
Offiziere dem Kontingentsherrn geleiſtet und in dieſem Eide wird
dem Kontingentsherrn das Verſprechen gegeben, ihm treu
zu dienen und dem Kaiſer Gehorſam zu leiſten 4); in Bayern unter
Beſchränkung auf den Fall des Krieges. In Preußen und in allen
mit der Preuß. Armee verbundenen Kontingenten fällt dieſe Unter-
ſcheidung fort und die Offiziere, Aerzte und Militairbeamten leiſten

1) In den Kontingenten von Heſſen und von beiden Mecklenburg
erhalten die Offiziere ꝛc. ꝛc. jedoch neben den Königl. Preuß. Patenten auch
noch Großherzogl. Patente und führen, ſolange ſie dieſen Kontingenten ange-
hören, ausſchließlich die Bezeichnung „Großherzoglich.“ Heſſiſche Mil.-
Konvent. Art. 4. Beide Mecklenburgiſche Konventionen v. 1872 Art. 9.
2) R.V. Art. 64 Abſ. 1
3) Ausgenommen Bayern für die Zeit des Friedens.
4) In Sachſen haben jedoch die ein Kommando führenden Generale,
deren Ernennung nur unter Zuſtimmung des Kaiſers erfolgen darf, dem
Kaiſer gegenüber
das eidliche Verſprechen des Gehorſams abzulegen.
Milit.-Konv. Art. 7.
Laband, Reichsſtaatsrecht. III. 5
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[65/0075] §. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelſtaaten. tragen hat, ſo daß ihm allein die Ernennung, Beförderung, Ver- abſchiedung der Offiziere und Militairbeamten zuſteht und dieſe in einem direkten Dienſtverhältniß zu ihm ſich befinden 1). Er iſt als Militairdienſtherr einerſeits zu unterſcheiden vom Landesherrn und andererſeits vom Kriegsherrn (Kaiſer). Die in der Kontingentsherrlichkeit enthaltene oder vielmehr mit ihr identiſche Dienſtgewalt darf nun aber in keiner Beziehung in Conflict kommen können mit dem Recht des Kaiſers zum Ober- befehl und dem Grundprinzip der einheitlichen Organiſation aller Kontingente und demgemäß iſt ſie in dreifacher Beziehung modi- fizirt und beſchränkt. a) Die Offiziere, Aerzte und Militairbeamten ſind ebenſo wie die Mannſchaften verpflichtet, den Befehlen des Kaiſers unbedingte Folge zu leiſten 2); falls der Kaiſer nicht zugleich der Dienſtherr iſt, ſind ſie daher zum unbedingten militairiſchen Gehorſam gegen einen Andern als ihren Dienſtherrn verpflichtet. Die Bundes- fürſten ſind zwar befugt, Offiziere ꝛc. für ihre Kontingente zu er- nennen, aber nur in der Art, daß die Offiziere nicht ihnen, ſondern dem Kaiſer zum unbedingten militairiſchen Gehorſam verbunden ſind 3). Der Kaiſer als oberſter Kriegsherr ſteht über den Kon- tingentsherren, ſowie das ſouveraine Reich über den autonomen Einzelſtaaten. Der Fahneneid wird daher auch Seitens der Offiziere dem Kontingentsherrn geleiſtet und in dieſem Eide wird dem Kontingentsherrn das Verſprechen gegeben, ihm treu zu dienen und dem Kaiſer Gehorſam zu leiſten 4); in Bayern unter Beſchränkung auf den Fall des Krieges. In Preußen und in allen mit der Preuß. Armee verbundenen Kontingenten fällt dieſe Unter- ſcheidung fort und die Offiziere, Aerzte und Militairbeamten leiſten 1) In den Kontingenten von Heſſen und von beiden Mecklenburg erhalten die Offiziere ꝛc. ꝛc. jedoch neben den Königl. Preuß. Patenten auch noch Großherzogl. Patente und führen, ſolange ſie dieſen Kontingenten ange- hören, ausſchließlich die Bezeichnung „Großherzoglich.“ Heſſiſche Mil.- Konvent. Art. 4. Beide Mecklenburgiſche Konventionen v. 1872 Art. 9. 2) R.V. Art. 64 Abſ. 1 3) Ausgenommen Bayern für die Zeit des Friedens. 4) In Sachſen haben jedoch die ein Kommando führenden Generale, deren Ernennung nur unter Zuſtimmung des Kaiſers erfolgen darf, dem Kaiſer gegenüber das eidliche Verſprechen des Gehorſams abzulegen. Milit.-Konv. Art. 7. Laband, Reichsſtaatsrecht. III. 5

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/75>, abgerufen am 24.11.2024.