Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.§. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelstaaten. 2. Da die gesetzliche Dienstpflicht eine Unterthanenpflicht ist, Dagegen ist der verfassungsmäßige Rechtssatz in seiner that- werden, gleichviel in welches Kontingent sie eintreten, nur für den Deutschen Kaiser vereidigt (Rescr. vom 28. Mai 1872 und Kab.-Ordre vom 4. Dezemb. 1878). Die angeführten Rescripte sind abgedruckt bei v. Helldorff Dienst- vorschriften Bd. II Th. 1 S. 2 ff. In Bayern endlich ist in den dem Könige von Bayern zu leistenden Fahneneid die Verpflichtung aufzunehmen: "im Kriege den Befehlen des Kaisers unbedingt Folge zu leisten." Vertrag vom 23. Nov. 1870 III §. 5 Ziff. IV. 1) Siehe unten §. 89. 2) Ausdrückliche Anerkennung hat dies gefunden in der Vereinbarung
zwischen Preußen, Bayern und Württemberg bezügl. der Festung Ulm vom 16. Juni 1874 Art. II Abs. 5. Vgl. auch wegen der Festungskommandanten in Sachsen die Sächsische Mil.-Konv. Art. 7: "Dieselben haben, wenn sie den Kgl. Sächsischen Truppen angehören, nachfolgenden Eid zu leisten." §. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelſtaaten. 2. Da die geſetzliche Dienſtpflicht eine Unterthanenpflicht iſt, Dagegen iſt der verfaſſungsmäßige Rechtsſatz in ſeiner that- werden, gleichviel in welches Kontingent ſie eintreten, nur für den Deutſchen Kaiſer vereidigt (Reſcr. vom 28. Mai 1872 und Kab.-Ordre vom 4. Dezemb. 1878). Die angeführten Reſcripte ſind abgedruckt bei v. Helldorff Dienſt- vorſchriften Bd. II Th. 1 S. 2 ff. In Bayern endlich iſt in den dem Könige von Bayern zu leiſtenden Fahneneid die Verpflichtung aufzunehmen: „im Kriege den Befehlen des Kaiſers unbedingt Folge zu leiſten.“ Vertrag vom 23. Nov. 1870 III §. 5 Ziff. IV. 1) Siehe unten §. 89. 2) Ausdrückliche Anerkennung hat dies gefunden in der Vereinbarung
zwiſchen Preußen, Bayern und Württemberg bezügl. der Feſtung Ulm vom 16. Juni 1874 Art. II Abſ. 5. Vgl. auch wegen der Feſtungskommandanten in Sachſen die Sächſiſche Mil.-Konv. Art. 7: „Dieſelben haben, wenn ſie den Kgl. Sächſiſchen Truppen angehören, nachfolgenden Eid zu leiſten.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0074" n="64"/> <fw place="top" type="header">§. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelſtaaten.</fw><lb/> <p>2. Da die geſetzliche Dienſtpflicht eine Unterthanenpflicht iſt,<lb/> ſo erſcheint ihr gegenüber die Kontingentsherrlichkeit als ein bloßer<lb/> Anwendungsfall der Landesherrlichkeit; denn der Landesherr als<lb/> ſolcher iſt, wenigſtens in der Regel, Dienſtherr. Dagegen erweiſt<lb/> ſich in Bezug auf die <hi rendition="#g">freiwillig übernommene Mili-<lb/> tairdienſtpflicht</hi>, welche nicht auf der Unterthanenqualität<lb/> beruht <note place="foot" n="1)">Siehe unten §. 89.</note>, die Kontingentsherrlichkeit ganz rein und unverhüllt als<lb/><hi rendition="#g">Dienſtherrlichkeit</hi>. So wenig das Deutſche Reich eine eigene<lb/> Armee hat, ebenſowenig hat es eigene Offiziere und Militairbe-<lb/> amte (für das Heer). Dieſelben ſtehen vielmehr in einem <hi rendition="#g">Dienſt-<lb/> verhältniß</hi> nur zu demjenigen Landesherrn, von welchem ſie<lb/> angeſtellt worden ſind. Dieſer Grundſatz bildet die ausnahmsloſe<lb/> verfaſſungsmäßige Rechtsregel; die Reichsverf. hat ihn nicht ein-<lb/> geſchränkt, auch nicht durch die Anordnungen im Art. 64 Abſ. 2;<lb/> denn hier handelt es ſich nicht um die Eingehung eines Dienſt-<lb/> verhältniſſes, ſondern um die Uebertragung eines militairiſchen<lb/> Amtes (Kommando’s) an einen Offizier, der einem Deutſchen Kon-<lb/> tingent bereits angehört. Es iſt auch nicht erforderlich, daß der<lb/> letztere durch Uebernahme des vom Kaiſer verliehenen Amtes aus<lb/> dem Offiziercorps ſeines Kontingents ausſcheidet <note place="foot" n="2)">Ausdrückliche Anerkennung hat dies gefunden in der Vereinbarung<lb/> zwiſchen Preußen, Bayern und Württemberg bezügl. der Feſtung Ulm vom<lb/> 16. Juni 1874 Art. <hi rendition="#aq">II</hi> Abſ. 5. Vgl. auch wegen der Feſtungskommandanten<lb/> in Sachſen die <hi rendition="#g">Sächſiſche Mil.-Konv</hi>. Art. 7: „Dieſelben haben, <hi rendition="#g">wenn<lb/> ſie den Kgl. Sächſiſchen Truppen angehören</hi>, nachfolgenden Eid<lb/> zu leiſten.“</note>.</p><lb/> <p>Dagegen iſt der verfaſſungsmäßige Rechtsſatz in ſeiner that-<lb/> ſächlichen Geltung dadurch beſchränkt, daß die Mehrzahl der Deutſchen<lb/> Staaten — mit alleiniger Ausnahme von Bayern, Sachſen, Würt-<lb/> temberg und Braunſchweig — die Rechte des Kontingentsherrn<lb/> durch Konvention dem Könige von Preußen zur Ausübung über-<lb/><note xml:id="seg2pn_8_2" prev="#seg2pn_8_1" place="foot" n="1)">werden, gleichviel in welches Kontingent ſie eintreten, nur für den Deutſchen<lb/> Kaiſer vereidigt (Reſcr. vom 28. Mai 1872 und Kab.-Ordre vom 4. Dezemb.<lb/> 1878). Die angeführten Reſcripte ſind abgedruckt bei v. <hi rendition="#g">Helldorff</hi> Dienſt-<lb/> vorſchriften Bd. <hi rendition="#aq">II</hi> Th. 1 S. 2 ff. In <hi rendition="#g">Bayern</hi> endlich iſt in den dem<lb/> Könige von Bayern zu leiſtenden Fahneneid die Verpflichtung aufzunehmen:<lb/> „<hi rendition="#g">im Kriege</hi> den Befehlen des Kaiſers unbedingt Folge zu leiſten.“ Vertrag<lb/> vom 23. Nov. 1870 <hi rendition="#aq">III</hi> §. 5 Ziff. <hi rendition="#aq">IV.</hi></note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0074]
§. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelſtaaten.
2. Da die geſetzliche Dienſtpflicht eine Unterthanenpflicht iſt,
ſo erſcheint ihr gegenüber die Kontingentsherrlichkeit als ein bloßer
Anwendungsfall der Landesherrlichkeit; denn der Landesherr als
ſolcher iſt, wenigſtens in der Regel, Dienſtherr. Dagegen erweiſt
ſich in Bezug auf die freiwillig übernommene Mili-
tairdienſtpflicht, welche nicht auf der Unterthanenqualität
beruht 1), die Kontingentsherrlichkeit ganz rein und unverhüllt als
Dienſtherrlichkeit. So wenig das Deutſche Reich eine eigene
Armee hat, ebenſowenig hat es eigene Offiziere und Militairbe-
amte (für das Heer). Dieſelben ſtehen vielmehr in einem Dienſt-
verhältniß nur zu demjenigen Landesherrn, von welchem ſie
angeſtellt worden ſind. Dieſer Grundſatz bildet die ausnahmsloſe
verfaſſungsmäßige Rechtsregel; die Reichsverf. hat ihn nicht ein-
geſchränkt, auch nicht durch die Anordnungen im Art. 64 Abſ. 2;
denn hier handelt es ſich nicht um die Eingehung eines Dienſt-
verhältniſſes, ſondern um die Uebertragung eines militairiſchen
Amtes (Kommando’s) an einen Offizier, der einem Deutſchen Kon-
tingent bereits angehört. Es iſt auch nicht erforderlich, daß der
letztere durch Uebernahme des vom Kaiſer verliehenen Amtes aus
dem Offiziercorps ſeines Kontingents ausſcheidet 2).
Dagegen iſt der verfaſſungsmäßige Rechtsſatz in ſeiner that-
ſächlichen Geltung dadurch beſchränkt, daß die Mehrzahl der Deutſchen
Staaten — mit alleiniger Ausnahme von Bayern, Sachſen, Würt-
temberg und Braunſchweig — die Rechte des Kontingentsherrn
durch Konvention dem Könige von Preußen zur Ausübung über-
1)
1) Siehe unten §. 89.
2) Ausdrückliche Anerkennung hat dies gefunden in der Vereinbarung
zwiſchen Preußen, Bayern und Württemberg bezügl. der Feſtung Ulm vom
16. Juni 1874 Art. II Abſ. 5. Vgl. auch wegen der Feſtungskommandanten
in Sachſen die Sächſiſche Mil.-Konv. Art. 7: „Dieſelben haben, wenn
ſie den Kgl. Sächſiſchen Truppen angehören, nachfolgenden Eid
zu leiſten.“
1) werden, gleichviel in welches Kontingent ſie eintreten, nur für den Deutſchen
Kaiſer vereidigt (Reſcr. vom 28. Mai 1872 und Kab.-Ordre vom 4. Dezemb.
1878). Die angeführten Reſcripte ſind abgedruckt bei v. Helldorff Dienſt-
vorſchriften Bd. II Th. 1 S. 2 ff. In Bayern endlich iſt in den dem
Könige von Bayern zu leiſtenden Fahneneid die Verpflichtung aufzunehmen:
„im Kriege den Befehlen des Kaiſers unbedingt Folge zu leiſten.“ Vertrag
vom 23. Nov. 1870 III §. 5 Ziff. IV.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |