Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.§. 42. Die Rechte der Reichsbeamten. für sie, daß sie eine standesgemäße Alimentirung desBeamten ist 1). Aus dieser juristischen Natur der Rente ergeben sich folgende Rechtssätze, die bei jeder anderen Auffassung nicht als Consequenzen, sondern als Singularitäten erscheinen 2). a) Die Forderung ist nicht bedingt durch wirkliche Leistung b) Die Gehaltsbezüge sind dem Beamten im Voraus zu be- c) Wenn der Beamte bei Beginn des Monats im Dienste 1) In der früheren Literatur ist statt dessen der Gesichtspunkt herrschend, daß die Besoldung eine Entschädigung dafür sei, daß derjenige Staatsbürger, der ein Amt verwaltet, dem Staate mehr Dienste leistet, als er bei gleicher Vertheilung der erforderlichen Dienste auf alle Staatsbürger zu leisten haben würde. So namentlich Gönner S. 101 ff. 2) In fast allen Darstellungen des Staatsrechts lassen die Erörterungen über die Besoldungen der Beamten feste rechtliche Gesichtspunkte und principielle Construction vermissen. Man vgl. z. B. Zöpfl II. §. 517. Zachariä II. §. 139. Grotefend §. 691. fg. v. Mohl Württemb. Staatsr. II. §. 163 S. 114 ff. v. Rönne Preuß. Staatsr. II. 1 §. 336 S. 450 ff. Eine übersicht- liche Darstellung der Rechtsvorschriften in den einzelnen deutschen Staaten giebt Pözl im Staatswörterb. Bd IX. S. 702 ff. 3) Reichsges. §. 14 Abs. 2. Vgl. Förster a. a. O. 4) V. v. 2. Nov. 1874. (R.-G.-Bl. S. 129) Siehe oben S. 421. 5) Reichsges. §. 14 Abs. 3. Auch privatrechtliche Alimenten-Ansprüche fallen bekanntlich wegen Pflichtverletzungen fort. Vgl. Windscheid Pandekten II. §. 475 Note 8. 6) Vgl. Preuß. Allg. Landr. I. 16 §. 61. 7) Reichsges. §. 5 Abs. 1. Die Bundesraths-Verordnung ist am 5. Juli
1873 ergangen. Centralbl. 1873 S. 211. §. 42. Die Rechte der Reichsbeamten. für ſie, daß ſie eine ſtandesgemäße Alimentirung desBeamten iſt 1). Aus dieſer juriſtiſchen Natur der Rente ergeben ſich folgende Rechtsſätze, die bei jeder anderen Auffaſſung nicht als Conſequenzen, ſondern als Singularitäten erſcheinen 2). a) Die Forderung iſt nicht bedingt durch wirkliche Leiſtung b) Die Gehaltsbezüge ſind dem Beamten im Voraus zu be- c) Wenn der Beamte bei Beginn des Monats im Dienſte 1) In der früheren Literatur iſt ſtatt deſſen der Geſichtspunkt herrſchend, daß die Beſoldung eine Entſchädigung dafür ſei, daß derjenige Staatsbürger, der ein Amt verwaltet, dem Staate mehr Dienſte leiſtet, als er bei gleicher Vertheilung der erforderlichen Dienſte auf alle Staatsbürger zu leiſten haben würde. So namentlich Gönner S. 101 ff. 2) In faſt allen Darſtellungen des Staatsrechts laſſen die Erörterungen über die Beſoldungen der Beamten feſte rechtliche Geſichtspunkte und principielle Conſtruction vermiſſen. Man vgl. z. B. Zöpfl II. §. 517. Zachariä II. §. 139. Grotefend §. 691. fg. v. Mohl Württemb. Staatsr. II. §. 163 S. 114 ff. v. Rönne Preuß. Staatsr. II. 1 §. 336 S. 450 ff. Eine überſicht- liche Darſtellung der Rechtsvorſchriften in den einzelnen deutſchen Staaten giebt Pözl im Staatswörterb. Bd IX. S. 702 ff. 3) Reichsgeſ. §. 14 Abſ. 2. Vgl. Förſter a. a. O. 4) V. v. 2. Nov. 1874. (R.-G.-Bl. S. 129) Siehe oben S. 421. 5) Reichsgeſ. §. 14 Abſ. 3. Auch privatrechtliche Alimenten-Anſprüche fallen bekanntlich wegen Pflichtverletzungen fort. Vgl. Windſcheid Pandekten II. §. 475 Note 8. 6) Vgl. Preuß. Allg. Landr. I. 16 §. 61. 7) Reichsgeſ. §. 5 Abſ. 1. Die Bundesraths-Verordnung iſt am 5. Juli
1873 ergangen. Centralbl. 1873 S. 211. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0486" n="466"/><fw place="top" type="header">§. 42. Die Rechte der Reichsbeamten.</fw><lb/> für ſie, daß ſie eine <hi rendition="#g">ſtandesgemäße Alimentirung</hi> des<lb/> Beamten iſt <note place="foot" n="1)">In der früheren Literatur iſt ſtatt deſſen der Geſichtspunkt herrſchend,<lb/> daß die Beſoldung eine Entſchädigung dafür ſei, daß derjenige Staatsbürger,<lb/> der ein Amt verwaltet, dem Staate mehr Dienſte leiſtet, als er bei gleicher<lb/> Vertheilung der erforderlichen Dienſte auf <hi rendition="#g">alle</hi> Staatsbürger zu leiſten haben<lb/> würde. So namentlich <hi rendition="#g">Gönner</hi> S. 101 ff.</note>. Aus dieſer juriſtiſchen Natur der Rente ergeben<lb/> ſich folgende Rechtsſätze, die bei jeder anderen Auffaſſung nicht<lb/> als Conſequenzen, ſondern als Singularitäten erſcheinen <note place="foot" n="2)">In faſt allen Darſtellungen des Staatsrechts laſſen die Erörterungen<lb/> über die Beſoldungen der Beamten feſte rechtliche Geſichtspunkte und principielle<lb/> Conſtruction vermiſſen. Man vgl. z. B. <hi rendition="#g">Zöpfl</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> §. 517. <hi rendition="#g">Zachariä</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi><lb/> §. 139. <hi rendition="#g">Grotefend</hi> §. 691. fg. v. <hi rendition="#g">Mohl</hi> Württemb. Staatsr. <hi rendition="#aq">II.</hi> §. 163<lb/> S. 114 ff. v. <hi rendition="#g">Rönne</hi> Preuß. Staatsr. <hi rendition="#aq">II.</hi> 1 §. 336 S. 450 ff. Eine überſicht-<lb/> liche Darſtellung der Rechtsvorſchriften in den einzelnen deutſchen Staaten giebt<lb/><hi rendition="#g">Pözl</hi> im Staatswörterb. Bd <hi rendition="#aq">IX.</hi> S. 702 ff.</note>.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">a)</hi> Die Forderung iſt nicht bedingt durch wirkliche Leiſtung<lb/> der amtlichen Dienſte. Die Beſoldung iſt dem Beamten auch dann<lb/> zu zahlen, wenn er durch Krankheit oder durch Mitgliedſchaft im<lb/> Reichstage an der Wahrnehmung des Dienſtes verhindert iſt <note place="foot" n="3)">Reichsgeſ. §. 14 Abſ. 2. Vgl. <hi rendition="#g">Förſter</hi> a. a. O.</note><lb/> oder bei kürzerem Urlaub <note place="foot" n="4)">V. v. 2. Nov. 1874. (R.-G.-Bl. S. 129) Siehe oben S. 421.</note>. Bei pflichtwidrigem Verlaſſen des<lb/> Amtes ohne Urlaub iſt der Beamte aber für die Zeit der uner-<lb/> laubten Entfernung des Dienſteinkommens verluſtig <note place="foot" n="5)">Reichsgeſ. §. 14 Abſ. 3. Auch privatrechtliche Alimenten-Anſprüche fallen<lb/> bekanntlich wegen Pflichtverletzungen fort. Vgl. <hi rendition="#g">Windſcheid</hi> Pandekten <hi rendition="#aq">II.</hi><lb/> §. 475 Note 8.</note>. Die For-<lb/> derung beſteht ferner wenn auch in gemindertem Betrage fort, wenn<lb/> der Beamte einſtweilig oder definitiv in den Ruheſtand verſetzt wird.<lb/> (Siehe unten S. 470 fg.)</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">b)</hi> Die Gehaltsbezüge ſind dem Beamten im Voraus zu be-<lb/> zahlen, wie dies dem Weſen der Alimentation entſpricht <note place="foot" n="6)">Vgl. Preuß. Allg. Landr. <hi rendition="#aq">I.</hi> 16 §. 61.</note>. Die<lb/> Bezahlung erfolgt der Regel nach monatlich im Voraus; dem<lb/> Bundesrath iſt es aber überlaſſen, diejenigen Beamten zu beſtimmen,<lb/> an welche die Gehaltszahlung vierteljährlich ſtattfinden ſoll <note place="foot" n="7)">Reichsgeſ. §. 5 Abſ. 1. Die Bundesraths-Verordnung iſt am 5. Juli<lb/> 1873 ergangen. Centralbl. 1873 S. 211.</note>.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">c)</hi> Wenn der Beamte bei Beginn des Monats im Dienſte<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [466/0486]
§. 42. Die Rechte der Reichsbeamten.
für ſie, daß ſie eine ſtandesgemäße Alimentirung des
Beamten iſt 1). Aus dieſer juriſtiſchen Natur der Rente ergeben
ſich folgende Rechtsſätze, die bei jeder anderen Auffaſſung nicht
als Conſequenzen, ſondern als Singularitäten erſcheinen 2).
a) Die Forderung iſt nicht bedingt durch wirkliche Leiſtung
der amtlichen Dienſte. Die Beſoldung iſt dem Beamten auch dann
zu zahlen, wenn er durch Krankheit oder durch Mitgliedſchaft im
Reichstage an der Wahrnehmung des Dienſtes verhindert iſt 3)
oder bei kürzerem Urlaub 4). Bei pflichtwidrigem Verlaſſen des
Amtes ohne Urlaub iſt der Beamte aber für die Zeit der uner-
laubten Entfernung des Dienſteinkommens verluſtig 5). Die For-
derung beſteht ferner wenn auch in gemindertem Betrage fort, wenn
der Beamte einſtweilig oder definitiv in den Ruheſtand verſetzt wird.
(Siehe unten S. 470 fg.)
b) Die Gehaltsbezüge ſind dem Beamten im Voraus zu be-
zahlen, wie dies dem Weſen der Alimentation entſpricht 6). Die
Bezahlung erfolgt der Regel nach monatlich im Voraus; dem
Bundesrath iſt es aber überlaſſen, diejenigen Beamten zu beſtimmen,
an welche die Gehaltszahlung vierteljährlich ſtattfinden ſoll 7).
c) Wenn der Beamte bei Beginn des Monats im Dienſte
1) In der früheren Literatur iſt ſtatt deſſen der Geſichtspunkt herrſchend,
daß die Beſoldung eine Entſchädigung dafür ſei, daß derjenige Staatsbürger,
der ein Amt verwaltet, dem Staate mehr Dienſte leiſtet, als er bei gleicher
Vertheilung der erforderlichen Dienſte auf alle Staatsbürger zu leiſten haben
würde. So namentlich Gönner S. 101 ff.
2) In faſt allen Darſtellungen des Staatsrechts laſſen die Erörterungen
über die Beſoldungen der Beamten feſte rechtliche Geſichtspunkte und principielle
Conſtruction vermiſſen. Man vgl. z. B. Zöpfl II. §. 517. Zachariä II.
§. 139. Grotefend §. 691. fg. v. Mohl Württemb. Staatsr. II. §. 163
S. 114 ff. v. Rönne Preuß. Staatsr. II. 1 §. 336 S. 450 ff. Eine überſicht-
liche Darſtellung der Rechtsvorſchriften in den einzelnen deutſchen Staaten giebt
Pözl im Staatswörterb. Bd IX. S. 702 ff.
3) Reichsgeſ. §. 14 Abſ. 2. Vgl. Förſter a. a. O.
4) V. v. 2. Nov. 1874. (R.-G.-Bl. S. 129) Siehe oben S. 421.
5) Reichsgeſ. §. 14 Abſ. 3. Auch privatrechtliche Alimenten-Anſprüche fallen
bekanntlich wegen Pflichtverletzungen fort. Vgl. Windſcheid Pandekten II.
§. 475 Note 8.
6) Vgl. Preuß. Allg. Landr. I. 16 §. 61.
7) Reichsgeſ. §. 5 Abſ. 1. Die Bundesraths-Verordnung iſt am 5. Juli
1873 ergangen. Centralbl. 1873 S. 211.
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