Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679.

Bild:
<< vorherige Seite

C. Merrets Anmerckungen über die Bücher NERI,
lassen/ daraus bereiten; Ja das Glas/ wie es an sich selber ist/ lässet sich
natürlicher Weiß in gewissen Grad biegen/ denn die sehr dünnen Cry-
stallinene Gläser/ wann sie gebührlich erwärmen/ werden ein wenig/ je-
doch sichtbarlich gebogen; ich habe gläserne Röhren von 12. und mehr
Schue lang gehabt/ zu dem Experiment des Mercurii gehörig/ diese/
wann sie mit Qvecksilber angefüllet/ wurden ein merckliches gebogen;
Dahero bin ich der Meinung/ im Fall ja an der Erzehlung des Plinii et-
was warhafftiges seyn solte/ daß solches daher komme/ daß/ nachdeme
zu des Plinii Zeiten (da das Glas annoch sehr zerbrechlich/ und von dem
allergeringsten Dinge leichtlich kunte verletzet werden/ dieweil es von
Salpeter bereitet; denn dazumal war die Kunst das Glas auszuglüen/
davon Plinius nichts meldet/ noch unbekannt) sich habe ein Künst-
ler hervorgethan/ welcher vermittels des Krautes Kali oder Alkali
und der Ausglüung/ ein Glas erfunden habe/ das dauerhafftiger
und stärcker als das erste war/ auch auff gewisse Art einen
Stos/ und etwas mehrers/ als das vorige/ ertragen oder er-
dulten könne. Solches hat vielleicht der Famae Anlas gegeben (welche
ohne diß/ wie Virgilius saget/ die Sachen/ so erstlich klein/ bald erhebet
und in alle Welt ausstreuet) daß sie/ nehmlich diese Sage mit Zusetzung
einiger Umbstände/ wie es gemeiniglich zu geschehen pfleget/ in diejenige
Historiam, welche Plinius erzehlet/ verwandelte und transformirte.

Betreffend nun die Müglichkeit das Glas zu bereiten/ daß es sich
hämmern lasse/ so befinde ich bey dieser Sach keinen andern Beweiß-
Grund/ als der Chymicorum Relation, welche solch ihr Vernunfft-Ge-
bäud gleichsam Circulweis/ nemlich vom Elixir auffs Glas/und von die-
sem wieder auff jenes gründen; Allein es wird vielleicht eines leichter als
das andere zu machen seyn: denn das Elixir zu bereiten/ so wird noth-
wendig erfordert/ daß es komme aus einem Ding/ welches zwar an sich
selbst dem Elixir nicht gleich ist/ unangesehen/ daß solches in der Mate-
ria seyn muß/ daraus es kommen soll.

Mit dem Glas aber hat es eine andere Beschaffenheit; denn das
Glas ist unter allen Dingen/ von Natur das allergebrechlichste: soll
nun solches/ daß es sich hämmern lasse/ bereitet werden/ so wird noth-
wendig erfordet/ daß ihme eine Qvalität/ die derselben Natur contrar
ist/ eingeführet werde.

Uber dieses so ist ja nichts/ welches sich hämmern lässet/ durchsich-
tig: und wer würde dasjenige/ welches nicht durchsichtig ist/ ein Glas
nennen? Fürwar man würde mit eben diesen Fug alles das jenige kön-

nen

C. Merrets Anmerckungen uͤber die Buͤcher NERI,
laſſen/ daraus bereiten; Ja das Glas/ wie es an ſich ſelber iſt/ laͤſſet ſich
natuͤrlicher Weiß in gewiſſen Grad biegen/ denn die ſehr duͤnnen Cry-
ſtallinene Glaͤſer/ wann ſie gebuͤhrlich erwaͤrmen/ werden ein wenig/ je-
doch ſichtbarlich gebogen; ich habe glaͤſerne Roͤhren von 12. und mehr
Schue lang gehabt/ zu dem Experiment des Mercurii gehoͤrig/ dieſe/
wann ſie mit Qveckſilber angefuͤllet/ wurden ein merckliches gebogen;
Dahero bin ich der Meinung/ im Fall ja an der Erzehlung des Plinii et-
was warhafftiges ſeyn ſolte/ daß ſolches daher komme/ daß/ nachdeme
zu des Plinii Zeiten (da das Glas annoch ſehr zerbrechlich/ und von dem
allergeringſten Dinge leichtlich kunte verletzet werden/ dieweil es von
Salpeter bereitet; denn dazumal war die Kunſt das Glas auszugluͤen/
davon Plinius nichts meldet/ noch unbekannt) ſich habe ein Kuͤnſt-
ler hervorgethan/ welcher vermittels des Krautes Kali oder Alkali
und der Ausgluͤung/ ein Glas erfunden habe/ das dauerhafftiger
und ſtaͤrcker als das erſte war/ auch auff gewiſſe Art einen
Stos/ und etwas mehrers/ als das vorige/ ertragen oder er-
dulten koͤnne. Solches hat vielleicht der Famæ Anlas gegeben (welche
ohne diß/ wie Virgilius ſaget/ die Sachen/ ſo erſtlich klein/ bald erhebet
und in alle Welt ausſtreuet) daß ſie/ nehmlich dieſe Sage mit Zuſetzung
einiger Umbſtaͤnde/ wie es gemeiniglich zu geſchehen pfleget/ in diejenige
Hiſtoriam, welche Plinius erzehlet/ verwandelte und transformirte.

Betreffend nun die Muͤglichkeit das Glas zu bereiten/ daß es ſich
haͤmmern laſſe/ ſo befinde ich bey dieſer Sach keinen andern Beweiß-
Grund/ als der Chymicorum Relation, welche ſolch ihr Vernunfft-Ge-
baͤud gleichſam Circulweis/ nemlich vom Elixir auffs Glas/und von die-
ſem wieder auff jenes gruͤnden; Allein es wird vielleicht eines leichter als
das andere zu machen ſeyn: denn das Elixir zu bereiten/ ſo wird noth-
wendig erfordert/ daß es komme aus einem Ding/ welches zwar an ſich
ſelbſt dem Elixir nicht gleich iſt/ unangeſehen/ daß ſolches in der Mate-
ria ſeyn muß/ daraus es kommen ſoll.

Mit dem Glas aber hat es eine andere Beſchaffenheit; denn das
Glas iſt unter allen Dingen/ von Natur das allergebrechlichſte: ſoll
nun ſolches/ daß es ſich haͤmmern laſſe/ bereitet werden/ ſo wird noth-
wendig erfordet/ daß ihme eine Qvalitaͤt/ die derſelben Natur contrar
iſt/ eingefuͤhret werde.

Uber dieſes ſo iſt ja nichts/ welches ſich haͤmmern laͤſſet/ durchſich-
tig: und wer wuͤrde dasjenige/ welches nicht durchſichtig iſt/ ein Glas
nennen? Fuͤrwar man wuͤrde mit eben dieſen Fug alles das jenige koͤn-

nen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0280" n="236"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">C. Merrets Anmerckungen u&#x0364;ber die Bu&#x0364;cher <hi rendition="#aq">NERI,</hi></hi></fw><lb/>
la&#x017F;&#x017F;en/ daraus bereiten; Ja das Glas/ wie es an &#x017F;ich &#x017F;elber i&#x017F;t/ la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich<lb/>
natu&#x0364;rlicher Weiß in gewi&#x017F;&#x017F;en Grad biegen/ denn die &#x017F;ehr du&#x0364;nnen Cry-<lb/>
&#x017F;tallinene Gla&#x0364;&#x017F;er/ wann &#x017F;ie gebu&#x0364;hrlich erwa&#x0364;rmen/ werden ein wenig/ je-<lb/>
doch &#x017F;ichtbarlich gebogen; ich habe gla&#x0364;&#x017F;erne Ro&#x0364;hren von 12. und mehr<lb/>
Schue lang gehabt/ zu dem <hi rendition="#aq">Experiment</hi> des <hi rendition="#aq">Mercurii</hi> geho&#x0364;rig/ die&#x017F;e/<lb/>
wann &#x017F;ie mit Qveck&#x017F;ilber angefu&#x0364;llet/ wurden ein merckliches gebogen;<lb/>
Dahero bin ich der Meinung/ im Fall ja an der Erzehlung des <hi rendition="#aq">Plinii</hi> et-<lb/>
was warhafftiges &#x017F;eyn &#x017F;olte/ daß &#x017F;olches daher komme/ daß/ nachdeme<lb/>
zu des <hi rendition="#aq">Plinii</hi> Zeiten (da das Glas annoch &#x017F;ehr zerbrechlich/ und von dem<lb/>
allergering&#x017F;ten Dinge leichtlich kunte verletzet werden/ dieweil es von<lb/>
Salpeter bereitet; denn dazumal war die Kun&#x017F;t das Glas auszuglu&#x0364;en/<lb/>
davon <hi rendition="#aq">Plinius</hi> nichts meldet/ noch unbekannt) &#x017F;ich habe ein Ku&#x0364;n&#x017F;t-<lb/>
ler hervorgethan/ welcher vermittels des Krautes <hi rendition="#aq">Kali</hi> oder <hi rendition="#aq">Alkali</hi><lb/>
und der Ausglu&#x0364;ung/ ein Glas erfunden habe/ das dauerhafftiger<lb/>
und &#x017F;ta&#x0364;rcker als das er&#x017F;te war/ auch auff gewi&#x017F;&#x017F;e Art einen<lb/>
Stos/ und etwas mehrers/ als das vorige/ ertragen oder er-<lb/>
dulten ko&#x0364;nne. Solches hat vielleicht der <hi rendition="#aq">Famæ</hi> Anlas gegeben (welche<lb/>
ohne diß/ wie <hi rendition="#aq">Virgilius</hi> &#x017F;aget/ die Sachen/ &#x017F;o er&#x017F;tlich klein/ bald erhebet<lb/>
und in alle Welt aus&#x017F;treuet) daß &#x017F;ie/ nehmlich die&#x017F;e Sage mit Zu&#x017F;etzung<lb/>
einiger Umb&#x017F;ta&#x0364;nde/ wie es gemeiniglich zu ge&#x017F;chehen pfleget/ in diejenige<lb/><hi rendition="#aq">Hi&#x017F;toriam,</hi> welche <hi rendition="#aq">Plinius</hi> erzehlet/ verwandelte und <hi rendition="#aq">transformir</hi>te.</p><lb/>
              <p>Betreffend nun die Mu&#x0364;glichkeit das Glas zu bereiten/ daß es &#x017F;ich<lb/>
ha&#x0364;mmern la&#x017F;&#x017F;e/ &#x017F;o befinde ich bey die&#x017F;er Sach keinen andern Beweiß-<lb/>
Grund/ als der <hi rendition="#aq">Chymicorum Relation,</hi> welche &#x017F;olch ihr Vernunfft-Ge-<lb/>
ba&#x0364;ud gleich&#x017F;am Circulweis/ nemlich vom Elixir auffs Glas/und von die-<lb/>
&#x017F;em wieder auff jenes gru&#x0364;nden; Allein es wird vielleicht eines leichter als<lb/>
das andere zu machen &#x017F;eyn: denn das Elixir zu bereiten/ &#x017F;o wird noth-<lb/>
wendig erfordert/ daß es komme aus einem Ding/ welches zwar an &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t dem Elixir nicht gleich i&#x017F;t/ unange&#x017F;ehen/ daß &#x017F;olches in der Mate-<lb/>
ria &#x017F;eyn muß/ daraus es kommen &#x017F;oll.</p><lb/>
              <p>Mit dem Glas aber hat es eine andere Be&#x017F;chaffenheit; denn das<lb/>
Glas i&#x017F;t unter allen Dingen/ von Natur das allergebrechlich&#x017F;te: &#x017F;oll<lb/>
nun &#x017F;olches/ daß es &#x017F;ich ha&#x0364;mmern la&#x017F;&#x017F;e/ bereitet werden/ &#x017F;o wird noth-<lb/>
wendig erfordet/ daß ihme eine Qvalita&#x0364;t/ die der&#x017F;elben Natur <hi rendition="#aq">contrar</hi><lb/>
i&#x017F;t/ eingefu&#x0364;hret werde.</p><lb/>
              <p>Uber die&#x017F;es &#x017F;o i&#x017F;t ja nichts/ welches &#x017F;ich ha&#x0364;mmern la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et/ durch&#x017F;ich-<lb/>
tig: und wer wu&#x0364;rde dasjenige/ welches nicht durch&#x017F;ichtig i&#x017F;t/ ein Glas<lb/>
nennen? Fu&#x0364;rwar man wu&#x0364;rde mit eben die&#x017F;en Fug alles das jenige ko&#x0364;n-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[236/0280] C. Merrets Anmerckungen uͤber die Buͤcher NERI, laſſen/ daraus bereiten; Ja das Glas/ wie es an ſich ſelber iſt/ laͤſſet ſich natuͤrlicher Weiß in gewiſſen Grad biegen/ denn die ſehr duͤnnen Cry- ſtallinene Glaͤſer/ wann ſie gebuͤhrlich erwaͤrmen/ werden ein wenig/ je- doch ſichtbarlich gebogen; ich habe glaͤſerne Roͤhren von 12. und mehr Schue lang gehabt/ zu dem Experiment des Mercurii gehoͤrig/ dieſe/ wann ſie mit Qveckſilber angefuͤllet/ wurden ein merckliches gebogen; Dahero bin ich der Meinung/ im Fall ja an der Erzehlung des Plinii et- was warhafftiges ſeyn ſolte/ daß ſolches daher komme/ daß/ nachdeme zu des Plinii Zeiten (da das Glas annoch ſehr zerbrechlich/ und von dem allergeringſten Dinge leichtlich kunte verletzet werden/ dieweil es von Salpeter bereitet; denn dazumal war die Kunſt das Glas auszugluͤen/ davon Plinius nichts meldet/ noch unbekannt) ſich habe ein Kuͤnſt- ler hervorgethan/ welcher vermittels des Krautes Kali oder Alkali und der Ausgluͤung/ ein Glas erfunden habe/ das dauerhafftiger und ſtaͤrcker als das erſte war/ auch auff gewiſſe Art einen Stos/ und etwas mehrers/ als das vorige/ ertragen oder er- dulten koͤnne. Solches hat vielleicht der Famæ Anlas gegeben (welche ohne diß/ wie Virgilius ſaget/ die Sachen/ ſo erſtlich klein/ bald erhebet und in alle Welt ausſtreuet) daß ſie/ nehmlich dieſe Sage mit Zuſetzung einiger Umbſtaͤnde/ wie es gemeiniglich zu geſchehen pfleget/ in diejenige Hiſtoriam, welche Plinius erzehlet/ verwandelte und transformirte. Betreffend nun die Muͤglichkeit das Glas zu bereiten/ daß es ſich haͤmmern laſſe/ ſo befinde ich bey dieſer Sach keinen andern Beweiß- Grund/ als der Chymicorum Relation, welche ſolch ihr Vernunfft-Ge- baͤud gleichſam Circulweis/ nemlich vom Elixir auffs Glas/und von die- ſem wieder auff jenes gruͤnden; Allein es wird vielleicht eines leichter als das andere zu machen ſeyn: denn das Elixir zu bereiten/ ſo wird noth- wendig erfordert/ daß es komme aus einem Ding/ welches zwar an ſich ſelbſt dem Elixir nicht gleich iſt/ unangeſehen/ daß ſolches in der Mate- ria ſeyn muß/ daraus es kommen ſoll. Mit dem Glas aber hat es eine andere Beſchaffenheit; denn das Glas iſt unter allen Dingen/ von Natur das allergebrechlichſte: ſoll nun ſolches/ daß es ſich haͤmmern laſſe/ bereitet werden/ ſo wird noth- wendig erfordet/ daß ihme eine Qvalitaͤt/ die derſelben Natur contrar iſt/ eingefuͤhret werde. Uber dieſes ſo iſt ja nichts/ welches ſich haͤmmern laͤſſet/ durchſich- tig: und wer wuͤrde dasjenige/ welches nicht durchſichtig iſt/ ein Glas nennen? Fuͤrwar man wuͤrde mit eben dieſen Fug alles das jenige koͤn- nen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679/280
Zitationshilfe: Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679/280>, abgerufen am 18.05.2024.