Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679.Von der Glasmacher-Kunst. Worts Ursprung her von dem Wörtlein uein, welches so viel ist als reg-nen; und zwar wegen der Gleichniß/ die es wegen seiner durchsichtigen Consistentz mit dem Eys hat/ welches ein gefrorner Regen oder Was- ser ist; und in solchem Verstand leiten etliche das Wort Glaß a Glacie oder vom Eysglaß her. Aristoteles hat von dem Glaß zwey Auffgaben; deren die erste ist/ Hier ist auch zu mercken der zweiffelhaffte Verstand des Worts Daß die Egyptier der Glaßmacherkunst erfahren gewesen/ ist aus Und
Von der Glasmacher-Kunſt. Worts Urſprung her von dem Woͤrtlein ὕειν, welches ſo viel iſt als reg-nen; und zwar wegen der Gleichniß/ die es wegen ſeiner durchſichtigen Conſiſtentz mit dem Eys hat/ welches ein gefrorner Regen oder Waſ- ſer iſt; und in ſolchem Verſtand leiten etliche das Wort Glaß à Glacie oder vom Eysglaß her. Ariſtoteles hat von dem Glaß zwey Auffgaben; deren die erſte iſt/ Hier iſt auch zu mercken der zweiffelhaffte Verſtand des Worts Daß die Egyptier der Glaßmacherkunſt erfahren geweſen/ iſt aus Und
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Von der Glasmacher-Kunſt.
Worts Urſprung her von dem Woͤrtlein ὕειν, welches ſo viel iſt als reg-
nen; und zwar wegen der Gleichniß/ die es wegen ſeiner durchſichtigen
Conſiſtentz mit dem Eys hat/ welches ein gefrorner Regen oder Waſ-
ſer iſt; und in ſolchem Verſtand leiten etliche das Wort Glaß à Glacie
oder vom Eysglaß her.
Ariſtoteles hat von dem Glaß zwey Auffgaben; deren die erſte iſt/
warumb man durch das Glas ſiehet? die andere/ warumb das Glaß nicht
koͤnne gebogen werden: Dieſe Auffgaben/ wann ſie anderſt des Ariſto-
telis ſind/ daran die Gelehrten zweiffeln/ ſind aus der Antiqvitaͤt die
alleraͤlteſten Nachrichtungen/ vom Glaß; denn man wird ſonſten nir-
gend/ bey keinem alten Griechiſchen Poeten oder Redner/ von dem Glaß
einige Meldung oder Nachricht finden/ ob ſich ſolches ſchon ſehr wohl
zu ihrem Vorhaben geſchicket haͤtte.
Hier iſt auch zu mercken der zweiffelhaffte Verſtand des Worts
hyalos; denn wegen der Gleichheit wurde der Cryſtall alſo genennet/ wie
oben aus dem Scholiaſte und aus dem Hugone Grotio angemercket
wird: und Gorræus ſaget/ es waͤre eine gewiſſe/ gelbe und durchſichtige
Art des Agſteins/ der durchſichtig gleich wie ein Glaß war/ von etlichen
hyalos genennet worden: Der erſte unter den Grichen/ der ſonder al-
len Zweiffel des Glaſes gedencket/ iſt Alexander Aphrodiſæus geweſen/
welcher alſo ſaget: die Farb/ ſo man durch ein Glaß anſiehet: und noch
deutlicher im erſten Buch: die Glaͤſer/ ſaget er/ wann ſie im Winter
jaͤhlings erhitzen/ ſo zerſpringen ſie: und abermahl: ein Glaßgeſchirr zer-
brechen: der glaͤſern Trinckgeſchirr gedencket Lucianus gar weitlaͤuff-
tig: Auch ſchreibet Plutarchus in den Sympoſiacis, daß das Feuer vom
Tamarißken-Holtz/ zum Glaßmachen am beqvemſten ſey.
Daß die Egyptier der Glaßmacherkunſt erfahren geweſen/ iſt aus
den Worten des Flavii Vopiſci zu erſehen/ wie ſolche vom Marcello Do-
nato auff dieſe Weiſe angefuͤhret werden: Alexandria iſt eine wohl-
vermoͤgende Stadt und fruchtbar/ in derſelbigen lebet niemand muͤßig;
etliche blaſen Glaß/ und andere machen Papier: doch gedencket Kirche-
rus in ſeinem Oedipo, da er von den Kuͤnſten der Egyptier handelt/ hier-
von nichts: Unter den Lateiniſchen Poeten gedencket Lucretius des
Glaſes am erſten/ deſſen Verſe/ weil ſie von der Durchſichtigkeit des
Glaſes handeln/ ich allhier anfuͤhren will/ alſo lautend: Lib. 4. 602. 603.
‒‒ ‒‒ niſi recta foramina tranant,
Qvalia ſunt Vitri ‒‒ ‒‒ ‒‒
Und
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