Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.italienischer Kunsthändler -- endlich, in der "Argo, Jahrbuch für 1854" veröffentlicht, eine merkwürdige Novelle in Briefen, Chlodosinda, die in das graue Alterthum der Gothenherrschaft in Spanien zurückführt. Der Werth all dieser Culturbilder, der nicht nur in der historischen Treue des Colorits besteht, sondern auch in der Feinheit und Sicherheit der Composition, der echt novellistischen Anlage und Führung der Fabel und der Charaktere, ist unbestreitbar. Wenn es ihnen trotzdem nicht völlig gelang, ihre Herkunst von der Wissenschaft zu verläugnen und als freie Dichtungen die Gemüther zu fesseln, so haben wir den Grund wohl nur in einer gewissen Befangenheit des Vortrags zu suchen, der theils in allerlei chronikalischen Stilkünsten sich bewegt, theils überhaupt jener sinnlichen Frische und Unmittelbarkeit entbehrt, die dem Verfasser mit der Jugend abhanden gekommen war. Immerhin bleibt diesen Novellen genug des Anziehenden, um ihrer auch in unserer Mustersammlung mit Ehren zu gedenken, und die hier mitgetheilte "Incantada" -- wenn auch gegen den Schluß hin der Wunsch sich regt, die ergreifende Entwickelung nicht blos berichtet, sondern dargestellt zu sehen -- wird für das Talent des Dichters, bedeutsame Novellenprobleme zu finden und sie m scharfen Zügen zu gestalten, hinlänglich Zeugniß ablegen. italienischer Kunsthändler — endlich, in der „Argo, Jahrbuch für 1854“ veröffentlicht, eine merkwürdige Novelle in Briefen, Chlodosinda, die in das graue Alterthum der Gothenherrschaft in Spanien zurückführt. Der Werth all dieser Culturbilder, der nicht nur in der historischen Treue des Colorits besteht, sondern auch in der Feinheit und Sicherheit der Composition, der echt novellistischen Anlage und Führung der Fabel und der Charaktere, ist unbestreitbar. Wenn es ihnen trotzdem nicht völlig gelang, ihre Herkunst von der Wissenschaft zu verläugnen und als freie Dichtungen die Gemüther zu fesseln, so haben wir den Grund wohl nur in einer gewissen Befangenheit des Vortrags zu suchen, der theils in allerlei chronikalischen Stilkünsten sich bewegt, theils überhaupt jener sinnlichen Frische und Unmittelbarkeit entbehrt, die dem Verfasser mit der Jugend abhanden gekommen war. Immerhin bleibt diesen Novellen genug des Anziehenden, um ihrer auch in unserer Mustersammlung mit Ehren zu gedenken, und die hier mitgetheilte „Incantada“ — wenn auch gegen den Schluß hin der Wunsch sich regt, die ergreifende Entwickelung nicht blos berichtet, sondern dargestellt zu sehen — wird für das Talent des Dichters, bedeutsame Novellenprobleme zu finden und sie m scharfen Zügen zu gestalten, hinlänglich Zeugniß ablegen. <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <p><pb facs="#f0007"/> italienischer Kunsthändler — endlich, in der „Argo, Jahrbuch für 1854“ veröffentlicht, eine merkwürdige Novelle in Briefen, Chlodosinda, die in das graue Alterthum der Gothenherrschaft in Spanien zurückführt.</p><lb/> <p>Der Werth all dieser Culturbilder, der nicht nur in der historischen Treue des Colorits besteht, sondern auch in der Feinheit und Sicherheit der Composition, der echt novellistischen Anlage und Führung der Fabel und der Charaktere, ist unbestreitbar. Wenn es ihnen trotzdem nicht völlig gelang, ihre Herkunst von der Wissenschaft zu verläugnen und als freie Dichtungen die Gemüther zu fesseln, so haben wir den Grund wohl nur in einer gewissen Befangenheit des Vortrags zu suchen, der theils in allerlei chronikalischen Stilkünsten sich bewegt, theils überhaupt jener sinnlichen Frische und Unmittelbarkeit entbehrt, die dem Verfasser mit der Jugend abhanden gekommen war. Immerhin bleibt diesen Novellen genug des Anziehenden, um ihrer auch in unserer Mustersammlung mit Ehren zu gedenken, und die hier mitgetheilte „Incantada“ — wenn auch gegen den Schluß hin der Wunsch sich regt, die ergreifende Entwickelung nicht blos berichtet, sondern dargestellt zu sehen — wird für das Talent des Dichters, bedeutsame Novellenprobleme zu finden und sie m scharfen Zügen zu gestalten, hinlänglich Zeugniß ablegen.</p><lb/> </div> </front> </text> </TEI> [0007]
italienischer Kunsthändler — endlich, in der „Argo, Jahrbuch für 1854“ veröffentlicht, eine merkwürdige Novelle in Briefen, Chlodosinda, die in das graue Alterthum der Gothenherrschaft in Spanien zurückführt.
Der Werth all dieser Culturbilder, der nicht nur in der historischen Treue des Colorits besteht, sondern auch in der Feinheit und Sicherheit der Composition, der echt novellistischen Anlage und Führung der Fabel und der Charaktere, ist unbestreitbar. Wenn es ihnen trotzdem nicht völlig gelang, ihre Herkunst von der Wissenschaft zu verläugnen und als freie Dichtungen die Gemüther zu fesseln, so haben wir den Grund wohl nur in einer gewissen Befangenheit des Vortrags zu suchen, der theils in allerlei chronikalischen Stilkünsten sich bewegt, theils überhaupt jener sinnlichen Frische und Unmittelbarkeit entbehrt, die dem Verfasser mit der Jugend abhanden gekommen war. Immerhin bleibt diesen Novellen genug des Anziehenden, um ihrer auch in unserer Mustersammlung mit Ehren zu gedenken, und die hier mitgetheilte „Incantada“ — wenn auch gegen den Schluß hin der Wunsch sich regt, die ergreifende Entwickelung nicht blos berichtet, sondern dargestellt zu sehen — wird für das Talent des Dichters, bedeutsame Novellenprobleme zu finden und sie m scharfen Zügen zu gestalten, hinlänglich Zeugniß ablegen.
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Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
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