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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855.

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unter Cotta's Presse und in den Mund eines Waterclerks legen, der
ihn mit seinem Kautabak ausspuckt. Das geht nicht.

Benthal antwortete: Sie sprechen von Cotta's Presse und ich muß
mit Bedauern ahnen, daß Sie mir kein bleibender Freundesbesitz sind.
Sie gehören also nicht, wie ich, mit Ihrer ganzen Zukunft dem Lande
an? Sie treiben's mit dem Schweden nur zum Schein?

Ich treib' es mit dem Schweden nur zum Schein! wiederholte
Moorfeld mit einer Nachbetonung, welche eine Einkehr in sein inner¬
stes Selbstbewußtsein verrieth. Ein sonderbares Wort! Wie eigen¬
thümlich schicksalsvoll klingt es mir! Sie stellen mich mit dem Ge¬
mordeten von Eger zusammen?

Benthal erschrack fast über den Eindruck, den er so zufällig auf
Moorfeld gemacht hatte, und nahm wieder das Wort zu Ausbeugungen,
aber dieser fiel ihm rasch in die Rede: Nein, nein, Sie haben nicht
weniger als der Pappenheimer das Recht, Ihre Frage zu stellen, wie
es Ihnen einfällt. Hingegen die Antwort darauf! Das ist's, was
mich so wunderlich hier berührt. Die gleiche Polarität mit dem
Manne, der zwischen Kürassieren und Sternen die ideale und reale
Welt in sich verbinden will. Steh' ich nicht eben so zwischen Europa
und Amerika? Ist mir's bestimmt, in Prag eine Königskrone, in
Eger eine Todeswunde zu holen? Ja, ahn' ich denn nur, in welcher
der beiden Welten mein Prag, mein Eger liegt? So habe ich in Ih¬
rem Citat eine jener Stimmen gehört, welche scheinbar von mensch¬
lichen Sprachwerkzeugen kommen, aber es sind keine Menschenstimmen.
Sie faßte mich tiefer.

In diesem Augenblicke kam auf dem Giebel von Astorhouse ein
rother feuriger Rand zum Vorschein, -- es war der abnehmende
Mond, der in dieser späten Nachtstunde aufging. Benthal streckte die
Hand aus und rief: Sehen Sie, da kommt unser Landsmann! Der
Mond ist ein geborener Deutscher. Dacht' ich's doch! wo zwei Deutsche
beisammen sind, kann er nicht ausbleiben. Ist das nicht ein Zeichen,
daß wir verweilen sollen? Der Park bekommt jetzt erst seine rechte
Magie und das marmorene Stadthaus dort mit seinen schlechten Ver¬
hältnissen die beabsichtigte Noblesse. Der Marmor ist überhaupt nur
ein Stein für die Mondbeleuchtung. Und die Gedanken, die Sie da
anregten -- setzte er hinzu -- die sind erst recht geschaffen für's

D. B. VII. Der Amerika-Müde. 10

unter Cotta's Preſſe und in den Mund eines Waterclerks legen, der
ihn mit ſeinem Kautabak ausſpuckt. Das geht nicht.

Benthal antwortete: Sie ſprechen von Cotta's Preſſe und ich muß
mit Bedauern ahnen, daß Sie mir kein bleibender Freundesbeſitz ſind.
Sie gehören alſo nicht, wie ich, mit Ihrer ganzen Zukunft dem Lande
an? Sie treiben's mit dem Schweden nur zum Schein?

Ich treib' es mit dem Schweden nur zum Schein! wiederholte
Moorfeld mit einer Nachbetonung, welche eine Einkehr in ſein inner¬
ſtes Selbſtbewußtſein verrieth. Ein ſonderbares Wort! Wie eigen¬
thümlich ſchickſalsvoll klingt es mir! Sie ſtellen mich mit dem Ge¬
mordeten von Eger zuſammen?

Benthal erſchrack faſt über den Eindruck, den er ſo zufällig auf
Moorfeld gemacht hatte, und nahm wieder das Wort zu Ausbeugungen,
aber dieſer fiel ihm raſch in die Rede: Nein, nein, Sie haben nicht
weniger als der Pappenheimer das Recht, Ihre Frage zu ſtellen, wie
es Ihnen einfällt. Hingegen die Antwort darauf! Das iſt's, was
mich ſo wunderlich hier berührt. Die gleiche Polarität mit dem
Manne, der zwiſchen Küraſſieren und Sternen die ideale und reale
Welt in ſich verbinden will. Steh' ich nicht eben ſo zwiſchen Europa
und Amerika? Iſt mir's beſtimmt, in Prag eine Königskrone, in
Eger eine Todeswunde zu holen? Ja, ahn' ich denn nur, in welcher
der beiden Welten mein Prag, mein Eger liegt? So habe ich in Ih¬
rem Citat eine jener Stimmen gehört, welche ſcheinbar von menſch¬
lichen Sprachwerkzeugen kommen, aber es ſind keine Menſchenſtimmen.
Sie faßte mich tiefer.

In dieſem Augenblicke kam auf dem Giebel von Aſtorhouſe ein
rother feuriger Rand zum Vorſchein, — es war der abnehmende
Mond, der in dieſer ſpäten Nachtſtunde aufging. Benthal ſtreckte die
Hand aus und rief: Sehen Sie, da kommt unſer Landsmann! Der
Mond iſt ein geborener Deutſcher. Dacht' ich's doch! wo zwei Deutſche
beiſammen ſind, kann er nicht ausbleiben. Iſt das nicht ein Zeichen,
daß wir verweilen ſollen? Der Park bekommt jetzt erſt ſeine rechte
Magie und das marmorene Stadthaus dort mit ſeinen ſchlechten Ver¬
hältniſſen die beabſichtigte Nobleſſe. Der Marmor iſt überhaupt nur
ein Stein für die Mondbeleuchtung. Und die Gedanken, die Sie da
anregten — ſetzte er hinzu — die ſind erſt recht geſchaffen für's

D. B. VII. Der Amerika-Müde. 10
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[145/0163] unter Cotta's Preſſe und in den Mund eines Waterclerks legen, der ihn mit ſeinem Kautabak ausſpuckt. Das geht nicht. Benthal antwortete: Sie ſprechen von Cotta's Preſſe und ich muß mit Bedauern ahnen, daß Sie mir kein bleibender Freundesbeſitz ſind. Sie gehören alſo nicht, wie ich, mit Ihrer ganzen Zukunft dem Lande an? Sie treiben's mit dem Schweden nur zum Schein? Ich treib' es mit dem Schweden nur zum Schein! wiederholte Moorfeld mit einer Nachbetonung, welche eine Einkehr in ſein inner¬ ſtes Selbſtbewußtſein verrieth. Ein ſonderbares Wort! Wie eigen¬ thümlich ſchickſalsvoll klingt es mir! Sie ſtellen mich mit dem Ge¬ mordeten von Eger zuſammen? Benthal erſchrack faſt über den Eindruck, den er ſo zufällig auf Moorfeld gemacht hatte, und nahm wieder das Wort zu Ausbeugungen, aber dieſer fiel ihm raſch in die Rede: Nein, nein, Sie haben nicht weniger als der Pappenheimer das Recht, Ihre Frage zu ſtellen, wie es Ihnen einfällt. Hingegen die Antwort darauf! Das iſt's, was mich ſo wunderlich hier berührt. Die gleiche Polarität mit dem Manne, der zwiſchen Küraſſieren und Sternen die ideale und reale Welt in ſich verbinden will. Steh' ich nicht eben ſo zwiſchen Europa und Amerika? Iſt mir's beſtimmt, in Prag eine Königskrone, in Eger eine Todeswunde zu holen? Ja, ahn' ich denn nur, in welcher der beiden Welten mein Prag, mein Eger liegt? So habe ich in Ih¬ rem Citat eine jener Stimmen gehört, welche ſcheinbar von menſch¬ lichen Sprachwerkzeugen kommen, aber es ſind keine Menſchenſtimmen. Sie faßte mich tiefer. In dieſem Augenblicke kam auf dem Giebel von Aſtorhouſe ein rother feuriger Rand zum Vorſchein, — es war der abnehmende Mond, der in dieſer ſpäten Nachtſtunde aufging. Benthal ſtreckte die Hand aus und rief: Sehen Sie, da kommt unſer Landsmann! Der Mond iſt ein geborener Deutſcher. Dacht' ich's doch! wo zwei Deutſche beiſammen ſind, kann er nicht ausbleiben. Iſt das nicht ein Zeichen, daß wir verweilen ſollen? Der Park bekommt jetzt erſt ſeine rechte Magie und das marmorene Stadthaus dort mit ſeinen ſchlechten Ver¬ hältniſſen die beabſichtigte Nobleſſe. Der Marmor iſt überhaupt nur ein Stein für die Mondbeleuchtung. Und die Gedanken, die Sie da anregten — ſetzte er hinzu — die ſind erſt recht geſchaffen für's D. B. VII. Der Amerika-Müde. 10

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Zitationshilfe: Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/163>, abgerufen am 22.11.2024.