Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987.

Bild:
<< vorherige Seite

N001
Während hier die Linie ist, "Von der DDR zu lernen, heißt N002
siegen", bin ich doch voll Hoffnung, daß der Widerstand gegen N003
die Linie in der SU sich nicht bis zum XI. Parteitag wird halten N004
lassen.

N001
Als ich Hannes von meinen Diskussionen über das viel zu späte N002
zum-Zuge-Kommen unserer Jugend - ein Zuhörer stand bei einem mei- N003
ner Vorträge auf und sagte* Naoh 3 Jahren Ehrendienst in der NVA N004
habe ich jetzt 5 Studienjahre vor mir freute sich Hannes Uber N005
dieses Drängen von unten und meinte, daß in Bälde hier eine Ände- N006
rung kommen würde, und daß ich dem jungen Soldaten gesagt hätte, N007
schon sein jüngerer Bruder würde es besser haben.

N001
14.7.1985

N001
Denke immer wieder über meine Unterhaltung mit Hannes be- N002
treffend den Stand unserer Gesellschaftswissenschaften naoh. Wir N003
sind uns völlig einig, daß die veröffentlichten Sachen mit weni- N004
gen Ausnahmen mittelmäßig sind. Er erklärt aber, in seinem Safe weit N005
bessere Sachen zu haben, die gegenwärtig nicht veröffentlicht N006
werden können - wegen der ganz oben festgelegten Linie.

N001
<

N001
Daß eine Reihe interessanter Sachen geschrieben werden könn- N002
ten, gebe ich gern zu auf Grund kluger Diakussionsbeiträge etwa N003
in der Klasse in der Akademie.

N001
Präge* Warum können bei uns so viele Schriftsteller so viel N002
mehr sagen als unsere Wissenschaftler? Warum und wie haben unsere N003
Schriftsteller unsere Spitzen in Partei und Staat daran gewöhnt, N004
Wahrheiten von ihnen zu hören, als ein "unruhiges, schwer zu N005
bändigendes Volk" angesehen zu werden, sie im allgemeinen vor- N006
sichtiger zu behandeln?

N001
Hängt es damit zusammen, daß unsere Schriftsteller so oft N002
nicht in "beamteten", gesicherten Stellen arbeiten, daß unsere

N001
Während hier die Linie ist, "Von der DDR zu lernen, heißt N002
siegen", bin ich doch voll Hoffnung, daß der Widerstand gegen N003
die Linie in der SU sich nicht bis zum XI. Parteitag wird halten N004
lassen.

N001
Als ich Hannes von meinen Diskussionen über das viel zu späte N002
zum-Zuge-Kommen unserer Jugend - ein Zuhörer stand bei einem mei- N003
ner Vorträge auf und sagte* Naoh 3 Jahren Ehrendienst in der NVA N004
habe ich jetzt 5 Studienjahre vor mir freute sich Hannes Uber N005
dieses Drängen von unten und meinte, daß in Bälde hier eine Ände- N006
rung kommen würde, und daß ich dem jungen Soldaten gesagt hätte, N007
schon sein jüngerer Bruder würde es besser haben.

N001
14.7.1985

N001
Denke immer wieder über meine Unterhaltung mit Hannes be- N002
treffend den Stand unserer Gesellschaftswissenschaften naoh. Wir N003
sind uns völlig einig, daß die veröffentlichten Sachen mit weni- N004
gen Ausnahmen mittelmäßig sind. Er erklärt aber, in seinem Safe weit N005
bessere Sachen zu haben, die gegenwärtig nicht veröffentlicht N006
werden können - wegen der ganz oben festgelegten Linie.

N001
<

N001
Daß eine Reihe interessanter Sachen geschrieben werden könn- N002
ten, gebe ich gern zu auf Grund kluger Diakussionsbeiträge etwa N003
in der Klasse in der Akademie.

N001
Präge* Warum können bei uns so viele Schriftsteller so viel N002
mehr sagen als unsere Wissenschaftler? Warum und wie haben unsere N003
Schriftsteller unsere Spitzen in Partei und Staat daran gewöhnt, N004
Wahrheiten von ihnen zu hören, als ein "unruhiges, schwer zu N005
bändigendes Volk" angesehen zu werden, sie im allgemeinen vor- N006
sichtiger zu behandeln?

N001
Hängt es damit zusammen, daß unsere Schriftsteller so oft N002
nicht in "beamteten", gesicherten Stellen arbeiten, daß unsere

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter">
        <pb facs="#f0918"/>
        <p><lb n="N001"/>
Während hier die Linie ist, "Von der DDR zu lernen, heißt     <lb n="N002"/>
siegen", bin ich doch voll Hoffnung, daß der Widerstand gegen     <lb n="N003"/>
die Linie in der SU sich nicht bis zum XI. Parteitag wird halten     <lb n="N004"/>
lassen.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Als ich Hannes von meinen Diskussionen über das viel zu späte     <lb n="N002"/>
zum-Zuge-Kommen unserer Jugend - ein Zuhörer stand bei einem mei-     <lb n="N003"/>
ner Vorträge auf und sagte* Naoh 3 Jahren Ehrendienst in der NVA     <lb n="N004"/>
habe ich jetzt 5 Studienjahre vor mir freute sich Hannes Uber     <lb n="N005"/>
dieses Drängen von unten und meinte, daß in Bälde hier eine Ände-     <lb n="N006"/>
rung kommen würde, und daß ich dem jungen Soldaten gesagt hätte,     <lb n="N007"/>
schon sein jüngerer Bruder würde es besser haben.</p>
        <p><lb n="N001"/>
14.7.1985</p>
        <p><lb n="N001"/>
Denke immer wieder über meine Unterhaltung mit Hannes be-     <lb n="N002"/>
treffend den Stand unserer Gesellschaftswissenschaften naoh. Wir     <lb n="N003"/>
sind uns völlig einig, daß die veröffentlichten Sachen mit weni-     <lb n="N004"/>
gen Ausnahmen mittelmäßig sind. Er erklärt aber, in seinem Safe weit     <lb n="N005"/>
bessere Sachen zu haben, die gegenwärtig nicht veröffentlicht     <lb n="N006"/>
werden können - wegen der ganz oben festgelegten Linie.</p>
        <p><lb n="N001"/>
&lt;</p>
        <p><lb n="N001"/>
Daß eine Reihe interessanter Sachen geschrieben werden könn-     <lb n="N002"/>
ten, gebe ich gern zu auf Grund kluger Diakussionsbeiträge etwa     <lb n="N003"/>
in der Klasse in der Akademie.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Präge* Warum können bei uns so viele Schriftsteller so viel     <lb n="N002"/>
mehr sagen als unsere Wissenschaftler? Warum und wie haben unsere     <lb n="N003"/>
Schriftsteller unsere Spitzen in Partei und Staat daran gewöhnt,     <lb n="N004"/>
Wahrheiten von ihnen zu hören, als ein "unruhiges, schwer zu     <lb n="N005"/>
bändigendes Volk" angesehen zu werden, sie im allgemeinen vor-     <lb n="N006"/>
sichtiger zu behandeln?</p>
        <p><lb n="N001"/>
Hängt es damit zusammen, daß unsere Schriftsteller so oft     <lb n="N002"/>
nicht in "beamteten", gesicherten Stellen arbeiten, daß unsere</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0918] N001 Während hier die Linie ist, "Von der DDR zu lernen, heißt N002 siegen", bin ich doch voll Hoffnung, daß der Widerstand gegen N003 die Linie in der SU sich nicht bis zum XI. Parteitag wird halten N004 lassen. N001 Als ich Hannes von meinen Diskussionen über das viel zu späte N002 zum-Zuge-Kommen unserer Jugend - ein Zuhörer stand bei einem mei- N003 ner Vorträge auf und sagte* Naoh 3 Jahren Ehrendienst in der NVA N004 habe ich jetzt 5 Studienjahre vor mir freute sich Hannes Uber N005 dieses Drängen von unten und meinte, daß in Bälde hier eine Ände- N006 rung kommen würde, und daß ich dem jungen Soldaten gesagt hätte, N007 schon sein jüngerer Bruder würde es besser haben. N001 14.7.1985 N001 Denke immer wieder über meine Unterhaltung mit Hannes be- N002 treffend den Stand unserer Gesellschaftswissenschaften naoh. Wir N003 sind uns völlig einig, daß die veröffentlichten Sachen mit weni- N004 gen Ausnahmen mittelmäßig sind. Er erklärt aber, in seinem Safe weit N005 bessere Sachen zu haben, die gegenwärtig nicht veröffentlicht N006 werden können - wegen der ganz oben festgelegten Linie. N001 < N001 Daß eine Reihe interessanter Sachen geschrieben werden könn- N002 ten, gebe ich gern zu auf Grund kluger Diakussionsbeiträge etwa N003 in der Klasse in der Akademie. N001 Präge* Warum können bei uns so viele Schriftsteller so viel N002 mehr sagen als unsere Wissenschaftler? Warum und wie haben unsere N003 Schriftsteller unsere Spitzen in Partei und Staat daran gewöhnt, N004 Wahrheiten von ihnen zu hören, als ein "unruhiges, schwer zu N005 bändigendes Volk" angesehen zu werden, sie im allgemeinen vor- N006 sichtiger zu behandeln? N001 Hängt es damit zusammen, daß unsere Schriftsteller so oft N002 nicht in "beamteten", gesicherten Stellen arbeiten, daß unsere

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Archiv der Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-01-09T11:07:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-01-09T11:07:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/918
Zitationshilfe: Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/918>, abgerufen am 30.06.2024.