Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987.

Bild:
<< vorherige Seite

N001
nichts mehr zu tun. Gott sei Dank kümmern sich die Völker außer- N002
halb Europas relativ wenig um diese Losung, und wir sind bereit, N003
ihnen zu helfen, wenn ihr Kampf aussichtsreich erscheint.

N001
4.11.1978

N001
Die wirtschaftliehe Situation bei uns ist so schlecht, daß N002
wir bisher unseren Vierteljahrsbericht noch nicht veröffentlicht N003
haben. Ich glaube, das ist Arno zu verdanken, der sich weigert, N004
zu wild zu lügen.

N001
In diesem Zusammenhang eine Geschichte, die mir große Freude N002
gemacht hat. Bei meinem letzten Besuch bei Erich vor einigen Mo- N003
naten hatte ich ihm gesagt, daß einige unserer Wissenschaftler an N004
der Akademie befürchten, daß man einen Teil der Schuld an unserer N005
Wirtschaftsmisere ihnen in die Schuhe schieben würde. Jetzt hörte N006
ich, daß das auf einer Beratung bei Erich von Mittag versucht N007
wurde, aber Erioh ganz scharf erklärt hätte, man solle die Wissen- N008
schaftler aus dem Spiele lassen. Manchmal kann ich, natürlich nur N009
in wichtigen Kleinigkeiten, doch etwas erreichen.

N005
alle 5 Minuten telefonierte, sich ihrer relativen Ruhe freuen. N004
telefoniert, während Rundfunk und Fernsehen, wo Werner Lamberz N003
Anleitung von Achim Herrmann, der alle 5 Minuten Weisungen duroh- N002
über die Zustände im ND, nur noch Administration unter "geistiger" N001
Harald Wessel besuchte mich heute früh - doch sehr bedrückt N006
spricht. Aber er kann auch nioht viel tun und scheut sich in N005
allem, was eine sozialistische Gesellschaft sein sollte, wider- N004
scheinung, die ioh seit Jahren beklage, und die so ganz und gar N003
hat, irgendeine Verantwortung zu übernehmen. Eine allgemeine Er- N002
tiative immer mehr unterdrückt wird, und daß keiner mehr Lust N001
Er beklagte sich darüber - und mit wieviel Recht! ~, daß die Ini-

N001
nichts mehr zu tun. Gott sei Dank kümmern sich die Völker außer- N002
halb Europas relativ wenig um diese Losung, und wir sind bereit, N003
ihnen zu helfen, wenn ihr Kampf aussichtsreich erscheint.

N001
4.11.1978

N001
Die wirtschaftliehe Situation bei uns ist so schlecht, daß N002
wir bisher unseren Vierteljahrsbericht noch nicht veröffentlicht N003
haben. Ich glaube, das ist Arno zu verdanken, der sich weigert, N004
zu wild zu lügen.

N001
In diesem Zusammenhang eine Geschichte, die mir große Freude N002
gemacht hat. Bei meinem letzten Besuch bei Erich vor einigen Mo- N003
naten hatte ich ihm gesagt, daß einige unserer Wissenschaftler an N004
der Akademie befürchten, daß man einen Teil der Schuld an unserer N005
Wirtschaftsmisere ihnen in die Schuhe schieben würde. Jetzt hörte N006
ich, daß das auf einer Beratung bei Erich von Mittag versucht N007
wurde, aber Erioh ganz scharf erklärt hätte, man solle die Wissen- N008
schaftler aus dem Spiele lassen. Manchmal kann ich, natürlich nur N009
in wichtigen Kleinigkeiten, doch etwas erreichen.

N005
alle 5 Minuten telefonierte, sich ihrer relativen Ruhe freuen. N004
telefoniert, während Rundfunk und Fernsehen, wo Werner Lamberz N003
Anleitung von Achim Herrmann, der alle 5 Minuten Weisungen duroh- N002
über die Zustände im ND, nur noch Administration unter "geistiger" N001
Harald Wessel besuchte mich heute früh - doch sehr bedrückt N006
spricht. Aber er kann auch nioht viel tun und scheut sich in N005
allem, was eine sozialistische Gesellschaft sein sollte, wider- N004
scheinung, die ioh seit Jahren beklage, und die so ganz und gar N003
hat, irgendeine Verantwortung zu übernehmen. Eine allgemeine Er- N002
tiative immer mehr unterdrückt wird, und daß keiner mehr Lust N001
Er beklagte sich darüber - und mit wieviel Recht! ~, daß die Ini-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter">
        <pb facs="#f0694"/>
        <p><lb n="N001"/>
nichts mehr zu tun. Gott sei Dank kümmern sich die Völker außer-     <lb n="N002"/>
halb Europas relativ wenig um diese Losung, und wir sind bereit,     <lb n="N003"/>
ihnen zu helfen, wenn ihr Kampf aussichtsreich erscheint.</p>
        <p><lb n="N001"/>
4.11.1978</p>
        <p><lb n="N001"/>
Die wirtschaftliehe Situation bei uns ist so schlecht, daß     <lb n="N002"/>
wir bisher unseren Vierteljahrsbericht noch nicht veröffentlicht     <lb n="N003"/>
haben. Ich glaube, das ist Arno zu verdanken, der sich weigert,     <lb n="N004"/>
zu wild zu lügen.</p>
        <p><lb n="N001"/>
In diesem Zusammenhang eine Geschichte, die mir große Freude     <lb n="N002"/>
gemacht hat. Bei meinem letzten Besuch bei Erich vor einigen Mo-     <lb n="N003"/>
naten hatte ich ihm gesagt, daß einige unserer Wissenschaftler an     <lb n="N004"/>
der Akademie befürchten, daß man einen Teil der Schuld an unserer     <lb n="N005"/>
Wirtschaftsmisere ihnen in die Schuhe schieben würde. Jetzt hörte     <lb n="N006"/>
ich, daß das auf einer Beratung bei Erich von Mittag versucht     <lb n="N007"/>
wurde, aber Erioh ganz scharf erklärt hätte, man solle die Wissen-     <lb n="N008"/>
schaftler aus dem Spiele lassen. Manchmal kann ich, natürlich nur     <lb n="N009"/>
in wichtigen Kleinigkeiten, doch etwas erreichen.</p>
        <p><lb n="N005"/>
alle 5 Minuten telefonierte, sich ihrer relativen Ruhe freuen.     <lb n="N004"/>
telefoniert, während Rundfunk und Fernsehen, wo Werner Lamberz     <lb n="N003"/>
Anleitung von Achim Herrmann, der alle 5 Minuten Weisungen duroh-     <lb n="N002"/>
über die Zustände im ND, nur noch Administration unter "geistiger"     <lb n="N001"/>
Harald Wessel besuchte mich heute früh - doch sehr bedrückt     <lb n="N006"/>
spricht. Aber er kann auch nioht viel tun und scheut sich in     <lb n="N005"/>
allem, was eine sozialistische Gesellschaft sein sollte, wider-     <lb n="N004"/>
scheinung, die ioh seit Jahren beklage, und die so ganz und gar     <lb n="N003"/>
hat, irgendeine Verantwortung zu übernehmen. Eine allgemeine Er-     <lb n="N002"/>
tiative immer mehr unterdrückt wird, und daß keiner mehr Lust     <lb n="N001"/>
Er beklagte sich darüber - und mit wieviel Recht! ~, daß die Ini-</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0694] N001 nichts mehr zu tun. Gott sei Dank kümmern sich die Völker außer- N002 halb Europas relativ wenig um diese Losung, und wir sind bereit, N003 ihnen zu helfen, wenn ihr Kampf aussichtsreich erscheint. N001 4.11.1978 N001 Die wirtschaftliehe Situation bei uns ist so schlecht, daß N002 wir bisher unseren Vierteljahrsbericht noch nicht veröffentlicht N003 haben. Ich glaube, das ist Arno zu verdanken, der sich weigert, N004 zu wild zu lügen. N001 In diesem Zusammenhang eine Geschichte, die mir große Freude N002 gemacht hat. Bei meinem letzten Besuch bei Erich vor einigen Mo- N003 naten hatte ich ihm gesagt, daß einige unserer Wissenschaftler an N004 der Akademie befürchten, daß man einen Teil der Schuld an unserer N005 Wirtschaftsmisere ihnen in die Schuhe schieben würde. Jetzt hörte N006 ich, daß das auf einer Beratung bei Erich von Mittag versucht N007 wurde, aber Erioh ganz scharf erklärt hätte, man solle die Wissen- N008 schaftler aus dem Spiele lassen. Manchmal kann ich, natürlich nur N009 in wichtigen Kleinigkeiten, doch etwas erreichen. N005 alle 5 Minuten telefonierte, sich ihrer relativen Ruhe freuen. N004 telefoniert, während Rundfunk und Fernsehen, wo Werner Lamberz N003 Anleitung von Achim Herrmann, der alle 5 Minuten Weisungen duroh- N002 über die Zustände im ND, nur noch Administration unter "geistiger" N001 Harald Wessel besuchte mich heute früh - doch sehr bedrückt N006 spricht. Aber er kann auch nioht viel tun und scheut sich in N005 allem, was eine sozialistische Gesellschaft sein sollte, wider- N004 scheinung, die ioh seit Jahren beklage, und die so ganz und gar N003 hat, irgendeine Verantwortung zu übernehmen. Eine allgemeine Er- N002 tiative immer mehr unterdrückt wird, und daß keiner mehr Lust N001 Er beklagte sich darüber - und mit wieviel Recht! ~, daß die Ini-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Archiv der Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-01-09T11:07:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-01-09T11:07:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/694
Zitationshilfe: Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/694>, abgerufen am 22.11.2024.