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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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und dazugehörig und ihnen nützlich und angenehm in der
Welt ansehen. Der Gedanke, daß mit ihrem willkürlichen
Sich-Gehen-Lassen jemals aufgeräumt werden könne, ist vielen
Männern unbehaglich und störend. Sie wollen die Frauen
nicht, wollen sie um so weniger, als es ja gerade Frauen
sind, die sie sich als gute, weil hilflose Beute erküren.

Weil der Mann der Frauen Jnteressen nicht wahrt, dar-
um müssen auch die Frauen, denen an formaler Gleichbe-
rechtigung nichts liegt, das Wahlrecht verlangen. Schritt für
Schritt sehen wir denn auch die Frauen sich diesem Ziele nähern.

Für das kirchliche Wahlrecht der Frauen tritt mit
besonderem Nachdruck der deutsch-evangelische Frauen-
bund
ein. Seine Vorsitzende,Paula Müller, hat in muti-
gen Worten öffentlich solches Recht für die Frauen gefordert,
alle Gegeneinwendungen in klarer, sachlicher Weise wider-
legend. Eine interessante Enquete "Wie urteilen Theologen
über das kirchliche Stimmrecht der Frauen" hat der Verein
für Frauenstimmrecht
durch Martha Zietz veröffentlichen
lassen. Auch auf der Versammlung der Freunde der Christ-
lichen Welt (Basel 1904) gelangte das kirchliche Wahlrecht der
Frau zur Besprechung. Pfarrer Güder, der Referent, trat
warm dafür ein. Er widerlegt in seiner Schrift mit großem
Geschick alles, was man gegen das kirchliche Wahlrecht der
Frauen im speziellen, gegen das Frauenstimmrecht im allge-
meinen einwenden kann. Daß die Frauen nur dann Beachtung
ihrer Wünsche sich erzwingen werden, wenn sie auch das Wahl-
recht besitzen, steht ihm fest. Für hochwichtige, ethisch-soziale
Probleme, Bekämpfung des Alkoholmißbrauchs, der Prostitution
und dergl. wünscht er geradezu den Einfluß der Frau. Daß
in einer auf Jesu Lehre gegründeten Gemeinde kein Unter-
schied gemacht werden dürfte zwischen Mann und Weib, hält

und dazugehörig und ihnen nützlich und angenehm in der
Welt ansehen. Der Gedanke, daß mit ihrem willkürlichen
Sich-Gehen-Lassen jemals aufgeräumt werden könne, ist vielen
Männern unbehaglich und störend. Sie wollen die Frauen
nicht, wollen sie um so weniger, als es ja gerade Frauen
sind, die sie sich als gute, weil hilflose Beute erküren.

Weil der Mann der Frauen Jnteressen nicht wahrt, dar-
um müssen auch die Frauen, denen an formaler Gleichbe-
rechtigung nichts liegt, das Wahlrecht verlangen. Schritt für
Schritt sehen wir denn auch die Frauen sich diesem Ziele nähern.

Für das kirchliche Wahlrecht der Frauen tritt mit
besonderem Nachdruck der deutsch-evangelische Frauen-
bund
ein. Seine Vorsitzende,Paula Müller, hat in muti-
gen Worten öffentlich solches Recht für die Frauen gefordert,
alle Gegeneinwendungen in klarer, sachlicher Weise wider-
legend. Eine interessante Enquête „Wie urteilen Theologen
über das kirchliche Stimmrecht der Frauen“ hat der Verein
für Frauenstimmrecht
durch Martha Zietz veröffentlichen
lassen. Auch auf der Versammlung der Freunde der Christ-
lichen Welt (Basel 1904) gelangte das kirchliche Wahlrecht der
Frau zur Besprechung. Pfarrer Güder, der Referent, trat
warm dafür ein. Er widerlegt in seiner Schrift mit großem
Geschick alles, was man gegen das kirchliche Wahlrecht der
Frauen im speziellen, gegen das Frauenstimmrecht im allge-
meinen einwenden kann. Daß die Frauen nur dann Beachtung
ihrer Wünsche sich erzwingen werden, wenn sie auch das Wahl-
recht besitzen, steht ihm fest. Für hochwichtige, ethisch-soziale
Probleme, Bekämpfung des Alkoholmißbrauchs, der Prostitution
und dergl. wünscht er geradezu den Einfluß der Frau. Daß
in einer auf Jesu Lehre gegründeten Gemeinde kein Unter-
schied gemacht werden dürfte zwischen Mann und Weib, hält

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[276/0286] und dazugehörig und ihnen nützlich und angenehm in der Welt ansehen. Der Gedanke, daß mit ihrem willkürlichen Sich-Gehen-Lassen jemals aufgeräumt werden könne, ist vielen Männern unbehaglich und störend. Sie wollen die Frauen nicht, wollen sie um so weniger, als es ja gerade Frauen sind, die sie sich als gute, weil hilflose Beute erküren. Weil der Mann der Frauen Jnteressen nicht wahrt, dar- um müssen auch die Frauen, denen an formaler Gleichbe- rechtigung nichts liegt, das Wahlrecht verlangen. Schritt für Schritt sehen wir denn auch die Frauen sich diesem Ziele nähern. Für das kirchliche Wahlrecht der Frauen tritt mit besonderem Nachdruck der deutsch-evangelische Frauen- bund ein. Seine Vorsitzende,Paula Müller, hat in muti- gen Worten öffentlich solches Recht für die Frauen gefordert, alle Gegeneinwendungen in klarer, sachlicher Weise wider- legend. Eine interessante Enquête „Wie urteilen Theologen über das kirchliche Stimmrecht der Frauen“ hat der Verein für Frauenstimmrecht durch Martha Zietz veröffentlichen lassen. Auch auf der Versammlung der Freunde der Christ- lichen Welt (Basel 1904) gelangte das kirchliche Wahlrecht der Frau zur Besprechung. Pfarrer Güder, der Referent, trat warm dafür ein. Er widerlegt in seiner Schrift mit großem Geschick alles, was man gegen das kirchliche Wahlrecht der Frauen im speziellen, gegen das Frauenstimmrecht im allge- meinen einwenden kann. Daß die Frauen nur dann Beachtung ihrer Wünsche sich erzwingen werden, wenn sie auch das Wahl- recht besitzen, steht ihm fest. Für hochwichtige, ethisch-soziale Probleme, Bekämpfung des Alkoholmißbrauchs, der Prostitution und dergl. wünscht er geradezu den Einfluß der Frau. Daß in einer auf Jesu Lehre gegründeten Gemeinde kein Unter- schied gemacht werden dürfte zwischen Mann und Weib, hält

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
Anna Pfundt: Konvertierung nach DTA-Basisformat. (2015-08-06T11:00:00Z)

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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/286>, abgerufen am 12.05.2024.