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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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Einzelküche durch die Genossenschaftsküche zu ersetzen. Jn
Berlin ist diese Neu-Einrichtung bereits praktisch erprobt. Ein
Fortschritt sicher für solche Frauen, die die Not in einen Be-
ruf und die dieser Beruf aus dem Hause herauszwingt.

Aber soll man Aufgeben des Einzelhaushaltes auch für
die begüterten Klassen empfehlen? Die Neigung dazu ist in
frauenrechtlerischen Kreisen fraglos vorhanden.

Sparsamer, das ist sicher, würde die Genossenschaftsküche
sein. Statt einem Dutzend von Einzelküchen eine einzige, an
Stelle von zwölf Köchinnen eine, als Ersatz für zwölf Feuer-
stellen, die Holz und Kohlen verschlingen, wiederum nur eine ein-
zige. Und alles im Großen eingekauft, im Großen verwertet.
Wo die Frau berufstätig sein muß, ich wiederhole das, wo
die Mittel beschränkt sind, hat solche Zentralküche entschiedene
Vorteile. Aber wir geben doch Werte damit auf, mag man
sie immerhin Luxuswerte, Gefühlswerte nennen, die wir nicht
gar zu niedrig einschätzen dürfen: Jedes Jndividualisieren im
Haushalt, jedes Vergeistigen, Verfeinern, jedes die Konstitution
des Einzelnen freundlich berücksichtigende Auswählen gesund-
heitszuträglicher Speisen, jedes Eingehen auf die Liebhabereien
des Einzelnen. Es schmeckt uns niemals lange in ein und
demselben Hotel, das würde in der Zentralküche wohl ähn-
lich werden. Und, wie gesagt, Rücksichten aus Einzel-
wünsche könnten nicht genommen werden. Sonst würde der
Betrieb zu umständlich und damit zu teuer.

Aber die Zentralküche, so sagen die Anhängerinnen der
neuen Lehre, die der Frau die Möglichkeit der Berufsarbeit
außer dem Hause geben wollen, ist nicht unbedingt nötig. Die
Frauen könnten sich auch bezahlte Vertretung ins Haus neh-
men. Gut geschulte Hilfskräfte könnten sehr wohl für das
Hauswesen sorgen, während die Frau außer dem Hause einem

Einzelküche durch die Genossenschaftsküche zu ersetzen. Jn
Berlin ist diese Neu-Einrichtung bereits praktisch erprobt. Ein
Fortschritt sicher für solche Frauen, die die Not in einen Be-
ruf und die dieser Beruf aus dem Hause herauszwingt.

Aber soll man Aufgeben des Einzelhaushaltes auch für
die begüterten Klassen empfehlen? Die Neigung dazu ist in
frauenrechtlerischen Kreisen fraglos vorhanden.

Sparsamer, das ist sicher, würde die Genossenschaftsküche
sein. Statt einem Dutzend von Einzelküchen eine einzige, an
Stelle von zwölf Köchinnen eine, als Ersatz für zwölf Feuer-
stellen, die Holz und Kohlen verschlingen, wiederum nur eine ein-
zige. Und alles im Großen eingekauft, im Großen verwertet.
Wo die Frau berufstätig sein muß, ich wiederhole das, wo
die Mittel beschränkt sind, hat solche Zentralküche entschiedene
Vorteile. Aber wir geben doch Werte damit auf, mag man
sie immerhin Luxuswerte, Gefühlswerte nennen, die wir nicht
gar zu niedrig einschätzen dürfen: Jedes Jndividualisieren im
Haushalt, jedes Vergeistigen, Verfeinern, jedes die Konstitution
des Einzelnen freundlich berücksichtigende Auswählen gesund-
heitszuträglicher Speisen, jedes Eingehen auf die Liebhabereien
des Einzelnen. Es schmeckt uns niemals lange in ein und
demselben Hôtel, das würde in der Zentralküche wohl ähn-
lich werden. Und, wie gesagt, Rücksichten aus Einzel-
wünsche könnten nicht genommen werden. Sonst würde der
Betrieb zu umständlich und damit zu teuer.

Aber die Zentralküche, so sagen die Anhängerinnen der
neuen Lehre, die der Frau die Möglichkeit der Berufsarbeit
außer dem Hause geben wollen, ist nicht unbedingt nötig. Die
Frauen könnten sich auch bezahlte Vertretung ins Haus neh-
men. Gut geschulte Hilfskräfte könnten sehr wohl für das
Hauswesen sorgen, während die Frau außer dem Hause einem

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[220/0230] Einzelküche durch die Genossenschaftsküche zu ersetzen. Jn Berlin ist diese Neu-Einrichtung bereits praktisch erprobt. Ein Fortschritt sicher für solche Frauen, die die Not in einen Be- ruf und die dieser Beruf aus dem Hause herauszwingt. Aber soll man Aufgeben des Einzelhaushaltes auch für die begüterten Klassen empfehlen? Die Neigung dazu ist in frauenrechtlerischen Kreisen fraglos vorhanden. Sparsamer, das ist sicher, würde die Genossenschaftsküche sein. Statt einem Dutzend von Einzelküchen eine einzige, an Stelle von zwölf Köchinnen eine, als Ersatz für zwölf Feuer- stellen, die Holz und Kohlen verschlingen, wiederum nur eine ein- zige. Und alles im Großen eingekauft, im Großen verwertet. Wo die Frau berufstätig sein muß, ich wiederhole das, wo die Mittel beschränkt sind, hat solche Zentralküche entschiedene Vorteile. Aber wir geben doch Werte damit auf, mag man sie immerhin Luxuswerte, Gefühlswerte nennen, die wir nicht gar zu niedrig einschätzen dürfen: Jedes Jndividualisieren im Haushalt, jedes Vergeistigen, Verfeinern, jedes die Konstitution des Einzelnen freundlich berücksichtigende Auswählen gesund- heitszuträglicher Speisen, jedes Eingehen auf die Liebhabereien des Einzelnen. Es schmeckt uns niemals lange in ein und demselben Hôtel, das würde in der Zentralküche wohl ähn- lich werden. Und, wie gesagt, Rücksichten aus Einzel- wünsche könnten nicht genommen werden. Sonst würde der Betrieb zu umständlich und damit zu teuer. Aber die Zentralküche, so sagen die Anhängerinnen der neuen Lehre, die der Frau die Möglichkeit der Berufsarbeit außer dem Hause geben wollen, ist nicht unbedingt nötig. Die Frauen könnten sich auch bezahlte Vertretung ins Haus neh- men. Gut geschulte Hilfskräfte könnten sehr wohl für das Hauswesen sorgen, während die Frau außer dem Hause einem

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/230>, abgerufen am 28.04.2024.