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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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war, daß als Motiv dazu die Besorgnis angegeben wird, die
Eheflucht würde sich steigern, wenn man dem Manne das
Nutzungsrecht entziehe 1).

Als Härte wurde dann ferner empfunden, daß die Frau
wohl, wie ich schon sagte, das im eigenen Geschäft ver-
diente, das in Selbständig-Arbeit Errungene behalten und frei
verwenden kann, daß das Recht der Uebernahme solcher selb-
ständigen Arbeit aber ganz von der Zustimmung des Ehemanns
abhängig gemacht wurde, dem - wenn die Frau sich ohne sein
Wissen verpflichtet - Kündigungsrecht zusteht. Sobald er findet,
daß "die Leistungen der Frau die ehelichen Jnteressen beein-
trächtigen". Der Frau hingegen - so fügt Dernburg hinzu
steht, wenn sich der Mann zu einer von ihm in Person zu
erfüllenden Leistung verpflichtet, niemals ein Kündigungsrecht
zu, auch wenn pekuniäre Notwendigkeit zur Uebernahme nicht
vorliegt, und die ehelichen Jnteressen dadurch geschädigt
werden.

Die Frau ist ferner verpflichtet auch im Geschäft des
Mannes, soweit üblich, zu helfen. Was sie dabei erwirbt aber
gehört nicht ihr, sondern dem Manne oder fällt in die Güter-
gemeinschaft.

Der Mann kann weiterhin die Schlüsselgewalt der Frau
beschränken. Nicht etwa nur mit gerichtlicher Zustimmung,
sondern ohne weiteres. Die Frau kann dagegen freilich beim
Vormundschaftsgericht vorstellig werden. Aber nur durch Klage
kann sie sich schützen. Wie leicht wird es also auch hier dem
Manne, wie schwer wird es der Frau gemacht, sich gegen Miß-
brauch zu wehren.

Daß der Mann über das eingebrachte Gut der Frau frei
verfügt, erwähnte ich schon. Selbst wenn er entmündigt ist,

1) H. Dernburg, Deutsches Familienrecht. S. 123.

war, daß als Motiv dazu die Besorgnis angegeben wird, die
Eheflucht würde sich steigern, wenn man dem Manne das
Nutzungsrecht entziehe 1).

Als Härte wurde dann ferner empfunden, daß die Frau
wohl, wie ich schon sagte, das im eigenen Geschäft ver-
diente, das in Selbständig-Arbeit Errungene behalten und frei
verwenden kann, daß das Recht der Uebernahme solcher selb-
ständigen Arbeit aber ganz von der Zustimmung des Ehemanns
abhängig gemacht wurde, dem – wenn die Frau sich ohne sein
Wissen verpflichtet – Kündigungsrecht zusteht. Sobald er findet,
daß „die Leistungen der Frau die ehelichen Jnteressen beein-
trächtigen“. Der Frau hingegen – so fügt Dernburg hinzu
steht, wenn sich der Mann zu einer von ihm in Person zu
erfüllenden Leistung verpflichtet, niemals ein Kündigungsrecht
zu, auch wenn pekuniäre Notwendigkeit zur Uebernahme nicht
vorliegt, und die ehelichen Jnteressen dadurch geschädigt
werden.

Die Frau ist ferner verpflichtet auch im Geschäft des
Mannes, soweit üblich, zu helfen. Was sie dabei erwirbt aber
gehört nicht ihr, sondern dem Manne oder fällt in die Güter-
gemeinschaft.

Der Mann kann weiterhin die Schlüsselgewalt der Frau
beschränken. Nicht etwa nur mit gerichtlicher Zustimmung,
sondern ohne weiteres. Die Frau kann dagegen freilich beim
Vormundschaftsgericht vorstellig werden. Aber nur durch Klage
kann sie sich schützen. Wie leicht wird es also auch hier dem
Manne, wie schwer wird es der Frau gemacht, sich gegen Miß-
brauch zu wehren.

Daß der Mann über das eingebrachte Gut der Frau frei
verfügt, erwähnte ich schon. Selbst wenn er entmündigt ist,

1) H. Dernburg, Deutsches Familienrecht. S. 123.
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[203/0213] war, daß als Motiv dazu die Besorgnis angegeben wird, die Eheflucht würde sich steigern, wenn man dem Manne das Nutzungsrecht entziehe 1). Als Härte wurde dann ferner empfunden, daß die Frau wohl, wie ich schon sagte, das im eigenen Geschäft ver- diente, das in Selbständig-Arbeit Errungene behalten und frei verwenden kann, daß das Recht der Uebernahme solcher selb- ständigen Arbeit aber ganz von der Zustimmung des Ehemanns abhängig gemacht wurde, dem – wenn die Frau sich ohne sein Wissen verpflichtet – Kündigungsrecht zusteht. Sobald er findet, daß „die Leistungen der Frau die ehelichen Jnteressen beein- trächtigen“. Der Frau hingegen – so fügt Dernburg hinzu steht, wenn sich der Mann zu einer von ihm in Person zu erfüllenden Leistung verpflichtet, niemals ein Kündigungsrecht zu, auch wenn pekuniäre Notwendigkeit zur Uebernahme nicht vorliegt, und die ehelichen Jnteressen dadurch geschädigt werden. Die Frau ist ferner verpflichtet auch im Geschäft des Mannes, soweit üblich, zu helfen. Was sie dabei erwirbt aber gehört nicht ihr, sondern dem Manne oder fällt in die Güter- gemeinschaft. Der Mann kann weiterhin die Schlüsselgewalt der Frau beschränken. Nicht etwa nur mit gerichtlicher Zustimmung, sondern ohne weiteres. Die Frau kann dagegen freilich beim Vormundschaftsgericht vorstellig werden. Aber nur durch Klage kann sie sich schützen. Wie leicht wird es also auch hier dem Manne, wie schwer wird es der Frau gemacht, sich gegen Miß- brauch zu wehren. Daß der Mann über das eingebrachte Gut der Frau frei verfügt, erwähnte ich schon. Selbst wenn er entmündigt ist, 1) H. Dernburg, Deutsches Familienrecht. S. 123.

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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/213>, abgerufen am 27.04.2024.