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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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Weiterhin aber leidet auch die unverheiratete, allein-
stehende Frau unter zunehmendem Alkoholmißbrauch. Zunächst
dadurch, daß die öffentliche Sicherheit dadurch gefährdet wird,
daß der Alkohol die Zahl der Verbrechen und insbesondere
der Sittlichkeitsverbrechen vermehrt. Unter dem Einflusse des
Alkoholgenusses ist der Mensch nicht mehr Herr seiner selbst.
150000 aller strafrechtlich in einem Jahre zu ahndenden
Vergehen wurden infolge von Alkoholmißbrauch begangen.
Und die Sittlichkeitsvergehen, zu denen der Alkohol direkt
anreizt oder die von Leuten begangen werden, die sich herunter-
gelebt und heruntergetrunken, wen anders treffen sie als
Frauen?

Aber von solchen krassen Fällen abgesehen. Wenn ein
junger Mann, der Stolz und die Freude seiner Mutter, sinkt,
wenn er zum ersten Male der Prostitution anheimfällt, hat
nicht fast ausnahmslos der Alkohol den Kuppler gespielt, ihm
die Widerstandskraft geraubt? Wie viele der geschlechtlichen
Erkrankungen, die später auf Frau und Kinder übertragen
werden oder die - auch das trifft die Frau - einem
Mann die Heirat zur Unmöglichkeit machen
,
sind in halb bewußtlosem Zustand, im Alkoholrausche erworben?
Und um ein Mädchen zu Fall zu bringen, gibt es da ein
besseres Mittel - Wüstlinge machen daraus kein Hehl -
als ihr tüchtig zu trinken zu geben? Wahrlich, der Alko-
hol ist der schlimmste Feind der Frauen und ebenso der Kinder,
an denen nun doch einmal das Herz jeder Mutter hängt.
Darum tun die Frauen recht, den Kampf mit diesem gerade
dem deutschen Volke verhängnisvollsten Dämon mit aufzu-
nehmen.

Drei Milliarden werden in Deutschland jährlich für Alkohol
verausgabt. Das bedeutet, da die Mittel zu sonstigen Aus-

Weiterhin aber leidet auch die unverheiratete, allein-
stehende Frau unter zunehmendem Alkoholmißbrauch. Zunächst
dadurch, daß die öffentliche Sicherheit dadurch gefährdet wird,
daß der Alkohol die Zahl der Verbrechen und insbesondere
der Sittlichkeitsverbrechen vermehrt. Unter dem Einflusse des
Alkoholgenusses ist der Mensch nicht mehr Herr seiner selbst.
150000 aller strafrechtlich in einem Jahre zu ahndenden
Vergehen wurden infolge von Alkoholmißbrauch begangen.
Und die Sittlichkeitsvergehen, zu denen der Alkohol direkt
anreizt oder die von Leuten begangen werden, die sich herunter-
gelebt und heruntergetrunken, wen anders treffen sie als
Frauen?

Aber von solchen krassen Fällen abgesehen. Wenn ein
junger Mann, der Stolz und die Freude seiner Mutter, sinkt,
wenn er zum ersten Male der Prostitution anheimfällt, hat
nicht fast ausnahmslos der Alkohol den Kuppler gespielt, ihm
die Widerstandskraft geraubt? Wie viele der geschlechtlichen
Erkrankungen, die später auf Frau und Kinder übertragen
werden oder die – auch das trifft die Frau – einem
Mann die Heirat zur Unmöglichkeit machen
,
sind in halb bewußtlosem Zustand, im Alkoholrausche erworben?
Und um ein Mädchen zu Fall zu bringen, gibt es da ein
besseres Mittel – Wüstlinge machen daraus kein Hehl –
als ihr tüchtig zu trinken zu geben? Wahrlich, der Alko-
hol ist der schlimmste Feind der Frauen und ebenso der Kinder,
an denen nun doch einmal das Herz jeder Mutter hängt.
Darum tun die Frauen recht, den Kampf mit diesem gerade
dem deutschen Volke verhängnisvollsten Dämon mit aufzu-
nehmen.

Drei Milliarden werden in Deutschland jährlich für Alkohol
verausgabt. Das bedeutet, da die Mittel zu sonstigen Aus-

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[167/0177] Weiterhin aber leidet auch die unverheiratete, allein- stehende Frau unter zunehmendem Alkoholmißbrauch. Zunächst dadurch, daß die öffentliche Sicherheit dadurch gefährdet wird, daß der Alkohol die Zahl der Verbrechen und insbesondere der Sittlichkeitsverbrechen vermehrt. Unter dem Einflusse des Alkoholgenusses ist der Mensch nicht mehr Herr seiner selbst. 150000 aller strafrechtlich in einem Jahre zu ahndenden Vergehen wurden infolge von Alkoholmißbrauch begangen. Und die Sittlichkeitsvergehen, zu denen der Alkohol direkt anreizt oder die von Leuten begangen werden, die sich herunter- gelebt und heruntergetrunken, wen anders treffen sie als Frauen? Aber von solchen krassen Fällen abgesehen. Wenn ein junger Mann, der Stolz und die Freude seiner Mutter, sinkt, wenn er zum ersten Male der Prostitution anheimfällt, hat nicht fast ausnahmslos der Alkohol den Kuppler gespielt, ihm die Widerstandskraft geraubt? Wie viele der geschlechtlichen Erkrankungen, die später auf Frau und Kinder übertragen werden oder die – auch das trifft die Frau – einem Mann die Heirat zur Unmöglichkeit machen, sind in halb bewußtlosem Zustand, im Alkoholrausche erworben? Und um ein Mädchen zu Fall zu bringen, gibt es da ein besseres Mittel – Wüstlinge machen daraus kein Hehl – als ihr tüchtig zu trinken zu geben? Wahrlich, der Alko- hol ist der schlimmste Feind der Frauen und ebenso der Kinder, an denen nun doch einmal das Herz jeder Mutter hängt. Darum tun die Frauen recht, den Kampf mit diesem gerade dem deutschen Volke verhängnisvollsten Dämon mit aufzu- nehmen. Drei Milliarden werden in Deutschland jährlich für Alkohol verausgabt. Das bedeutet, da die Mittel zu sonstigen Aus-

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/177>, abgerufen am 02.05.2024.