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Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907.

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Lesezirkel, den die Konfirmanden bedienten, versorgte ich die Häuser mit kirchlichen und Missions-Blättern; mein Bücherdepot erleichterte den Bezug von Heil. Schriften und Gebetbüchern. Ein Missionsverein brachte ganz nennenswerthe Gaben auf.

Meine Anregung, für die Kranken- Armen- und Kinderpflege Diakonissen zu berufen fand reges Entgegenkommen und kräftige Unterstützung namentlich auch bei der Familie Kraemer. Zunächst wurden 2 Schwestern für St. Ingbert berufen, eine für die Kranken- und Armen-Pflege, die 2. für eine Klein-Kinder-Schule. Leider wurde deren, kaum begonnene Thätigkeit durch die Kriegsereignisse des Jahres 1866 unterbrochen, denn beide Schwestern wurden in Kriegslazarethe berufen.

Noch vor Beginn des Krieges waren wir in das fertig gestellte neue Pfarrhaus gezogen. Wie wohl war uns in den ausgiebigen Räumen! Als die Fundamente des Hauses aus der Erde wuchsen, wurde dessen Umfang als klein angesehen. "Unser Pfarrer baut sich ein Gartenhäuschen", so spotteten Vorübergehende. Als das Haus fertig war, hiess es: "Unser Herr Pfarrer hat sich einen Palast gebaut"! Die ganze Ausführung war solid, aber einfach. Grundsätzlich widerstand ich dem Drängen mancher Presbyter, reichere Steinhauerarbeit, moderne Gipserarbeit und dergl. anzubringen. Ein Pfarrhaus soll einfach gehalten sein, auch in seiner Möblierung. Unsere Einrichtung war einfach und ein Kollege, der meinte, ich sei fürstlich eingerichtet, bewies mit seiner Bemerkung nur, dass er wohl Bauernhäuser, aber keine besser eingerichteten, geschweige luxuriöse Bürger-- und Beamtenhäuser kannte.

Meiner lieben Frau that Luft und Licht im neuen Hause besonders wohl. War sie doch seit der Geburt unseres Ernst infolge einer Rippenfellentzündung und einer angegriffenen Lunge leidend. Eine 11wöchentliche Kur in Reichenhall hatte zwar sehr befriedigenden Erfolg, aber ihre Gesundheit war noch immer nicht fest. Später hatte sie mit Lungenentzündung, mit Magenleiden, mit schweren Krampfanfällen zu thun und unsere sehr tüchtigen Hausärzte und lieben Hausfreunde hatten sie beständig in Behandlung. Die Zeiten relativen Wohlbefindens waren kurz.

Lesezirkel, den die Konfirmanden bedienten, versorgte ich die Häuser mit kirchlichen und Missions-Blättern; mein Bücherdepot erleichterte den Bezug von Heil. Schriften und Gebetbüchern. Ein Missionsverein brachte ganz nennenswerthe Gaben auf.

Meine Anregung, für die Kranken- Armen- und Kinderpflege Diakonissen zu berufen fand reges Entgegenkommen und kräftige Unterstützung namentlich auch bei der Familie Kraemer. Zunächst wurden 2 Schwestern für St. Ingbert berufen, eine für die Kranken- und Armen-Pflege, die 2. für eine Klein-Kinder-Schule. Leider wurde deren, kaum begonnene Thätigkeit durch die Kriegsereignisse des Jahres 1866 unterbrochen, denn beide Schwestern wurden in Kriegslazarethe berufen.

Noch vor Beginn des Krieges waren wir in das fertig gestellte neue Pfarrhaus gezogen. Wie wohl war uns in den ausgiebigen Räumen! Als die Fundamente des Hauses aus der Erde wuchsen, wurde dessen Umfang als klein angesehen. "Unser Pfarrer baut sich ein Gartenhäuschen", so spotteten Vorübergehende. Als das Haus fertig war, hiess es: "Unser Herr Pfarrer hat sich einen Palast gebaut"! Die ganze Ausführung war solid, aber einfach. Grundsätzlich widerstand ich dem Drängen mancher Presbyter, reichere Steinhauerarbeit, moderne Gipserarbeit und dergl. anzubringen. Ein Pfarrhaus soll einfach gehalten sein, auch in seiner Möblierung. Unsere Einrichtung war einfach und ein Kollege, der meinte, ich sei fürstlich eingerichtet, bewies mit seiner Bemerkung nur, dass er wohl Bauernhäuser, aber keine besser eingerichteten, geschweige luxuriöse Bürger— und Beamtenhäuser kannte.

Meiner lieben Frau that Luft und Licht im neuen Hause besonders wohl. War sie doch seit der Geburt unseres Ernst infolge einer Rippenfellentzündung und einer angegriffenen Lunge leidend. Eine 11wöchentliche Kur in Reichenhall hatte zwar sehr befriedigenden Erfolg, aber ihre Gesundheit war noch immer nicht fest. Später hatte sie mit Lungenentzündung, mit Magenleiden, mit schweren Krampfanfällen zu thun und unsere sehr tüchtigen Hausärzte und lieben Hausfreunde hatten sie beständig in Behandlung. Die Zeiten relativen Wohlbefindens waren kurz.

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Lesezirkel, den die Konfirmanden bedienten, versorgte ich die Häuser mit kirchlichen und Missions-Blättern; mein Bücherdepot erleichterte den Bezug von Heil. Schriften und Gebetbüchern. Ein Missionsverein brachte ganz nennenswerthe Gaben auf.</p>
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        <p>Noch vor Beginn des Krieges waren wir in das fertig gestellte neue Pfarrhaus gezogen. Wie wohl war uns in den ausgiebigen Räumen! Als die Fundamente des Hauses aus der Erde wuchsen, wurde dessen Umfang als klein angesehen. "Unser Pfarrer baut sich ein Gartenhäuschen", so spotteten Vorübergehende. Als das Haus fertig war, hiess es: "Unser Herr Pfarrer hat sich einen Palast gebaut"! Die ganze Ausführung war solid, aber einfach. Grundsätzlich widerstand ich dem Drängen mancher Presbyter, reichere Steinhauerarbeit, moderne Gipserarbeit und dergl. anzubringen. Ein Pfarrhaus soll einfach gehalten sein, auch in seiner Möblierung. Unsere Einrichtung war einfach und ein Kollege, der meinte, ich sei fürstlich eingerichtet, bewies mit seiner Bemerkung nur, dass er wohl Bauernhäuser, aber keine besser eingerichteten, geschweige luxuriöse Bürger&#x2014; und Beamtenhäuser kannte.</p>
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[81/0081] Lesezirkel, den die Konfirmanden bedienten, versorgte ich die Häuser mit kirchlichen und Missions-Blättern; mein Bücherdepot erleichterte den Bezug von Heil. Schriften und Gebetbüchern. Ein Missionsverein brachte ganz nennenswerthe Gaben auf. Meine Anregung, für die Kranken- Armen- und Kinderpflege Diakonissen zu berufen fand reges Entgegenkommen und kräftige Unterstützung namentlich auch bei der Familie Kraemer. Zunächst wurden 2 Schwestern für St. Ingbert berufen, eine für die Kranken- und Armen-Pflege, die 2. für eine Klein-Kinder-Schule. Leider wurde deren, kaum begonnene Thätigkeit durch die Kriegsereignisse des Jahres 1866 unterbrochen, denn beide Schwestern wurden in Kriegslazarethe berufen. Noch vor Beginn des Krieges waren wir in das fertig gestellte neue Pfarrhaus gezogen. Wie wohl war uns in den ausgiebigen Räumen! Als die Fundamente des Hauses aus der Erde wuchsen, wurde dessen Umfang als klein angesehen. "Unser Pfarrer baut sich ein Gartenhäuschen", so spotteten Vorübergehende. Als das Haus fertig war, hiess es: "Unser Herr Pfarrer hat sich einen Palast gebaut"! Die ganze Ausführung war solid, aber einfach. Grundsätzlich widerstand ich dem Drängen mancher Presbyter, reichere Steinhauerarbeit, moderne Gipserarbeit und dergl. anzubringen. Ein Pfarrhaus soll einfach gehalten sein, auch in seiner Möblierung. Unsere Einrichtung war einfach und ein Kollege, der meinte, ich sei fürstlich eingerichtet, bewies mit seiner Bemerkung nur, dass er wohl Bauernhäuser, aber keine besser eingerichteten, geschweige luxuriöse Bürger— und Beamtenhäuser kannte. Meiner lieben Frau that Luft und Licht im neuen Hause besonders wohl. War sie doch seit der Geburt unseres Ernst infolge einer Rippenfellentzündung und einer angegriffenen Lunge leidend. Eine 11wöchentliche Kur in Reichenhall hatte zwar sehr befriedigenden Erfolg, aber ihre Gesundheit war noch immer nicht fest. Später hatte sie mit Lungenentzündung, mit Magenleiden, mit schweren Krampfanfällen zu thun und unsere sehr tüchtigen Hausärzte und lieben Hausfreunde hatten sie beständig in Behandlung. Die Zeiten relativen Wohlbefindens waren kurz.

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Zitationshilfe: Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krieger_lebenserinnerungen_1907/81>, abgerufen am 27.04.2024.