Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907.jungen Gemeinde Ordnung. Die Gottesdienste waren gut besucht. Meine erste Predigt hielt ich über 1 Kor. 2,1-5. Die Predigt machte Eindruck. Der Beetsaal füllte sich je mehr und mehr bis zu beängstigender Überfüllung. Ich durfte bald merken, dass ich das Vertrauen der Gemeinde gewann. In den hervorragenden Familien kam man mir sehr freundlich entgegen. Als ich die Gemeindeglieder, soweit man sie mir bezeichnete oder ich sie ausfindig machte, Haus für Haus besuchte, erregte dies überall Freude. Auch der katholische Pfarrer, Dechant Duy, empfing mich zuvorkommend. Er hatte den Ruf, ein römischer Eiferer zu sein, war es aber nicht. Nur hatte er seine Hand gerne in allen Angelegenheiten, auch die nicht seines Amtes waren und hatte als gescheiter, gewandter und energischer Mann grossen Elnfluss, aber er liess uns Protestanten unangefochten. Später hörte ich, dass er nach einigen meiner Leichenreden, die auch von Katholiken aufmerksam gehört wurden, davor warnte. Das Verhältnis zu der katholischen Bevölkerung war eher ein gutes. Der ganze Vikariatssprengel war früher ungemischt katholisch; erst seit 70 Jahren hatten sich einzelne Protestanten darin angesiedelt mit Ausnahme von Eschringen, wo schon lange wenige prot. Familien ansässig waren. Von fanatischem Eifer war äusserst selten etwas katholischerseits zu spüren. Eine Anzahl von besseren Familien in St. Ingbert kam dem prot. Vikar sehr freundlich entgegen. Die geringen Leute grüssten meist zuerst; wenn sie es nicht thaten, grüsste ich und beim Wiederbegegnen kamen sie sicher mit ihrem Grusse zuvor. Das freundliche und friedliche zwischen den Konfessionen zu pflegen und zu hüten, hielt ich für meine Aufgabe und wo sich protest. Übereifer und Katholikenfresserei regen wollten, trat ich ernstlich entgegen. Leider kamen später einige kath. Geistliche und Kapläne in den Vikariatssprengel, die es für ihre Amtspflicht hielten, uns Protestanten entgegenzutreten. Dies hätte vielleicht wenig Erfolg gehabt, wenn nicht das Wachsthum der prot. Seelenzahl und der Ausbau ihres Kirchenwesens die Furcht erweckt hätten, es könne die dominierende Stellung der Katholiken erschüttert werden. Dadurch wurde das Verhältnis gespannter. In den Stadtrat jungen Gemeinde Ordnung. Die Gottesdienste waren gut besucht. Meine erste Predigt hielt ich über 1 Kor. 2,1-5. Die Predigt machte Eindruck. Der Beetsaal füllte sich je mehr und mehr bis zu beängstigender Überfüllung. Ich durfte bald merken, dass ich das Vertrauen der Gemeinde gewann. In den hervorragenden Familien kam man mir sehr freundlich entgegen. Als ich die Gemeindeglieder, soweit man sie mir bezeichnete oder ich sie ausfindig machte, Haus für Haus besuchte, erregte dies überall Freude. Auch der katholische Pfarrer, Dechant Duy, empfing mich zuvorkommend. Er hatte den Ruf, ein römischer Eiferer zu sein, war es aber nicht. Nur hatte er seine Hand gerne in allen Angelegenheiten, auch die nicht seines Amtes waren und hatte als gescheiter, gewandter und energischer Mann grossen Elnfluss, aber er liess uns Protestanten unangefochten. Später hörte ich, dass er nach einigen meiner Leichenreden, die auch von Katholiken aufmerksam gehört wurden, davor warnte. Das Verhältnis zu der katholischen Bevölkerung war eher ein gutes. Der ganze Vikariatssprengel war früher ungemischt katholisch; erst seit 70 Jahren hatten sich einzelne Protestanten darin angesiedelt mit Ausnahme von Eschringen, wo schon lange wenige prot. Familien ansässig waren. Von fanatischem Eifer war äusserst selten etwas katholischerseits zu spüren. Eine Anzahl von besseren Familien in St. Ingbert kam dem prot. Vikar sehr freundlich entgegen. Die geringen Leute grüssten meist zuerst; wenn sie es nicht thaten, grüsste ich und beim Wiederbegegnen kamen sie sicher mit ihrem Grusse zuvor. Das freundliche und friedliche zwischen den Konfessionen zu pflegen und zu hüten, hielt ich für meine Aufgabe und wo sich protest. Übereifer und Katholikenfresserei regen wollten, trat ich ernstlich entgegen. Leider kamen später einige kath. Geistliche und Kapläne in den Vikariatssprengel, die es für ihre Amtspflicht hielten, uns Protestanten entgegenzutreten. Dies hätte vielleicht wenig Erfolg gehabt, wenn nicht das Wachsthum der prot. Seelenzahl und der Ausbau ihres Kirchenwesens die Furcht erweckt hätten, es könne die dominierende Stellung der Katholiken erschüttert werden. Dadurch wurde das Verhältnis gespannter. In den Stadtrat <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0049" n="49"/> jungen Gemeinde Ordnung.</p> <p>Die Gottesdienste waren gut besucht. Meine erste Predigt hielt ich über 1 Kor. 2,1-5. Die Predigt machte Eindruck. Der Beetsaal füllte sich je mehr und mehr bis zu beängstigender Überfüllung. Ich durfte bald merken, dass ich das Vertrauen der Gemeinde gewann. In den hervorragenden Familien kam man mir sehr freundlich entgegen. Als ich die Gemeindeglieder, soweit man sie mir bezeichnete oder ich sie ausfindig machte, Haus für Haus besuchte, erregte dies überall Freude. Auch der katholische Pfarrer, Dechant Duy, empfing mich zuvorkommend. Er hatte den Ruf, ein römischer Eiferer zu sein, war es aber nicht. Nur hatte er seine Hand gerne in allen Angelegenheiten, auch die nicht seines Amtes waren und hatte als gescheiter, gewandter und energischer Mann grossen Elnfluss, aber er liess uns Protestanten unangefochten. Später hörte ich, dass er nach einigen meiner Leichenreden, die auch von Katholiken aufmerksam gehört wurden, davor warnte.</p> <p>Das Verhältnis zu der katholischen Bevölkerung war eher ein gutes. Der ganze Vikariatssprengel war früher ungemischt katholisch; erst seit 70 Jahren hatten sich einzelne Protestanten darin angesiedelt mit Ausnahme von Eschringen, wo schon lange wenige prot. Familien ansässig waren. Von fanatischem Eifer war äusserst selten etwas katholischerseits zu spüren. Eine Anzahl von besseren Familien in St. Ingbert kam dem prot. Vikar sehr freundlich entgegen. Die geringen Leute grüssten meist zuerst; wenn sie es nicht thaten, grüsste ich und beim Wiederbegegnen kamen sie sicher mit ihrem Grusse zuvor. Das freundliche und friedliche zwischen den Konfessionen zu pflegen und zu hüten, hielt ich für meine Aufgabe und wo sich protest. Übereifer und Katholikenfresserei regen wollten, trat ich ernstlich entgegen. Leider kamen später einige kath. Geistliche und Kapläne in den Vikariatssprengel, die es für ihre Amtspflicht hielten, uns Protestanten entgegenzutreten. Dies hätte vielleicht wenig Erfolg gehabt, wenn nicht das Wachsthum der prot. Seelenzahl und der Ausbau ihres Kirchenwesens die Furcht erweckt hätten, es könne die dominierende Stellung der Katholiken erschüttert werden. Dadurch wurde das Verhältnis gespannter. In den Stadtrat </p> </div> </body> </text> </TEI> [49/0049]
jungen Gemeinde Ordnung.
Die Gottesdienste waren gut besucht. Meine erste Predigt hielt ich über 1 Kor. 2,1-5. Die Predigt machte Eindruck. Der Beetsaal füllte sich je mehr und mehr bis zu beängstigender Überfüllung. Ich durfte bald merken, dass ich das Vertrauen der Gemeinde gewann. In den hervorragenden Familien kam man mir sehr freundlich entgegen. Als ich die Gemeindeglieder, soweit man sie mir bezeichnete oder ich sie ausfindig machte, Haus für Haus besuchte, erregte dies überall Freude. Auch der katholische Pfarrer, Dechant Duy, empfing mich zuvorkommend. Er hatte den Ruf, ein römischer Eiferer zu sein, war es aber nicht. Nur hatte er seine Hand gerne in allen Angelegenheiten, auch die nicht seines Amtes waren und hatte als gescheiter, gewandter und energischer Mann grossen Elnfluss, aber er liess uns Protestanten unangefochten. Später hörte ich, dass er nach einigen meiner Leichenreden, die auch von Katholiken aufmerksam gehört wurden, davor warnte.
Das Verhältnis zu der katholischen Bevölkerung war eher ein gutes. Der ganze Vikariatssprengel war früher ungemischt katholisch; erst seit 70 Jahren hatten sich einzelne Protestanten darin angesiedelt mit Ausnahme von Eschringen, wo schon lange wenige prot. Familien ansässig waren. Von fanatischem Eifer war äusserst selten etwas katholischerseits zu spüren. Eine Anzahl von besseren Familien in St. Ingbert kam dem prot. Vikar sehr freundlich entgegen. Die geringen Leute grüssten meist zuerst; wenn sie es nicht thaten, grüsste ich und beim Wiederbegegnen kamen sie sicher mit ihrem Grusse zuvor. Das freundliche und friedliche zwischen den Konfessionen zu pflegen und zu hüten, hielt ich für meine Aufgabe und wo sich protest. Übereifer und Katholikenfresserei regen wollten, trat ich ernstlich entgegen. Leider kamen später einige kath. Geistliche und Kapläne in den Vikariatssprengel, die es für ihre Amtspflicht hielten, uns Protestanten entgegenzutreten. Dies hätte vielleicht wenig Erfolg gehabt, wenn nicht das Wachsthum der prot. Seelenzahl und der Ausbau ihres Kirchenwesens die Furcht erweckt hätten, es könne die dominierende Stellung der Katholiken erschüttert werden. Dadurch wurde das Verhältnis gespannter. In den Stadtrat
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