Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907.VIII Pfarrerszeit 1871 - 1881. Der Krieg hatte keine Anregung in kirchlicher oder religiöser Beziehung gebracht, aber auch keinen Schaden. Kaiser Wilhelms I beständige Hinweisung auf Gottes gnädige Fügung und auf seine spürbare Hilfe hielt den Übermuth zurück und öffnete bei entscheidenden Wendungen die Augen, dass selbst sonst blinde und für Gottes Walten trübe Augen die Hand Gottes erkannten. Besonderen Eindruck machte das Standhalten des 3. Armeekorps bei Mars-la-Tour, das rechtzeitige Eintreffen der Pommern bei Gravelotte, das gelungene Abgedrängtwerden der franz. Armee von der belgischen Gränze bei Sedan, das rechtzeitige Freiwerden der Metzer Zernierungsarmee für den 2. Theil des Loire-Feldzuges und der fast wunderbare Widerstand Werders gegen Bourbackis Südarmee. Im Pfarrhause zu St. Ingbert gab es kurz nach dem Friedensschlusse noch recht schwere Tage durch die Einschleppung dar schwarzen Blattern im Zusammenhang mit dem Eintritt eines Pflegekindes in die Pfarrfamilie. Der Wunsch meiner Frau, ein Töchterchen zu haben, war versagt geblieben. Da ergriff sie mit mir die Gelegenheit, ein Pflegekind zu erhalten und zugleich einem verwaisten Kinde ein Heim zu bieten. Dies fügte sich durch unser Bekanntwerden mit Fräulein Weimann aus Köln a/RH., welche als Haushälterin bei dem Pächter Wedekind auf dem Ensheimer Hofe war. Frl. Weimann wohnte regelmässig den Gottesdiensten in Ensheim bei, kam gelegentlich auch in unser Haus und blieb bei ihrem Abgange vom Ensheimer Hof einige Tage bei uns. Im Jahre 1871 theilte sie uns mit, dass ihr Schwager Gross, Hausvater einer Rettungsanstalt, samt seiner Frau gestorben sei unter Zurücklassung mehrerer Kinder, darunter zweier Mädchen von 6 und 4 Jahren. Wir sahen darin einen Gotteswink und erbaten uns das ältere Mädchen. Frl. Weimann brachte zu unserer Überraschung beide Mädchen, um sie beide bei uns zu lassen. Das ging nun nicht, aber eine Zeit lang blieben doch alle 3 bei uns. VIII Pfarrerszeit 1871 - 1881. Der Krieg hatte keine Anregung in kirchlicher oder religiöser Beziehung gebracht, aber auch keinen Schaden. Kaiser Wilhelms I beständige Hinweisung auf Gottes gnädige Fügung und auf seine spürbare Hilfe hielt den Übermuth zurück und öffnete bei entscheidenden Wendungen die Augen, dass selbst sonst blinde und für Gottes Walten trübe Augen die Hand Gottes erkannten. Besonderen Eindruck machte das Standhalten des 3. Armeekorps bei Mars-la-Tour, das rechtzeitige Eintreffen der Pommern bei Gravelotte, das gelungene Abgedrängtwerden der franz. Armee von der belgischen Gränze bei Sedan, das rechtzeitige Freiwerden der Metzer Zernierungsarmee für den 2. Theil des Loire-Feldzuges und der fast wunderbare Widerstand Werders gegen Bourbackis Südarmee. Im Pfarrhause zu St. Ingbert gab es kurz nach dem Friedensschlusse noch recht schwere Tage durch die Einschleppung dar schwarzen Blattern im Zusammenhang mit dem Eintritt eines Pflegekindes in die Pfarrfamilie. Der Wunsch meiner Frau, ein Töchterchen zu haben, war versagt geblieben. Da ergriff sie mit mir die Gelegenheit, ein Pflegekind zu erhalten und zugleich einem verwaisten Kinde ein Heim zu bieten. Dies fügte sich durch unser Bekanntwerden mit Fräulein Weimann aus Köln a/RH., welche als Haushälterin bei dem Pächter Wedekind auf dem Ensheimer Hofe war. Frl. Weimann wohnte regelmässig den Gottesdiensten in Ensheim bei, kam gelegentlich auch in unser Haus und blieb bei ihrem Abgange vom Ensheimer Hof einige Tage bei uns. Im Jahre 1871 theilte sie uns mit, dass ihr Schwager Gross, Hausvater einer Rettungsanstalt, samt seiner Frau gestorben sei unter Zurücklassung mehrerer Kinder, darunter zweier Mädchen von 6 und 4 Jahren. Wir sahen darin einen Gotteswink und erbaten uns das ältere Mädchen. Frl. Weimann brachte zu unserer Überraschung beide Mädchen, um sie beide bei uns zu lassen. Das ging nun nicht, aber eine Zeit lang blieben doch alle 3 bei uns. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0102" n="102"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#u">VIII Pfarrerszeit 1871 - 1881.</hi> </head><lb/> <p>Der Krieg hatte keine Anregung in kirchlicher oder religiöser Beziehung gebracht, aber auch keinen Schaden. Kaiser Wilhelms I beständige Hinweisung auf Gottes gnädige Fügung und auf seine spürbare Hilfe hielt den Übermuth zurück und öffnete bei entscheidenden Wendungen die Augen, dass selbst sonst blinde und für Gottes Walten trübe Augen die Hand Gottes erkannten. Besonderen Eindruck machte das Standhalten des 3. Armeekorps bei Mars-la-Tour, das rechtzeitige Eintreffen der Pommern bei Gravelotte, das gelungene Abgedrängtwerden der franz. Armee von der belgischen Gränze bei Sedan, das rechtzeitige Freiwerden der Metzer Zernierungsarmee für den 2. Theil des Loire-Feldzuges und der fast wunderbare Widerstand Werders gegen Bourbackis Südarmee.</p> <p>Im Pfarrhause zu St. Ingbert gab es kurz nach dem Friedensschlusse noch recht schwere Tage durch die Einschleppung dar schwarzen Blattern im Zusammenhang mit dem Eintritt eines Pflegekindes in die Pfarrfamilie.</p> <p>Der Wunsch meiner Frau, ein Töchterchen zu haben, war versagt geblieben. Da ergriff sie mit mir die Gelegenheit, ein Pflegekind zu erhalten und zugleich einem verwaisten Kinde ein Heim zu bieten. Dies fügte sich durch unser Bekanntwerden mit Fräulein Weimann aus Köln a/RH., welche als Haushälterin bei dem Pächter Wedekind auf dem Ensheimer Hofe war. Frl. Weimann wohnte regelmässig den Gottesdiensten in Ensheim bei, kam gelegentlich auch in unser Haus und blieb bei ihrem Abgange vom Ensheimer Hof einige Tage bei uns. Im Jahre 1871 theilte sie uns mit, dass ihr Schwager Gross, Hausvater einer Rettungsanstalt, samt seiner Frau gestorben sei unter Zurücklassung mehrerer Kinder, darunter zweier Mädchen von 6 und 4 Jahren. Wir sahen darin einen Gotteswink und erbaten uns das ältere Mädchen. Frl. Weimann brachte zu unserer Überraschung beide Mädchen, um sie beide bei uns zu lassen. Das ging nun nicht, aber eine Zeit lang blieben doch alle 3 bei uns. </p> </div> </body> </text> </TEI> [102/0102]
VIII Pfarrerszeit 1871 - 1881.
Der Krieg hatte keine Anregung in kirchlicher oder religiöser Beziehung gebracht, aber auch keinen Schaden. Kaiser Wilhelms I beständige Hinweisung auf Gottes gnädige Fügung und auf seine spürbare Hilfe hielt den Übermuth zurück und öffnete bei entscheidenden Wendungen die Augen, dass selbst sonst blinde und für Gottes Walten trübe Augen die Hand Gottes erkannten. Besonderen Eindruck machte das Standhalten des 3. Armeekorps bei Mars-la-Tour, das rechtzeitige Eintreffen der Pommern bei Gravelotte, das gelungene Abgedrängtwerden der franz. Armee von der belgischen Gränze bei Sedan, das rechtzeitige Freiwerden der Metzer Zernierungsarmee für den 2. Theil des Loire-Feldzuges und der fast wunderbare Widerstand Werders gegen Bourbackis Südarmee.
Im Pfarrhause zu St. Ingbert gab es kurz nach dem Friedensschlusse noch recht schwere Tage durch die Einschleppung dar schwarzen Blattern im Zusammenhang mit dem Eintritt eines Pflegekindes in die Pfarrfamilie.
Der Wunsch meiner Frau, ein Töchterchen zu haben, war versagt geblieben. Da ergriff sie mit mir die Gelegenheit, ein Pflegekind zu erhalten und zugleich einem verwaisten Kinde ein Heim zu bieten. Dies fügte sich durch unser Bekanntwerden mit Fräulein Weimann aus Köln a/RH., welche als Haushälterin bei dem Pächter Wedekind auf dem Ensheimer Hofe war. Frl. Weimann wohnte regelmässig den Gottesdiensten in Ensheim bei, kam gelegentlich auch in unser Haus und blieb bei ihrem Abgange vom Ensheimer Hof einige Tage bei uns. Im Jahre 1871 theilte sie uns mit, dass ihr Schwager Gross, Hausvater einer Rettungsanstalt, samt seiner Frau gestorben sei unter Zurücklassung mehrerer Kinder, darunter zweier Mädchen von 6 und 4 Jahren. Wir sahen darin einen Gotteswink und erbaten uns das ältere Mädchen. Frl. Weimann brachte zu unserer Überraschung beide Mädchen, um sie beide bei uns zu lassen. Das ging nun nicht, aber eine Zeit lang blieben doch alle 3 bei uns.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-01-14T12:32:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-14T12:32:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-01-14T12:32:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |