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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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habe, denn ein richtiger Nachtwächter dürfe ohne Spieß nicht
ausgehen . . . In seiner Herzensangst ließ der kleine Wenzel
-- denn er ist nämlich sehr klein und hat bei den
"Maikäfern" gedient -- die Nothpfeife ertönen, und nun
konnten wir nicht länger den Dingen ruhig zuschauen. Ich
also vorwärts, und Liebegott immer langsam hinterdrein.
Von allen Seiten kamen nun die Nachtwächter und Schutz¬
leute herbei, und die ganze Gesellschaft mußte nach der Revier¬
wache. Keiner von ihnen konnte gerade stehen, alle aber
wollten durchaus ganz nüchtern sein und immer Recht haben.
Dabei berief sich Jeder darauf, daß er Student sei und kein
Mensch ihm etwas anhaben könne. Die Titel der Väter
spielten dabei auch ein: große Rolle. Wer aber am wenigsten
nüchtern war und am lautesten schrie, war Herr Franz.
Fortwährend sagte er: haben mir garnichts zu sagen ...
Ich bin der zukünftige Schwiegersohn von Herrn Urban,
dem reichen Fabrikbesitzer, verstehen Sie? . . . Der wird
Ihnen das schon besorgen" . . . Ich habe lachen müssen!
Der "Schwiegersohn" mußte alle Augenblicke herhalten. Ich
habe dann Ihrem Sohne sehr gut zugeredet, aber es half
nichts. Im Gegentheil -- er fuhr auch mir über den Mund
und geberdete sich wie ein Unsinniger. Das hat mir am
wehesten gethan. Wie lange er mit den Anderen auf der
Wache blieb, das weiß ich nicht; denn Liebegott und ich sind
wieder unserem Berufe nachgegangen. Vielleicht war's nicht
recht, daß ich dies alles erzählt habe; aber ich sagte mir:
Krusemeyer, thue es lieber, es kann mehr nützen als schaden".

Während Krusemeyer erzählte, hatte das Ehepaar seine
Heiterkeit nicht verbergen können. So sehr auch der Meister
und sein Weib bestürzt waren, als sie vernahmen, daß ihr

habe, denn ein richtiger Nachtwächter dürfe ohne Spieß nicht
ausgehen . . . In ſeiner Herzensangſt ließ der kleine Wenzel
— denn er iſt nämlich ſehr klein und hat bei den
„Maikäfern“ gedient — die Nothpfeife ertönen, und nun
konnten wir nicht länger den Dingen ruhig zuſchauen. Ich
alſo vorwärts, und Liebegott immer langſam hinterdrein.
Von allen Seiten kamen nun die Nachtwächter und Schutz¬
leute herbei, und die ganze Geſellſchaft mußte nach der Revier¬
wache. Keiner von ihnen konnte gerade ſtehen, alle aber
wollten durchaus ganz nüchtern ſein und immer Recht haben.
Dabei berief ſich Jeder darauf, daß er Student ſei und kein
Menſch ihm etwas anhaben könne. Die Titel der Väter
ſpielten dabei auch ein: große Rolle. Wer aber am wenigſten
nüchtern war und am lauteſten ſchrie, war Herr Franz.
Fortwährend ſagte er: haben mir garnichts zu ſagen ...
Ich bin der zukünftige Schwiegerſohn von Herrn Urban,
dem reichen Fabrikbeſitzer, verſtehen Sie? . . . Der wird
Ihnen das ſchon beſorgen“ . . . Ich habe lachen müſſen!
Der „Schwiegerſohn“ mußte alle Augenblicke herhalten. Ich
habe dann Ihrem Sohne ſehr gut zugeredet, aber es half
nichts. Im Gegentheil — er fuhr auch mir über den Mund
und geberdete ſich wie ein Unſinniger. Das hat mir am
weheſten gethan. Wie lange er mit den Anderen auf der
Wache blieb, das weiß ich nicht; denn Liebegott und ich ſind
wieder unſerem Berufe nachgegangen. Vielleicht war's nicht
recht, daß ich dies alles erzählt habe; aber ich ſagte mir:
Kruſemeyer, thue es lieber, es kann mehr nützen als ſchaden“.

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Heiterkeit nicht verbergen können. So ſehr auch der Meiſter
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[85/0097] habe, denn ein richtiger Nachtwächter dürfe ohne Spieß nicht ausgehen . . . In ſeiner Herzensangſt ließ der kleine Wenzel — denn er iſt nämlich ſehr klein und hat bei den „Maikäfern“ gedient — die Nothpfeife ertönen, und nun konnten wir nicht länger den Dingen ruhig zuſchauen. Ich alſo vorwärts, und Liebegott immer langſam hinterdrein. Von allen Seiten kamen nun die Nachtwächter und Schutz¬ leute herbei, und die ganze Geſellſchaft mußte nach der Revier¬ wache. Keiner von ihnen konnte gerade ſtehen, alle aber wollten durchaus ganz nüchtern ſein und immer Recht haben. Dabei berief ſich Jeder darauf, daß er Student ſei und kein Menſch ihm etwas anhaben könne. Die Titel der Väter ſpielten dabei auch ein: große Rolle. Wer aber am wenigſten nüchtern war und am lauteſten ſchrie, war Herr Franz. Fortwährend ſagte er: haben mir garnichts zu ſagen ... Ich bin der zukünftige Schwiegerſohn von Herrn Urban, dem reichen Fabrikbeſitzer, verſtehen Sie? . . . Der wird Ihnen das ſchon beſorgen“ . . . Ich habe lachen müſſen! Der „Schwiegerſohn“ mußte alle Augenblicke herhalten. Ich habe dann Ihrem Sohne ſehr gut zugeredet, aber es half nichts. Im Gegentheil — er fuhr auch mir über den Mund und geberdete ſich wie ein Unſinniger. Das hat mir am weheſten gethan. Wie lange er mit den Anderen auf der Wache blieb, das weiß ich nicht; denn Liebegott und ich ſind wieder unſerem Berufe nachgegangen. Vielleicht war's nicht recht, daß ich dies alles erzählt habe; aber ich ſagte mir: Kruſemeyer, thue es lieber, es kann mehr nützen als ſchaden“. Während Kruſemeyer erzählte, hatte das Ehepaar ſeine Heiterkeit nicht verbergen können. So ſehr auch der Meiſter und ſein Weib beſtürzt waren, als ſie vernahmen, daß ihr

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/97>, abgerufen am 24.11.2024.