vorkam, der thun und lassen kann, was er will. Eines Tages trug er sehr auffallend ein Stück bunten Bandes an seiner Uhrkette, einen sogenannten "Bierknoten". Er war nämlich einer Vereinigung von jungen Leuten bei¬ getreten, deren Mitglieder neben vielem Biertrinken das hauptsächlichste Bestreben zeigten, studentische Manieren nach¬ zuahmen. Den Rock weit zurückgeschlagen, die Hände in den Hosentaschen haltend, schritt er in der Mittagsstunde prahlerisch vor den Fenstern der Werkstatt auf und ab, so daß die Ge¬ sellen eine neue Veranlassung gefunden hatten, ihre Witze über ihn zu machen.
"Hausaffen tragen gewöhnlich bunte Bänder", sagte der kleine Sachse sofort, als er ihn erblickte, worauf der Berliner seinem unvermeidlichen "Det stimmt", diesmal hinzufügte: "Und was für welche!" -- eine Bemerkung, aus der man nicht genau entnehmen konnte, ob sie sich auf die Bänder oder Affen beziehe.
Selbst der ernste Thomas Beyer konnte sich eines Lächelns nicht erwehren. Franz aber fand durchaus nicht, daß er sich lächerlich mache, sondern blähte sich wie ein Pfau und zog alle zwei Minuten die Uhr hervor, um das Abzeichen seiner neuen Würde erst recht in's Auge fallen zu lassen. Meister Timpe theilte das Urtheil seiner Leute nicht. Als sein Sohn ihm die Bedeutung der Farben auseinandersetzte und dabei fortwährend die Worte "Student" und "Kommilitonen" im Munde führte, hörte er aufmerksam zu und freute sich dar¬ über, daß sein Einziger in solch' "gute Gesellschaft" ge¬ rathen sei.
"Das Schönste dabei ist, Vater, daß man mich immer für einen jungen Offizier hält. Sehe ich denn wirklich so aus?"
vorkam, der thun und laſſen kann, was er will. Eines Tages trug er ſehr auffallend ein Stück bunten Bandes an ſeiner Uhrkette, einen ſogenannten „Bierknoten“. Er war nämlich einer Vereinigung von jungen Leuten bei¬ getreten, deren Mitglieder neben vielem Biertrinken das hauptſächlichſte Beſtreben zeigten, ſtudentiſche Manieren nach¬ zuahmen. Den Rock weit zurückgeſchlagen, die Hände in den Hoſentaſchen haltend, ſchritt er in der Mittagsſtunde prahleriſch vor den Fenſtern der Werkſtatt auf und ab, ſo daß die Ge¬ ſellen eine neue Veranlaſſung gefunden hatten, ihre Witze über ihn zu machen.
„Hausaffen tragen gewöhnlich bunte Bänder“, ſagte der kleine Sachſe ſofort, als er ihn erblickte, worauf der Berliner ſeinem unvermeidlichen „Det ſtimmt“, diesmal hinzufügte: „Und was für welche!“ — eine Bemerkung, aus der man nicht genau entnehmen konnte, ob ſie ſich auf die Bänder oder Affen beziehe.
Selbſt der ernſte Thomas Beyer konnte ſich eines Lächelns nicht erwehren. Franz aber fand durchaus nicht, daß er ſich lächerlich mache, ſondern blähte ſich wie ein Pfau und zog alle zwei Minuten die Uhr hervor, um das Abzeichen ſeiner neuen Würde erſt recht in's Auge fallen zu laſſen. Meiſter Timpe theilte das Urtheil ſeiner Leute nicht. Als ſein Sohn ihm die Bedeutung der Farben auseinanderſetzte und dabei fortwährend die Worte „Student“ und „Kommilitonen“ im Munde führte, hörte er aufmerkſam zu und freute ſich dar¬ über, daß ſein Einziger in ſolch' „gute Geſellſchaft“ ge¬ rathen ſei.
„Das Schönſte dabei iſt, Vater, daß man mich immer für einen jungen Offizier hält. Sehe ich denn wirklich ſo aus?“
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vorkam, der thun und laſſen kann, was er will. Eines
Tages trug er ſehr auffallend ein Stück bunten
Bandes an ſeiner Uhrkette, einen ſogenannten „Bierknoten“.
Er war nämlich einer Vereinigung von jungen Leuten bei¬
getreten, deren Mitglieder neben vielem Biertrinken das
hauptſächlichſte Beſtreben zeigten, ſtudentiſche Manieren nach¬
zuahmen. Den Rock weit zurückgeſchlagen, die Hände in den
Hoſentaſchen haltend, ſchritt er in der Mittagsſtunde prahleriſch
vor den Fenſtern der Werkſtatt auf und ab, ſo daß die Ge¬
ſellen eine neue Veranlaſſung gefunden hatten, ihre Witze
über ihn zu machen.
„Hausaffen tragen gewöhnlich bunte Bänder“, ſagte der
kleine Sachſe ſofort, als er ihn erblickte, worauf der Berliner
ſeinem unvermeidlichen „Det ſtimmt“, diesmal hinzufügte:
„Und was für welche!“ — eine Bemerkung, aus der man
nicht genau entnehmen konnte, ob ſie ſich auf die Bänder
oder Affen beziehe.
Selbſt der ernſte Thomas Beyer konnte ſich eines Lächelns
nicht erwehren. Franz aber fand durchaus nicht, daß er ſich
lächerlich mache, ſondern blähte ſich wie ein Pfau und zog
alle zwei Minuten die Uhr hervor, um das Abzeichen ſeiner
neuen Würde erſt recht in's Auge fallen zu laſſen. Meiſter
Timpe theilte das Urtheil ſeiner Leute nicht. Als ſein Sohn
ihm die Bedeutung der Farben auseinanderſetzte und dabei
fortwährend die Worte „Student“ und „Kommilitonen“ im
Munde führte, hörte er aufmerkſam zu und freute ſich dar¬
über, daß ſein Einziger in ſolch' „gute Geſellſchaft“ ge¬
rathen ſei.
„Das Schönſte dabei iſt, Vater, daß man mich immer für
einen jungen Offizier hält. Sehe ich denn wirklich ſo aus?“
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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/92>, abgerufen am 24.11.2024.
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