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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Besondere Thierzuchtlehre.
[Abbildung] Fig. 141.

Wellenuntreue Wollhaare. --
a. unterbrochen wellentreu, b. oben wel-
lenuntreu, c. unten wellenuntreu, d. ge-
zwirnt.

4. Die Höhe und Länge. Unter der
Höhe des Wollhaares versteht man die Entfer-
nung, welche das Haar von der Haut bis zur
Spitze im gekräuselten, unter Länge in ausgestrecktem,
jedoch nicht gedehntem Zustande, von einer Schur
zur anderen erreicht. Die Höhe der Wolle ist
nicht an allen Körperstellen gleich, selbst neben ein-
ander stehende Wollhaare zeigen große Ungleich-
heiten. Am kürzesten ist die Bauchwolle. Bei der
Merinowolle messen sehr hohe Wollen 5--6 Cm.,
hohe 4--5 Cm., mittelhohe 3--4 Cm., unter-
mittel 2.5--3 Cm. und niedrige 1.5--2.5 Cm.
Nach der Höhe und Länge des Wollhaares richtet
sich die Eignung der Wolle für verschiedene Fabricationszweige. Wollen, welche eine
Höhe über 6--8 Cm. erreichen, eignen sich für die Kammgarnfabrication, die mit
4.5--5.9 Cm. darunter bleiben für mehrseitigen Gebrauch, und die eine Höhe von
4--4.5 Cm. besitzen, für die Tuchfabrication.

Nach Untersuchungen von Dr. G. Wilhelm ergaben verschiedene Wollen in Betreff
der Höhe und Länge folgende Resultate:

[Tabelle]

Nach Untersuchungen von v. Nathusius 1) wechselt die Länge verschiedener Wollen in
nachstehender Weise:

[Tabelle]

5. Die Tragkraft und Dehnbarkeit. Diese Eigenschaften des Wollhaares
werden auch gemeinhin als "Kraft der Wolle" bezeichnet. Von denselben hängen die
Widerstandsfähigkeit der Wolle bei der Verarbeitung und die Haltbarkeit der aus
dieser Wolle gefertigten Stoffe ab. Die Tragkraft, d. i. die Größe der Belastung,
bei welcher das Haar reißt, ist im Allgemeinen bei feineren Haaren geringer als bei
gröberen Haaren, jedoch bei den Wollhaaren ein und desselben Stränchens sehr ver-
schieden. Die Flaumhaare zeigen in der Regel größere Festigkeit als die Oberhaare.

1) W. v. Nathusius-Königsborn, Das Wollhaar des Schafes in histologischer und
technischer Beziehung. Berlin 1866.
Beſondere Thierzuchtlehre.
[Abbildung] Fig. 141.

Wellenuntreue Wollhaare. —
a. unterbrochen wellentreu, b. oben wel-
lenuntreu, c. unten wellenuntreu, d. ge-
zwirnt.

4. Die Höhe und Länge. Unter der
Höhe des Wollhaares verſteht man die Entfer-
nung, welche das Haar von der Haut bis zur
Spitze im gekräuſelten, unter Länge in ausgeſtrecktem,
jedoch nicht gedehntem Zuſtande, von einer Schur
zur anderen erreicht. Die Höhe der Wolle iſt
nicht an allen Körperſtellen gleich, ſelbſt neben ein-
ander ſtehende Wollhaare zeigen große Ungleich-
heiten. Am kürzeſten iſt die Bauchwolle. Bei der
Merinowolle meſſen ſehr hohe Wollen 5—6 Cm.,
hohe 4—5 Cm., mittelhohe 3—4 Cm., unter-
mittel 2.5—3 Cm. und niedrige 1.5—2.5 Cm.
Nach der Höhe und Länge des Wollhaares richtet
ſich die Eignung der Wolle für verſchiedene Fabricationszweige. Wollen, welche eine
Höhe über 6—8 Cm. erreichen, eignen ſich für die Kammgarnfabrication, die mit
4.5—5.9 Cm. darunter bleiben für mehrſeitigen Gebrauch, und die eine Höhe von
4—4.5 Cm. beſitzen, für die Tuchfabrication.

Nach Unterſuchungen von Dr. G. Wilhelm ergaben verſchiedene Wollen in Betreff
der Höhe und Länge folgende Reſultate:

[Tabelle]

Nach Unterſuchungen von v. Nathuſius 1) wechſelt die Länge verſchiedener Wollen in
nachſtehender Weiſe:

[Tabelle]

5. Die Tragkraft und Dehnbarkeit. Dieſe Eigenſchaften des Wollhaares
werden auch gemeinhin als „Kraft der Wolle“ bezeichnet. Von denſelben hängen die
Widerſtandsfähigkeit der Wolle bei der Verarbeitung und die Haltbarkeit der aus
dieſer Wolle gefertigten Stoffe ab. Die Tragkraft, d. i. die Größe der Belaſtung,
bei welcher das Haar reißt, iſt im Allgemeinen bei feineren Haaren geringer als bei
gröberen Haaren, jedoch bei den Wollhaaren ein und deſſelben Stränchens ſehr ver-
ſchieden. Die Flaumhaare zeigen in der Regel größere Feſtigkeit als die Oberhaare.

1) W. v. Nathuſius-Königsborn, Das Wollhaar des Schafes in hiſtologiſcher und
techniſcher Beziehung. Berlin 1866.
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[186/0202] Beſondere Thierzuchtlehre. [Abbildung Fig. 141. Wellenuntreue Wollhaare. — a. unterbrochen wellentreu, b. oben wel- lenuntreu, c. unten wellenuntreu, d. ge- zwirnt.] 4. Die Höhe und Länge. Unter der Höhe des Wollhaares verſteht man die Entfer- nung, welche das Haar von der Haut bis zur Spitze im gekräuſelten, unter Länge in ausgeſtrecktem, jedoch nicht gedehntem Zuſtande, von einer Schur zur anderen erreicht. Die Höhe der Wolle iſt nicht an allen Körperſtellen gleich, ſelbſt neben ein- ander ſtehende Wollhaare zeigen große Ungleich- heiten. Am kürzeſten iſt die Bauchwolle. Bei der Merinowolle meſſen ſehr hohe Wollen 5—6 Cm., hohe 4—5 Cm., mittelhohe 3—4 Cm., unter- mittel 2.5—3 Cm. und niedrige 1.5—2.5 Cm. Nach der Höhe und Länge des Wollhaares richtet ſich die Eignung der Wolle für verſchiedene Fabricationszweige. Wollen, welche eine Höhe über 6—8 Cm. erreichen, eignen ſich für die Kammgarnfabrication, die mit 4.5—5.9 Cm. darunter bleiben für mehrſeitigen Gebrauch, und die eine Höhe von 4—4.5 Cm. beſitzen, für die Tuchfabrication. Nach Unterſuchungen von Dr. G. Wilhelm ergaben verſchiedene Wollen in Betreff der Höhe und Länge folgende Reſultate: Nach Unterſuchungen von v. Nathuſius 1) wechſelt die Länge verſchiedener Wollen in nachſtehender Weiſe: 5. Die Tragkraft und Dehnbarkeit. Dieſe Eigenſchaften des Wollhaares werden auch gemeinhin als „Kraft der Wolle“ bezeichnet. Von denſelben hängen die Widerſtandsfähigkeit der Wolle bei der Verarbeitung und die Haltbarkeit der aus dieſer Wolle gefertigten Stoffe ab. Die Tragkraft, d. i. die Größe der Belaſtung, bei welcher das Haar reißt, iſt im Allgemeinen bei feineren Haaren geringer als bei gröberen Haaren, jedoch bei den Wollhaaren ein und deſſelben Stränchens ſehr ver- ſchieden. Die Flaumhaare zeigen in der Regel größere Feſtigkeit als die Oberhaare. 1) W. v. Nathuſius-Königsborn, Das Wollhaar des Schafes in hiſtologiſcher und techniſcher Beziehung. Berlin 1866.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/202>, abgerufen am 02.05.2024.