Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Der Rehbock oder die Schuldlosen Schuldbewußten. Leipzig, 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
Bar. Mein Herr Bruder. Eben um der-
gleichen zu vermeiden, kam ich hierher unter
dem Titel deines Stallmeisters. Meine
eigene Schwester, deine Gattin, sollte mich
nicht kennen, da ich weiß, wie gern die Schwe-
stern ihre Brüder zu verkuppeln pflegen. Das
ist gelungen. Emilie - die ich, lange vor
meinen Reisen und Feldzügen, kaum zweimal
in ihrer Kostschule besuchte - ahnet nicht, es
sey ihr Bruder, der jetzt ihre Schecken und
Rappen regieret und ihr krankes Reitpferd in
die Kur genommen hat.
Graf. Indessen ist sie doch sehr freund-
lich gegen dich.
Bar. Hast du mich doch selbst gebeten,
ihr zum Spaß den Hof zu machen.
Graf. Ja, weil ich hoffte, sie würde es
gewaltig übel nehmen, daß der Herr Stall-
meister sich unterstünde -
Bar. Herr Bruder, keine Fürstin zürnt
über die Macht ihrer Reize.
Bar. Mein Herr Bruder. Eben um der-
gleichen zu vermeiden, kam ich hierher unter
dem Titel deines Stallmeisters. Meine
eigene Schwester, deine Gattin, sollte mich
nicht kennen, da ich weiß, wie gern die Schwe-
stern ihre Bruͤder zu verkuppeln pflegen. Das
ist gelungen. Emilie – die ich, lange vor
meinen Reisen und Feldzuͤgen, kaum zweimal
in ihrer Kostschule besuchte – ahnet nicht, es
sey ihr Bruder, der jetzt ihre Schecken und
Rappen regieret und ihr krankes Reitpferd in
die Kur genommen hat.
Graf. Indessen ist sie doch sehr freund-
lich gegen dich.
Bar. Hast du mich doch selbst gebeten,
ihr zum Spaß den Hof zu machen.
Graf. Ja, weil ich hoffte, sie wuͤrde es
gewaltig uͤbel nehmen, daß der Herr Stall-
meister sich unterstuͤnde –
Bar. Herr Bruder, keine Fuͤrstin zuͤrnt
uͤber die Macht ihrer Reize.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0014" n="8"/>
            <sp who="#BA">
              <speaker>Bar.</speaker>
              <p> Mein Herr Bruder. Eben um der-<lb/>
gleichen zu vermeiden, kam ich hierher unter<lb/>
dem Titel deines <hi rendition="#g">Stallmeisters</hi>. Meine<lb/>
eigene Schwester, deine Gattin, sollte mich<lb/>
nicht kennen, da ich weiß, wie gern die Schwe-<lb/>
stern ihre Bru&#x0364;der zu verkuppeln pflegen. Das<lb/>
ist gelungen. Emilie &#x2013; die ich, lange vor<lb/>
meinen Reisen und Feldzu&#x0364;gen, kaum zweimal<lb/>
in ihrer Kostschule besuchte &#x2013; ahnet nicht, es<lb/>
sey ihr Bruder, der jetzt ihre Schecken und<lb/>
Rappen regieret und ihr krankes Reitpferd in<lb/>
die Kur genommen hat.</p>
            </sp>
            <sp who="#GRAF">
              <speaker>Graf.</speaker>
              <p> Indessen ist sie doch sehr freund-<lb/>
lich gegen dich.</p>
            </sp>
            <sp who="#BA">
              <speaker>Bar.</speaker>
              <p> Hast du mich doch selbst gebeten,<lb/>
ihr zum Spaß den Hof zu machen.</p>
            </sp>
            <sp who="#GRAF">
              <speaker>Graf.</speaker>
              <p> Ja, weil ich hoffte, sie wu&#x0364;rde es<lb/>
gewaltig u&#x0364;bel nehmen, daß der Herr Stall-<lb/>
meister sich unterstu&#x0364;nde &#x2013;</p>
            </sp>
            <sp who="#BA">
              <speaker>Bar.</speaker>
              <p> Herr Bruder, keine Fu&#x0364;rstin zu&#x0364;rnt<lb/>
u&#x0364;ber die Macht ihrer Reize.</p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0014] Bar. Mein Herr Bruder. Eben um der- gleichen zu vermeiden, kam ich hierher unter dem Titel deines Stallmeisters. Meine eigene Schwester, deine Gattin, sollte mich nicht kennen, da ich weiß, wie gern die Schwe- stern ihre Bruͤder zu verkuppeln pflegen. Das ist gelungen. Emilie – die ich, lange vor meinen Reisen und Feldzuͤgen, kaum zweimal in ihrer Kostschule besuchte – ahnet nicht, es sey ihr Bruder, der jetzt ihre Schecken und Rappen regieret und ihr krankes Reitpferd in die Kur genommen hat. Graf. Indessen ist sie doch sehr freund- lich gegen dich. Bar. Hast du mich doch selbst gebeten, ihr zum Spaß den Hof zu machen. Graf. Ja, weil ich hoffte, sie wuͤrde es gewaltig uͤbel nehmen, daß der Herr Stall- meister sich unterstuͤnde – Bar. Herr Bruder, keine Fuͤrstin zuͤrnt uͤber die Macht ihrer Reize.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_rehbock_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_rehbock_1815/14
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Der Rehbock oder die Schuldlosen Schuldbewußten. Leipzig, 1815, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_rehbock_1815/14>, abgerufen am 22.12.2024.