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Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.

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Unbek. (nimmt es und zerreißt es) Es sey auf ewig
vernichtet! Nein, Eulalia! Du allein hast in mei-
nem Herzen geherrscht, und -- ich schäme mich
nicht, es zu bekennen -- Du allein wirst ewig dar-
in herrschen! Dein eigenes Gefühl für Tugend und
Ehre verbietet dir, diese Schwachheit nutzen zu
wollen; und wär' es -- nun bey Gott! diese
Schwachheit ist meiner Ehre untergeordnet. Aber
nie, nie wird ein anderes Weib mir Eulalien er-
setzen!
Eulal. (zitternd) Nun, so bliebe mir nichts weiter
übrig -- als Abschied von Ihnen zu nehmen.
Unbek. Halt! Noch einen Augenblick. Wir ha-
ben einige Monate lang, ohne es zu wissen, ein-
ander sehr nahe gelebt; ich habe viel Gutes von
Ihnen erfahren; Sie haben ein Herz, weich ge-
schaffen für die Noth Ihrer armen Brüder. Das
freut mich. Es muß Ihnen nie an Mitteln fehlen,
diesen Hang zu befriedigen -- auch Sie selbst müs-
sen nie Mangel leiden. Diese Schrift versichert
Ihnen eine Leibrente von tausend Thalern, welche
der Banquier Schmidt in Cassel Ihnen alljährlich
auszahlen wird.
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Unbek. (nimmt es und zerreißt es) Es ſey auf ewig
vernichtet! Nein, Eulalia! Du allein haſt in mei-
nem Herzen geherrſcht, und — ich ſchaͤme mich
nicht, es zu bekennen — Du allein wirſt ewig dar-
in herrſchen! Dein eigenes Gefuͤhl fuͤr Tugend und
Ehre verbietet dir, dieſe Schwachheit nutzen zu
wollen; und waͤr’ es — nun bey Gott! dieſe
Schwachheit iſt meiner Ehre untergeordnet. Aber
nie, nie wird ein anderes Weib mir Eulalien er-
ſetzen!
Eulal. (zitternd) Nun, ſo bliebe mir nichts weiter
uͤbrig — als Abſchied von Ihnen zu nehmen.
Unbek. Halt! Noch einen Augenblick. Wir ha-
ben einige Monate lang, ohne es zu wiſſen, ein-
ander ſehr nahe gelebt; ich habe viel Gutes von
Ihnen erfahren; Sie haben ein Herz, weich ge-
ſchaffen fuͤr die Noth Ihrer armen Bruͤder. Das
freut mich. Es muß Ihnen nie an Mitteln fehlen,
dieſen Hang zu befriedigen — auch Sie ſelbſt muͤſ-
ſen nie Mangel leiden. Dieſe Schrift verſichert
Ihnen eine Leibrente von tauſend Thalern, welche
der Banquier Schmidt in Caſſel Ihnen alljaͤhrlich
auszahlen wird.
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[161/0169] Unbek. (nimmt es und zerreißt es) Es ſey auf ewig vernichtet! Nein, Eulalia! Du allein haſt in mei- nem Herzen geherrſcht, und — ich ſchaͤme mich nicht, es zu bekennen — Du allein wirſt ewig dar- in herrſchen! Dein eigenes Gefuͤhl fuͤr Tugend und Ehre verbietet dir, dieſe Schwachheit nutzen zu wollen; und waͤr’ es — nun bey Gott! dieſe Schwachheit iſt meiner Ehre untergeordnet. Aber nie, nie wird ein anderes Weib mir Eulalien er- ſetzen! Eulal. (zitternd) Nun, ſo bliebe mir nichts weiter uͤbrig — als Abſchied von Ihnen zu nehmen. Unbek. Halt! Noch einen Augenblick. Wir ha- ben einige Monate lang, ohne es zu wiſſen, ein- ander ſehr nahe gelebt; ich habe viel Gutes von Ihnen erfahren; Sie haben ein Herz, weich ge- ſchaffen fuͤr die Noth Ihrer armen Bruͤder. Das freut mich. Es muß Ihnen nie an Mitteln fehlen, dieſen Hang zu befriedigen — auch Sie ſelbſt muͤſ- ſen nie Mangel leiden. Dieſe Schrift verſichert Ihnen eine Leibrente von tauſend Thalern, welche der Banquier Schmidt in Caſſel Ihnen alljaͤhrlich auszahlen wird. L

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/169>, abgerufen am 03.05.2024.