Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790. Major. Das deiner unwerth war. Pfuy, Mei- nau! Daß ein Mann sich um ein gutes Weib quälen kann, -- ist schon eine Thorheit; aber um ein untreues Weib auch nur eine Thräne ver- gießen, ist Raserey. Unbek. Nenn es wie du willst, sprich was du willst, das Herz kehrt sich an kein Vernunftge- schwätz. Ach! ich liebe sie noch. Major. Und wo ist sie? Unbek. Das weiß ich nicht, verlang' es auch nicht zu wissen. Major. Und deine Kinder? Unbek. Die ließ ich in einem Landstädtchen nicht weit von hier bey einer Bürgerswittwe, die mir ehrlich genug schien, weil sie dumm genug war. Major. Schon wieder ein menschenfeindlicher Seitenhieb! Doch warum behieltest du deine Kinder nicht bey dir? Sie würden dir manche schwermü- thige Stunde weggegaukelt haben. Unbek. Daß die Aehnlichkeit mit ihrer Mutter mir täglich das Bild entflohener Freuden zurück- gerufen hätte? Nein! ich habe sie in drey Jahren nicht gesehen. Ich mag keinen Menschen um mich haben, weder Kind noch Greis; das Kind ist ein Major. Das deiner unwerth war. Pfuy, Mei- nau! Daß ein Mann ſich um ein gutes Weib quaͤlen kann, — iſt ſchon eine Thorheit; aber um ein untreues Weib auch nur eine Thraͤne ver- gießen, iſt Raſerey. Unbek. Nenn es wie du willſt, ſprich was du willſt, das Herz kehrt ſich an kein Vernunftge- ſchwaͤtz. Ach! ich liebe ſie noch. Major. Und wo iſt ſie? Unbek. Das weiß ich nicht, verlang’ es auch nicht zu wiſſen. Major. Und deine Kinder? Unbek. Die ließ ich in einem Landſtaͤdtchen nicht weit von hier bey einer Buͤrgerswittwe, die mir ehrlich genug ſchien, weil ſie dumm genug war. Major. Schon wieder ein menſchenfeindlicher Seitenhieb! Doch warum behielteſt du deine Kinder nicht bey dir? Sie wuͤrden dir manche ſchwermuͤ- thige Stunde weggegaukelt haben. Unbek. Daß die Aehnlichkeit mit ihrer Mutter mir taͤglich das Bild entflohener Freuden zuruͤck- gerufen haͤtte? Nein! ich habe ſie in drey Jahren nicht geſehen. Ich mag keinen Menſchen um mich haben, weder Kind noch Greis; das Kind iſt ein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0124" n="116"/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Das deiner unwerth war. Pfuy, Mei-<lb/> nau! Daß ein Mann ſich um ein <hi rendition="#g">gutes</hi> Weib<lb/> quaͤlen kann, — iſt ſchon eine Thorheit; aber um<lb/> ein <hi rendition="#g">untreues</hi> Weib auch nur <hi rendition="#g">eine</hi> Thraͤne ver-<lb/> gießen, iſt Raſerey.</p> </sp><lb/> <sp who="#UNBE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker> <p>Nenn es wie du willſt, ſprich was du<lb/> willſt, das Herz kehrt ſich an kein Vernunftge-<lb/> ſchwaͤtz. Ach! ich liebe ſie noch.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Und wo iſt ſie?</p> </sp><lb/> <sp who="#UNBE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker> <p>Das weiß ich nicht, verlang’ es auch<lb/> nicht zu wiſſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Und deine Kinder?</p> </sp><lb/> <sp who="#UNBE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker> <p>Die ließ ich in einem Landſtaͤdtchen nicht<lb/> weit von hier bey einer Buͤrgerswittwe, die mir<lb/> ehrlich genug ſchien, weil ſie dumm genug war.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Schon wieder ein menſchenfeindlicher<lb/> Seitenhieb! Doch warum behielteſt du deine Kinder<lb/> nicht bey dir? Sie wuͤrden dir manche ſchwermuͤ-<lb/> thige Stunde weggegaukelt haben.</p> </sp><lb/> <sp who="#UNBE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Unbek.</hi> </speaker> <p>Daß die Aehnlichkeit mit ihrer Mutter<lb/> mir taͤglich das Bild entflohener Freuden zuruͤck-<lb/> gerufen haͤtte? Nein! ich habe ſie in drey Jahren<lb/> nicht geſehen. Ich mag keinen Menſchen um mich<lb/> haben, weder Kind noch Greis; das Kind iſt ein<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [116/0124]
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ein untreues Weib auch nur eine Thraͤne ver-
gießen, iſt Raſerey.
Unbek. Nenn es wie du willſt, ſprich was du
willſt, das Herz kehrt ſich an kein Vernunftge-
ſchwaͤtz. Ach! ich liebe ſie noch.
Major. Und wo iſt ſie?
Unbek. Das weiß ich nicht, verlang’ es auch
nicht zu wiſſen.
Major. Und deine Kinder?
Unbek. Die ließ ich in einem Landſtaͤdtchen nicht
weit von hier bey einer Buͤrgerswittwe, die mir
ehrlich genug ſchien, weil ſie dumm genug war.
Major. Schon wieder ein menſchenfeindlicher
Seitenhieb! Doch warum behielteſt du deine Kinder
nicht bey dir? Sie wuͤrden dir manche ſchwermuͤ-
thige Stunde weggegaukelt haben.
Unbek. Daß die Aehnlichkeit mit ihrer Mutter
mir taͤglich das Bild entflohener Freuden zuruͤck-
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haben, weder Kind noch Greis; das Kind iſt ein
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Zitationshilfe: | Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/124>, abgerufen am 17.07.2024. |