Der Saal, im welchem der Erhaltungssenat seine Sitzungen hält, ist recht schön, aber zeichnet sich eben nicht aus. Er ist auch wohl zu klein, und man soll be- reits die Veranstaltung getroffen haben, ein größeres Lo- kal einzuräumen. -- Das Merkwürdigste im Palais de Luxembourg ist das Zimmer, wo vormals das Direk- torium sich versammelte, vor der Revoluzion das Schlaf- zimmer von Madam, der Gemahlinn Ludwig XVJJJ. Hier sieht man noch eine große Charte von Deutschland und den angränzenden Ländern, auf welcher noch die Po- sitionen der französischen Armeen in dem Augenblicke des Friedensschlusses von Campo Formio mit kleinen bunten Stückchen Papier und seidenen Fäden bezeichnet sind. Die verschiedenen Farben bedeuten bald das Haupt- quartier, bald diesen oder jenen General, Posten, die leicht oder schwer zu vertheidigen sind, u. s. w. Auch die Orte, wo merkwürdige Gefechte oder Schlachten vor- gefallen, sind markirt, und die Papierchen mit ganz dün- nen Stecknadeln befestigt. -- Ha! dacht' ich, wie oft mag auf dieser Stelle der Finger eines Direktors, nach- dem er vielleicht ganz gleichgiltig eine Priese Toback in die Nase gestopft, das Elend meines Vaterlandes bezeich- net haben.
Der Saal der Fünfhundert.
So muß der Versammlungsort des alten römischen Senats ausgesehen haben, und wenn er nicht so ausge- sehen hat, so hat er sicher dem Saal der Fünfhundert weit nachgestanden. Dieser ist prächtig ohne Luxus, eine einfache, aber darum imponirende Pracht. Jn einem großen halben Zirkel erheben sich amphitheatralisch 500 Sitze, hinter diesen eine Gallerie für die konstituirten
Der Saal, im welchem der Erhaltungssenat seine Sitzungen haͤlt, ist recht schoͤn, aber zeichnet sich eben nicht aus. Er ist auch wohl zu klein, und man soll be- reits die Veranstaltung getroffen haben, ein groͤßeres Lo- kal einzuraͤumen. — Das Merkwuͤrdigste im Palais de Luxembourg ist das Zimmer, wo vormals das Direk- torium sich versammelte, vor der Revoluzion das Schlaf- zimmer von Madam, der Gemahlinn Ludwig XVJJJ. Hier sieht man noch eine große Charte von Deutschland und den angraͤnzenden Laͤndern, auf welcher noch die Po- sitionen der franzoͤsischen Armeen in dem Augenblicke des Friedensschlusses von Campo Formio mit kleinen bunten Stuͤckchen Papier und seidenen Faͤden bezeichnet sind. Die verschiedenen Farben bedeuten bald das Haupt- quartier, bald diesen oder jenen General, Posten, die leicht oder schwer zu vertheidigen sind, u. s. w. Auch die Orte, wo merkwuͤrdige Gefechte oder Schlachten vor- gefallen, sind markirt, und die Papierchen mit ganz duͤn- nen Stecknadeln befestigt. — Ha! dacht' ich, wie oft mag auf dieser Stelle der Finger eines Direktors, nach- dem er vielleicht ganz gleichgiltig eine Priese Toback in die Nase gestopft, das Elend meines Vaterlandes bezeich- net haben.
Der Saal der Fuͤnfhundert.
So muß der Versammlungsort des alten roͤmischen Senats ausgesehen haben, und wenn er nicht so ausge- sehen hat, so hat er sicher dem Saal der Fuͤnfhundert weit nachgestanden. Dieser ist praͤchtig ohne Luxus, eine einfache, aber darum imponirende Pracht. Jn einem großen halben Zirkel erheben sich amphitheatralisch 500 Sitze, hinter diesen eine Gallerie fuͤr die konstituirten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0078"n="78"/><p>Der Saal, im welchem der Erhaltungssenat seine<lb/>
Sitzungen haͤlt, ist recht schoͤn, aber zeichnet sich eben<lb/>
nicht aus. Er ist auch wohl zu klein, und man soll be-<lb/>
reits die Veranstaltung getroffen haben, ein groͤßeres Lo-<lb/>
kal einzuraͤumen. — Das Merkwuͤrdigste im Palais de<lb/>
Luxembourg ist das Zimmer, wo vormals das Direk-<lb/>
torium sich versammelte, vor der Revoluzion das Schlaf-<lb/>
zimmer von Madam, der Gemahlinn Ludwig XVJJJ.<lb/>
Hier sieht man noch eine große Charte von Deutschland<lb/>
und den angraͤnzenden Laͤndern, auf welcher noch die Po-<lb/>
sitionen der franzoͤsischen Armeen in dem Augenblicke des<lb/>
Friedensschlusses von <hirendition="#g">Campo Formio</hi> mit kleinen<lb/>
bunten Stuͤckchen Papier und seidenen Faͤden bezeichnet<lb/>
sind. Die verschiedenen Farben bedeuten bald das Haupt-<lb/>
quartier, bald diesen oder jenen General, Posten, die<lb/>
leicht oder schwer zu vertheidigen sind, u. s. w. Auch<lb/>
die Orte, wo merkwuͤrdige Gefechte oder Schlachten vor-<lb/>
gefallen, sind markirt, und die Papierchen mit ganz duͤn-<lb/>
nen Stecknadeln befestigt. — Ha! dacht' ich, wie oft<lb/>
mag auf dieser Stelle der Finger eines Direktors, nach-<lb/>
dem er vielleicht ganz gleichgiltig eine Priese Toback in<lb/>
die Nase gestopft, das Elend meines Vaterlandes bezeich-<lb/>
net haben.</p></div><lb/><divn="2"><head>Der Saal der Fuͤnfhundert.</head><lb/><p>So muß der Versammlungsort des alten roͤmischen<lb/>
Senats ausgesehen haben, und wenn er nicht so ausge-<lb/>
sehen hat, so hat er sicher dem Saal der Fuͤnfhundert<lb/>
weit nachgestanden. Dieser ist praͤchtig ohne Luxus, eine<lb/>
einfache, aber darum imponirende Pracht. Jn einem<lb/>
großen halben Zirkel erheben sich amphitheatralisch 500<lb/>
Sitze, hinter diesen eine Gallerie fuͤr die konstituirten<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[78/0078]
Der Saal, im welchem der Erhaltungssenat seine
Sitzungen haͤlt, ist recht schoͤn, aber zeichnet sich eben
nicht aus. Er ist auch wohl zu klein, und man soll be-
reits die Veranstaltung getroffen haben, ein groͤßeres Lo-
kal einzuraͤumen. — Das Merkwuͤrdigste im Palais de
Luxembourg ist das Zimmer, wo vormals das Direk-
torium sich versammelte, vor der Revoluzion das Schlaf-
zimmer von Madam, der Gemahlinn Ludwig XVJJJ.
Hier sieht man noch eine große Charte von Deutschland
und den angraͤnzenden Laͤndern, auf welcher noch die Po-
sitionen der franzoͤsischen Armeen in dem Augenblicke des
Friedensschlusses von Campo Formio mit kleinen
bunten Stuͤckchen Papier und seidenen Faͤden bezeichnet
sind. Die verschiedenen Farben bedeuten bald das Haupt-
quartier, bald diesen oder jenen General, Posten, die
leicht oder schwer zu vertheidigen sind, u. s. w. Auch
die Orte, wo merkwuͤrdige Gefechte oder Schlachten vor-
gefallen, sind markirt, und die Papierchen mit ganz duͤn-
nen Stecknadeln befestigt. — Ha! dacht' ich, wie oft
mag auf dieser Stelle der Finger eines Direktors, nach-
dem er vielleicht ganz gleichgiltig eine Priese Toback in
die Nase gestopft, das Elend meines Vaterlandes bezeich-
net haben.
Der Saal der Fuͤnfhundert.
So muß der Versammlungsort des alten roͤmischen
Senats ausgesehen haben, und wenn er nicht so ausge-
sehen hat, so hat er sicher dem Saal der Fuͤnfhundert
weit nachgestanden. Dieser ist praͤchtig ohne Luxus, eine
einfache, aber darum imponirende Pracht. Jn einem
großen halben Zirkel erheben sich amphitheatralisch 500
Sitze, hinter diesen eine Gallerie fuͤr die konstituirten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/78>, abgerufen am 31.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.