Autoritäten, und über derselben eine zweite für das Volk. Die Decke, die sich an letztere schließt, wird durch die Bilder alter Gesetzgeber und berühmter Republikaner ge- schmückt. Da sind Solon, Lykurg, Regulus, Cato, und viele Andere, stets mit Angabe der Zeit, in welcher sie gelebt haben. Jn der Mitte aller dieser Bil- der thront die Natur, mit der Umschrift: "die Natur "allein giebt ewige Gesetze." -- Das Licht erhält der Saal von Oben, und die Wärme von Unten, denn Fenster und Oefen hat er nicht.
Den Sitzen der Fünfhundert gegen über steht eine schöne Tribüne für den Präsidenten, ein wenig tiefer eine zweite für die Sekretairs. Die Wände sind rings- umher drapirt, aber nicht mit dreifarbigem, sondern mit dunkelgrünem Tuche mit feuerfarbenen Verzierungen. Alles ist einfach erhaben, und es scheint mir unmöglich, irgend ein Lokal auf der Welt seiner Bestimmung gemäßer einzurichten.
Jn der That werden alle die kleinen Hilfsmittel, welche so sehr auf die Sinne, und durch diese auf den Geist wirken, von uns hypersoliden Deutschen gewaltig vernachläßigt: wir spötteln wohl gar darüber, denn wir sind viel zu vernünftig dazu; deßwegen kommen wir auch vor lauter Vernunft nie zum Handeln. -- Der Franzose hingegen vergißt Nichts von Dem, was ihn an seine Thaten erinnern, oder zu künftigen Thaten an- feuern kann. Was er zu diesem Behuf erfindet, ist nicht immer Original, er kopirt meistens die Griechen und Rö- mer, aber gleichviel, wenn es nur die nämliche Wirkung wie damals hervorbringt. So sind z. B. in den Hallen des Palais legislatif Tafeln aufgehangen, auf welchen die verschiedenen Eroberungen und Siege der Armeen ver-
Autoritaͤten, und uͤber derselben eine zweite fuͤr das Volk. Die Decke, die sich an letztere schließt, wird durch die Bilder alter Gesetzgeber und beruͤhmter Republikaner ge- schmuͤckt. Da sind Solon, Lykurg, Regulus, Cato, und viele Andere, stets mit Angabe der Zeit, in welcher sie gelebt haben. Jn der Mitte aller dieser Bil- der thront die Natur, mit der Umschrift: „die Natur „allein giebt ewige Gesetze.“ — Das Licht erhaͤlt der Saal von Oben, und die Waͤrme von Unten, denn Fenster und Oefen hat er nicht.
Den Sitzen der Fuͤnfhundert gegen uͤber steht eine schoͤne Tribuͤne fuͤr den Praͤsidenten, ein wenig tiefer eine zweite fuͤr die Sekretairs. Die Waͤnde sind rings- umher drapirt, aber nicht mit dreifarbigem, sondern mit dunkelgruͤnem Tuche mit feuerfarbenen Verzierungen. Alles ist einfach erhaben, und es scheint mir unmoͤglich, irgend ein Lokal auf der Welt seiner Bestimmung gemaͤßer einzurichten.
Jn der That werden alle die kleinen Hilfsmittel, welche so sehr auf die Sinne, und durch diese auf den Geist wirken, von uns hypersoliden Deutschen gewaltig vernachlaͤßigt: wir spoͤtteln wohl gar daruͤber, denn wir sind viel zu vernuͤnftig dazu; deßwegen kommen wir auch vor lauter Vernunft nie zum Handeln. — Der Franzose hingegen vergißt Nichts von Dem, was ihn an seine Thaten erinnern, oder zu kuͤnftigen Thaten an- feuern kann. Was er zu diesem Behuf erfindet, ist nicht immer Original, er kopirt meistens die Griechen und Roͤ- mer, aber gleichviel, wenn es nur die naͤmliche Wirkung wie damals hervorbringt. So sind z. B. in den Hallen des Palais legislatif Tafeln aufgehangen, auf welchen die verschiedenen Eroberungen und Siege der Armeen ver-
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Autoritaͤten, und uͤber derselben eine zweite fuͤr das Volk.
Die Decke, die sich an letztere schließt, wird durch die
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schmuͤckt. Da sind Solon, Lykurg, Regulus,
Cato, und viele Andere, stets mit Angabe der Zeit, in
welcher sie gelebt haben. Jn der Mitte aller dieser Bil-
der thront die Natur, mit der Umschrift: „die Natur
„allein giebt ewige Gesetze.“ — Das Licht erhaͤlt der
Saal von Oben, und die Waͤrme von Unten, denn
Fenster und Oefen hat er nicht.
Den Sitzen der Fuͤnfhundert gegen uͤber steht eine
schoͤne Tribuͤne fuͤr den Praͤsidenten, ein wenig tiefer
eine zweite fuͤr die Sekretairs. Die Waͤnde sind rings-
umher drapirt, aber nicht mit dreifarbigem, sondern mit
dunkelgruͤnem Tuche mit feuerfarbenen Verzierungen.
Alles ist einfach erhaben, und es scheint mir unmoͤglich,
irgend ein Lokal auf der Welt seiner Bestimmung gemaͤßer
einzurichten.
Jn der That werden alle die kleinen Hilfsmittel,
welche so sehr auf die Sinne, und durch diese auf den
Geist wirken, von uns hypersoliden Deutschen gewaltig
vernachlaͤßigt: wir spoͤtteln wohl gar daruͤber, denn wir
sind viel zu vernuͤnftig dazu; deßwegen kommen wir
auch vor lauter Vernunft nie zum Handeln. —
Der Franzose hingegen vergißt Nichts von Dem, was ihn
an seine Thaten erinnern, oder zu kuͤnftigen Thaten an-
feuern kann. Was er zu diesem Behuf erfindet, ist nicht
immer Original, er kopirt meistens die Griechen und Roͤ-
mer, aber gleichviel, wenn es nur die naͤmliche Wirkung
wie damals hervorbringt. So sind z. B. in den Hallen
des Palais legislatif Tafeln aufgehangen, auf welchen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/79>, abgerufen am 31.07.2024.
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