ziehen, so sehr ich auch gewünscht hätte, wenigstens auf dem Platze zu stehen, wo die Gebeine der Unglücklichen und Bösewichter unter einander gemischt ruhen. -- Eine Dame versicherte mich nachher, der Platz sey nicht allein noch zu finden, sondern sogar mit drei Lilien be- pflanzt; allein, der Eigenthümer, der zu sehr überlaufen worden, habe aus Furcht sein Gärtchen aller Welt ver- schlossen. -- Daran hat er Recht gethan.
Das Boulogner-Holz, (bois de Boulogne) wo die Eisenfresser sich herumschießen, und die Elegants ihre Gäule und Cabriolets tummeln, ist eigentlich kein Holz, sondern ein Gesträuch, das durch keine An- muth locket. Eine Menge Alleen durchkreuzen sich. Jst man einmal darinn, so mag man immer bis zu dem Schloß Bagatelle fahren, einst dem Grafen Artois gehörig, wo man auf einem kleinen Raume die niedlichste Einrich- tung finden wird. Auch steht über dem Eingang: Parca sed apta. Jetzt hauset ein Traiteur darinn, der sich für den Einlaß 15 Sous, und für ein Glas schlechten Ma- derawein 50 Sous bezahlen läßt. Die Aussicht ist rei- zend, der Park sehr angenehm, obwohl verwildert. Jn einigen Zimmern stehen noch die alten Möbeln, die mei- sten Zimmer aber sind ausgeplündert. Die Eintheilung des Hauses ist sehr bemerkenswerth. Schwerlich mag es möglich seyn, auf einem so beschränkten Platze mehr Schönheit und Bequemlichkeit zu vereinigen. -- Auf dem Rückwege fährt man an einem Schlosse des vorma- ligen Königs, Muette genannt, vorüber. Hier schlief Maria Antoinette die Nacht vor ihrer Vermählung, und sah gewiß die Zukunft nicht im Traume.
ziehen, so sehr ich auch gewuͤnscht haͤtte, wenigstens auf dem Platze zu stehen, wo die Gebeine der Ungluͤcklichen und Boͤsewichter unter einander gemischt ruhen. — Eine Dame versicherte mich nachher, der Platz sey nicht allein noch zu finden, sondern sogar mit drei Lilien be- pflanzt; allein, der Eigenthuͤmer, der zu sehr uͤberlaufen worden, habe aus Furcht sein Gaͤrtchen aller Welt ver- schlossen. — Daran hat er Recht gethan.
Das Boulogner-Holz, (bois de Boulogne) wo die Eisenfresser sich herumschießen, und die Elegants ihre Gaͤule und Cabriolets tummeln, ist eigentlich kein Holz, sondern ein Gestraͤuch, das durch keine An- muth locket. Eine Menge Alleen durchkreuzen sich. Jst man einmal darinn, so mag man immer bis zu dem Schloß Bagatelle fahren, einst dem Grafen Artois gehoͤrig, wo man auf einem kleinen Raume die niedlichste Einrich- tung finden wird. Auch steht uͤber dem Eingang: Parca sed apta. Jetzt hauset ein Traiteur darinn, der sich fuͤr den Einlaß 15 Sous, und fuͤr ein Glas schlechten Ma- derawein 50 Sous bezahlen laͤßt. Die Aussicht ist rei- zend, der Park sehr angenehm, obwohl verwildert. Jn einigen Zimmern stehen noch die alten Moͤbeln, die mei- sten Zimmer aber sind ausgepluͤndert. Die Eintheilung des Hauses ist sehr bemerkenswerth. Schwerlich mag es moͤglich seyn, auf einem so beschraͤnkten Platze mehr Schoͤnheit und Bequemlichkeit zu vereinigen. — Auf dem Ruͤckwege faͤhrt man an einem Schlosse des vorma- ligen Koͤnigs, Muette genannt, voruͤber. Hier schlief Maria Antoinette die Nacht vor ihrer Vermaͤhlung, und sah gewiß die Zukunft nicht im Traume.
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ziehen, so sehr ich auch gewuͤnscht haͤtte, wenigstens auf
dem Platze zu stehen, wo die Gebeine der Ungluͤcklichen
und Boͤsewichter unter einander gemischt ruhen. — Eine
Dame versicherte mich nachher, der Platz sey nicht allein
noch zu finden, sondern sogar mit drei Lilien be-
pflanzt; allein, der Eigenthuͤmer, der zu sehr uͤberlaufen
worden, habe aus Furcht sein Gaͤrtchen aller Welt ver-
schlossen. — Daran hat er Recht gethan.
Das Boulogner-Holz, (bois de Boulogne)
wo die Eisenfresser sich herumschießen, und die Elegants
ihre Gaͤule und Cabriolets tummeln, ist eigentlich kein
Holz, sondern ein Gestraͤuch, das durch keine An-
muth locket. Eine Menge Alleen durchkreuzen sich. Jst
man einmal darinn, so mag man immer bis zu dem Schloß
Bagatelle fahren, einst dem Grafen Artois gehoͤrig,
wo man auf einem kleinen Raume die niedlichste Einrich-
tung finden wird. Auch steht uͤber dem Eingang: Parca
sed apta. Jetzt hauset ein Traiteur darinn, der sich fuͤr
den Einlaß 15 Sous, und fuͤr ein Glas schlechten Ma-
derawein 50 Sous bezahlen laͤßt. Die Aussicht ist rei-
zend, der Park sehr angenehm, obwohl verwildert. Jn
einigen Zimmern stehen noch die alten Moͤbeln, die mei-
sten Zimmer aber sind ausgepluͤndert. Die Eintheilung
des Hauses ist sehr bemerkenswerth. Schwerlich mag es
moͤglich seyn, auf einem so beschraͤnkten Platze mehr
Schoͤnheit und Bequemlichkeit zu vereinigen. — Auf
dem Ruͤckwege faͤhrt man an einem Schlosse des vorma-
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Maria Antoinette die Nacht vor ihrer Vermaͤhlung, und
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/184>, abgerufen am 16.02.2025.
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