Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.storischen Glaubwürdigkeit übel aus. Ein angesehener Bei einer fröhlichen Mahlzeit, bei welcher auch Tal- Madam Roland war zwar am Tage ihrer Hin- storischen Glaubwuͤrdigkeit uͤbel aus. Ein angesehener Bei einer froͤhlichen Mahlzeit, bei welcher auch Tal- Madam Roland war zwar am Tage ihrer Hin- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0169" n="169"/> storischen Glaubwuͤrdigkeit uͤbel aus. Ein angesehener<lb/> Schriftsteller versicherte mich, er habe sich oft vergebens<lb/> alle ersinnliche Muͤhe gegeben, Widerspruͤche zu heben.<lb/> — Das <hi rendition="#g">Bonmotisiren,</hi> wenn man zur Guillotine<lb/> gefuͤhrt wurde, war, wie in Frankreich Alles, zur <hi rendition="#g">Mo-<lb/> de</hi> geworden; ein ehrlicher Mann konnte sich gar nicht<lb/> mehr dadurch auszeichnen: denn sogar die Chauffeurs<lb/> wurden witzig auf dem Schaffot. — Danton's Bonmot<lb/> ist graͤßlich. Einer seiner Gefaͤhrten im Tode wollte ihn<lb/> vor der Hinrichtung umarmen. „Laß gut seyn,“ sagte<lb/> Danton, „unsere Koͤpfe kommen ja doch gleich im Sa-<lb/> „cke zusammen.“ (Die Koͤpfe wurden naͤmlich alle in<lb/> einen Sack gesteckt.)</p><lb/> <p>Bei einer froͤhlichen Mahlzeit, bei welcher auch Tal-<lb/> ma gegenwaͤrtig war, kam man nach Tische auf den Ein-<lb/> fall, <hi rendition="#g">Guillotine</hi> zu spielen. Man bediente sich da-<lb/> zu eines Kaminschirms, den man auf- und niederfallen<lb/> lassen konnte, und unter welchen man den Kopf legte,<lb/> und nachher den Schirm auf den Nacken fallen ließ. Die<lb/> Gesellschaft bestand zufaͤllig groͤßtentheils aus <hi rendition="#g">Giron-<lb/> disten,</hi> die zwei Tage nachher wirklich guillotinirt<lb/> wurden.</p><lb/> <p>Madam <hi rendition="#g">Roland</hi> war zwar am Tage ihrer Hin-<lb/> richtung bekanntlich sehr standhaft, aber den Abend zu-<lb/> vor in einer außerordentlichen Bewegung. Madame<lb/><hi rendition="#g">Talma,</hi> die mit ihr eingesperrt war, erzaͤhlte mir, die<lb/> Ungluͤckliche habe die ganze Nacht auf dem Klavier ge-<lb/> spielt, aber auf eine so <hi rendition="#g">fremde, schauerliche,<lb/> fuͤrchterliche</hi> Weise, daß sie den Klang nie verges-<lb/> sen werde. — Der kleine Platz, auf welchem die koͤnig-<lb/> liche Familie hingerichtet ward, (place de Louis XV.)<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [169/0169]
storischen Glaubwuͤrdigkeit uͤbel aus. Ein angesehener
Schriftsteller versicherte mich, er habe sich oft vergebens
alle ersinnliche Muͤhe gegeben, Widerspruͤche zu heben.
— Das Bonmotisiren, wenn man zur Guillotine
gefuͤhrt wurde, war, wie in Frankreich Alles, zur Mo-
de geworden; ein ehrlicher Mann konnte sich gar nicht
mehr dadurch auszeichnen: denn sogar die Chauffeurs
wurden witzig auf dem Schaffot. — Danton's Bonmot
ist graͤßlich. Einer seiner Gefaͤhrten im Tode wollte ihn
vor der Hinrichtung umarmen. „Laß gut seyn,“ sagte
Danton, „unsere Koͤpfe kommen ja doch gleich im Sa-
„cke zusammen.“ (Die Koͤpfe wurden naͤmlich alle in
einen Sack gesteckt.)
Bei einer froͤhlichen Mahlzeit, bei welcher auch Tal-
ma gegenwaͤrtig war, kam man nach Tische auf den Ein-
fall, Guillotine zu spielen. Man bediente sich da-
zu eines Kaminschirms, den man auf- und niederfallen
lassen konnte, und unter welchen man den Kopf legte,
und nachher den Schirm auf den Nacken fallen ließ. Die
Gesellschaft bestand zufaͤllig groͤßtentheils aus Giron-
disten, die zwei Tage nachher wirklich guillotinirt
wurden.
Madam Roland war zwar am Tage ihrer Hin-
richtung bekanntlich sehr standhaft, aber den Abend zu-
vor in einer außerordentlichen Bewegung. Madame
Talma, die mit ihr eingesperrt war, erzaͤhlte mir, die
Ungluͤckliche habe die ganze Nacht auf dem Klavier ge-
spielt, aber auf eine so fremde, schauerliche,
fuͤrchterliche Weise, daß sie den Klang nie verges-
sen werde. — Der kleine Platz, auf welchem die koͤnig-
liche Familie hingerichtet ward, (place de Louis XV.)
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