Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804."nehmen Sie ihre Degen und Hüte." -- Jn der That Daß Jemand krank seyn könnte, begreift der thätige Jch halte für schicklich, meine kleine Bemerkungen „nehmen Sie ihre Degen und Huͤte.“ — Jn der That Daß Jemand krank seyn koͤnnte, begreift der thaͤtige Jch halte fuͤr schicklich, meine kleine Bemerkungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0094" n="90"/> „nehmen Sie ihre Degen und Huͤte.“ — Jn der That<lb/> war der Befehl zum Anspannen eben gegeben worden,<lb/> und der Kourier, der die Pferde bestellen sollte, war vor<lb/> einer Viertelstunde abgegangen.</p><lb/> <p>Daß Jemand krank seyn koͤnnte, begreift der thaͤtige<lb/> Mann nicht, oder kann es doch nicht leiden; (ein Zug,<lb/> den er ganz mit Paul dem Ersten gemein hat), daher,<lb/> wird erzaͤhlt, nimmt Jedermann provisorisch Arzenei,<lb/> wenn er einmal verreis't, weil sonst keine Zeit dazu uͤbrig<lb/> bleibt. — Er schaͤtzt den Dichter Lemertier, Verfasser<lb/> des Trauerspiels Agamemnon, welches in Paris sehr miß-<lb/> fallen hatte, und nicht mehr gespielt wurde. Um, sagt<lb/> man, es den Parisern wieder schmackhaft zu machen, be-<lb/> gehrte Bonaparte eine Vorstellung desselben in St. Cloud,<lb/> weil die Mitglieder des Théatre français dadurch genoͤ-<lb/> thigt wurden, es auch in der Hauptstadt wieder zu geben.<lb/> Das Stuͤck hat wirklich mehrere verrenkte Schoͤnheiten<lb/> und schoͤne Graͤßlichkeiten. Bonaparte selbst hat dem Dich-<lb/> ter eine sehr richtige Kritik daruͤber gemacht. „Jhre Kli-<lb/> „temnestra,“ sagte er, „ist ein sehr <hi rendition="#g">schwaches</hi> Weib,<lb/> „und doch lassen Sie sie eine sehr <hi rendition="#g">starke</hi> That verrich-<lb/> „ten, ohne andere Vorbereitung, als daß Egisth sie in<lb/> „einer einzigen Scene ein wenig dazu uͤberredet. Fuͤhlen<lb/> „Sie denn nicht, daß <hi rendition="#g">dieses</hi> Weib, indem es das<lb/> „Schlafzimmer des Gemahls betritt, auf dem Wege bis<lb/> „zu seinem Bette, den moͤrderischen Vorsatz nothwendig<lb/> „wieder aufgeben muß?“</p><lb/> <p>Jch halte fuͤr schicklich, meine kleine Bemerkungen<lb/> uͤber einen großen Mann zu schließen. Wenn ich freilich<lb/> alles mittheilen wollte oder koͤnnte, was mir von ihm ge-<lb/> sagt, erzaͤhlt und oft auch wohl vorgelogen worden, so<lb/> wuͤrde ein Buch daraus werden, und — vermuthlich kein<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0094]
„nehmen Sie ihre Degen und Huͤte.“ — Jn der That
war der Befehl zum Anspannen eben gegeben worden,
und der Kourier, der die Pferde bestellen sollte, war vor
einer Viertelstunde abgegangen.
Daß Jemand krank seyn koͤnnte, begreift der thaͤtige
Mann nicht, oder kann es doch nicht leiden; (ein Zug,
den er ganz mit Paul dem Ersten gemein hat), daher,
wird erzaͤhlt, nimmt Jedermann provisorisch Arzenei,
wenn er einmal verreis't, weil sonst keine Zeit dazu uͤbrig
bleibt. — Er schaͤtzt den Dichter Lemertier, Verfasser
des Trauerspiels Agamemnon, welches in Paris sehr miß-
fallen hatte, und nicht mehr gespielt wurde. Um, sagt
man, es den Parisern wieder schmackhaft zu machen, be-
gehrte Bonaparte eine Vorstellung desselben in St. Cloud,
weil die Mitglieder des Théatre français dadurch genoͤ-
thigt wurden, es auch in der Hauptstadt wieder zu geben.
Das Stuͤck hat wirklich mehrere verrenkte Schoͤnheiten
und schoͤne Graͤßlichkeiten. Bonaparte selbst hat dem Dich-
ter eine sehr richtige Kritik daruͤber gemacht. „Jhre Kli-
„temnestra,“ sagte er, „ist ein sehr schwaches Weib,
„und doch lassen Sie sie eine sehr starke That verrich-
„ten, ohne andere Vorbereitung, als daß Egisth sie in
„einer einzigen Scene ein wenig dazu uͤberredet. Fuͤhlen
„Sie denn nicht, daß dieses Weib, indem es das
„Schlafzimmer des Gemahls betritt, auf dem Wege bis
„zu seinem Bette, den moͤrderischen Vorsatz nothwendig
„wieder aufgeben muß?“
Jch halte fuͤr schicklich, meine kleine Bemerkungen
uͤber einen großen Mann zu schließen. Wenn ich freilich
alles mittheilen wollte oder koͤnnte, was mir von ihm ge-
sagt, erzaͤhlt und oft auch wohl vorgelogen worden, so
wuͤrde ein Buch daraus werden, und — vermuthlich kein
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