Ringelnden Locken, gesenkt das Haupt, von den seidenen Wimpern Das gesunkene Auge verschattet. Freche Be- gierde Weckte der Holden Anblick im Busen des Stolzen vom Rehthal. Listig wusst' er den lüsternen Blick im schüchternen Hinschaun, Listig die donnernde Stimme zu dämpfen zu flehen- dem Lispel. Hüte dich, Tochter von Garmin! Es rauschen die Saiten. Im Kelchglas Sprudelt die Lust, und Verrath keimt in der Seele des Frechen.
Wirr und betäubt und taumelnd, wie trunken, flüchtet das Fräulein Aus dem Saal in den Garten. In Mittag brannte die Sonne. Einen duftenden Rasen, von Rosen umblüht, von der Linde Säuselndem Laub' umschwirrt, ersahe die Schmach- tende, warf sich Schweraufseufzend nieder ins Gras des sammtenen Rasens.
Aber des Laurenden Blicken entging ihr Schei- den vom Mahl nicht.
Ringelnden Locken, gesenkt das Haupt, von den seidenen Wimpern Das gesunkene Auge verschattet. Freche Be- gierde Weckte der Holden Anblick im Busen des Stolzen vom Rehthal. Listig wuſst' er den lüsternen Blick im schüchternen Hinschaun, Listig die donnernde Stimme zu dämpfen zu flehen- dem Lispel. Hüte dich, Tochter von Garmin! Es rauschen die Saiten. Im Kelchglas Sprudelt die Lust, und Verrath keimt in der Seele des Frechen.
Wirr und betäubt und taumelnd, wie trunken, flüchtet das Fräulein Aus dem Saal in den Garten. In Mittag brannte die Sonne. Einen duftenden Rasen, von Rosen umblüht, von der Linde Säuselndem Laub' umschwirrt, ersahe die Schmach- tende, warf sich Schweraufseufzend nieder ins Gras des sammtenen Rasens.
Aber des Laurenden Blicken entging ihr Schei- den vom Mahl nicht.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><lgn="24"><pbfacs="#f0314"n="268"/><l>Ringelnden Locken, gesenkt das Haupt, von den</l><lb/><l>seidenen Wimpern</l><lb/><l>Das gesunkene Auge verschattet. Freche Be-</l><lb/><l>gierde</l><lb/><l>Weckte der Holden Anblick im Busen des Stolzen</l><lb/><l>vom Rehthal.</l><lb/><l>Listig wuſst' er den lüsternen Blick im schüchternen</l><lb/><l>Hinschaun,</l><lb/><l>Listig die donnernde Stimme zu dämpfen zu flehen-</l><lb/><l>dem Lispel.</l><lb/><l>Hüte dich, Tochter von Garmin! Es rauschen die</l><lb/><l>Saiten. Im Kelchglas</l><lb/><l>Sprudelt die Lust, und Verrath keimt in der Seele</l><lb/><l>des Frechen.</l></lg><lb/><lgn="25"><l>Wirr und betäubt und taumelnd, wie trunken,</l><lb/><l>flüchtet das Fräulein</l><lb/><l>Aus dem Saal in den Garten. In Mittag brannte</l><lb/><l>die Sonne.</l><lb/><l>Einen duftenden Rasen, von Rosen umblüht, von</l><lb/><l>der Linde</l><lb/><l>Säuselndem Laub' umschwirrt, ersahe die Schmach-</l><lb/><l>tende, warf sich</l><lb/><l>Schweraufseufzend nieder ins Gras des sammtenen</l><lb/><l>Rasens.</l></lg><lb/><lgn="26"><l>Aber des Laurenden Blicken entging ihr Schei-</l><lb/><l>den vom Mahl nicht.</l><lb/></lg></lg></div></div></body></text></TEI>
[268/0314]
Ringelnden Locken, gesenkt das Haupt, von den
seidenen Wimpern
Das gesunkene Auge verschattet. Freche Be-
gierde
Weckte der Holden Anblick im Busen des Stolzen
vom Rehthal.
Listig wuſst' er den lüsternen Blick im schüchternen
Hinschaun,
Listig die donnernde Stimme zu dämpfen zu flehen-
dem Lispel.
Hüte dich, Tochter von Garmin! Es rauschen die
Saiten. Im Kelchglas
Sprudelt die Lust, und Verrath keimt in der Seele
des Frechen.
Wirr und betäubt und taumelnd, wie trunken,
flüchtet das Fräulein
Aus dem Saal in den Garten. In Mittag brannte
die Sonne.
Einen duftenden Rasen, von Rosen umblüht, von
der Linde
Säuselndem Laub' umschwirrt, ersahe die Schmach-
tende, warf sich
Schweraufseufzend nieder ins Gras des sammtenen
Rasens.
Aber des Laurenden Blicken entging ihr Schei-
den vom Mahl nicht.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/314>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.