Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 1. Dortmund, 1799.24. Doch, wenn er an ihre Caressen gedachte, Und ihre Person sich vorstellig machte; So überkam ihm ein Grausen schier, Und er verlangte nicht wieder zu ihr. 25. Schon einige Tage hatte er mit rohen Rüben Auf seiner Reise den Hunger vertrieben, Und wie ein irrender Ritter sich Beholfen elendig und kümmerlich. 26. Gleichwie nun, wenn die Noth ist am größten, Das nahe Glück einen pflegt zu trösten; So war auch dem armen Hieronimus da Nunmehro bald wieder Hülfe nah. 27. Denn er hörte, am vierten Nachmittage, In einem Wäldchen, das am Wege lage, Ein erbärmliches lautes Geschrei, Und dieses lockte ihn bald herbei. 28. Er ist schnell an die Stelle gekommen, Woher er das Jamme geschrei vernommen, Und es entdeckte sich ihm alsbald Eine Scene von traur'ger Gestalt. 29. Eine stillstehende Kutsche mit vier Pferden, Den bärt'gen Kutscher ohnmächtig auf der Er- den, Eine junge Dame, welche hie Ganz erbärmlich heulte und schrie; 30. Auch
24. Doch, wenn er an ihre Careſſen gedachte, Und ihre Perſon ſich vorſtellig machte; So uͤberkam ihm ein Grauſen ſchier, Und er verlangte nicht wieder zu ihr. 25. Schon einige Tage hatte er mit rohen Ruͤben Auf ſeiner Reiſe den Hunger vertrieben, Und wie ein irrender Ritter ſich Beholfen elendig und kuͤmmerlich. 26. Gleichwie nun, wenn die Noth iſt am groͤßten, Das nahe Gluͤck einen pflegt zu troͤſten; So war auch dem armen Hieronimus da Nunmehro bald wieder Huͤlfe nah. 27. Denn er hoͤrte, am vierten Nachmittage, In einem Waͤldchen, das am Wege lage, Ein erbaͤrmliches lautes Geſchrei, Und dieſes lockte ihn bald herbei. 28. Er iſt ſchnell an die Stelle gekommen, Woher er das Jamme geſchrei vernommen, Und es entdeckte ſich ihm alsbald Eine Scene von traur’ger Geſtalt. 29. Eine ſtillſtehende Kutſche mit vier Pferden, Den baͤrt’gen Kutſcher ohnmaͤchtig auf der Er- den, Eine junge Dame, welche hie Ganz erbaͤrmlich heulte und ſchrie; 30. Auch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0150" n="126"/> <lg n="24"> <l>24. Doch, wenn er an ihre Careſſen gedachte,</l><lb/> <l>Und ihre Perſon ſich vorſtellig machte;</l><lb/> <l>So uͤberkam ihm ein Grauſen ſchier,</l><lb/> <l>Und er verlangte nicht wieder zu ihr.</l> </lg><lb/> <lg n="25"> <l>25. Schon einige Tage hatte er mit rohen Ruͤben</l><lb/> <l>Auf ſeiner Reiſe den Hunger vertrieben,</l><lb/> <l>Und wie ein irrender Ritter ſich</l><lb/> <l>Beholfen elendig und kuͤmmerlich.</l> </lg><lb/> <lg n="26"> <l>26. Gleichwie nun, wenn die Noth iſt am groͤßten,</l><lb/> <l>Das nahe Gluͤck einen pflegt zu troͤſten;</l><lb/> <l>So war auch dem armen Hieronimus da</l><lb/> <l>Nunmehro bald wieder Huͤlfe nah.</l> </lg><lb/> <lg n="27"> <l>27. Denn er hoͤrte, am vierten Nachmittage,</l><lb/> <l>In einem Waͤldchen, das am Wege lage,</l><lb/> <l>Ein erbaͤrmliches lautes Geſchrei,</l><lb/> <l>Und dieſes lockte ihn bald herbei.</l> </lg><lb/> <lg n="28"> <l>28. Er iſt ſchnell an die Stelle gekommen,</l><lb/> <l>Woher er das Jamme geſchrei vernommen,</l><lb/> <l><choice><sic>Uud</sic><corr>Und</corr></choice> es entdeckte ſich ihm alsbald</l><lb/> <l>Eine Scene von traur’ger Geſtalt.</l> </lg><lb/> <lg n="29"> <l>29. Eine ſtillſtehende Kutſche mit vier Pferden,</l><lb/> <l>Den baͤrt’gen Kutſcher ohnmaͤchtig auf der Er-</l><lb/> <l>den,</l><lb/> <l>Eine junge Dame, welche hie</l><lb/> <l>Ganz erbaͤrmlich heulte und ſchrie;</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">30. Auch</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [126/0150]
24. Doch, wenn er an ihre Careſſen gedachte,
Und ihre Perſon ſich vorſtellig machte;
So uͤberkam ihm ein Grauſen ſchier,
Und er verlangte nicht wieder zu ihr.
25. Schon einige Tage hatte er mit rohen Ruͤben
Auf ſeiner Reiſe den Hunger vertrieben,
Und wie ein irrender Ritter ſich
Beholfen elendig und kuͤmmerlich.
26. Gleichwie nun, wenn die Noth iſt am groͤßten,
Das nahe Gluͤck einen pflegt zu troͤſten;
So war auch dem armen Hieronimus da
Nunmehro bald wieder Huͤlfe nah.
27. Denn er hoͤrte, am vierten Nachmittage,
In einem Waͤldchen, das am Wege lage,
Ein erbaͤrmliches lautes Geſchrei,
Und dieſes lockte ihn bald herbei.
28. Er iſt ſchnell an die Stelle gekommen,
Woher er das Jamme geſchrei vernommen,
Und es entdeckte ſich ihm alsbald
Eine Scene von traur’ger Geſtalt.
29. Eine ſtillſtehende Kutſche mit vier Pferden,
Den baͤrt’gen Kutſcher ohnmaͤchtig auf der Er-
den,
Eine junge Dame, welche hie
Ganz erbaͤrmlich heulte und ſchrie;
30. Auch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |