Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.bessern Dienst, wie bei uns? Das eigene Kind im Haus', kann es besser behandelt werden, wie du? Das weiß ich Alles, Großmutter, sagte die Magd, noch immer mit am Boden wurzelnden Blicken stockend, das weiß ich Alles und werde es auch immer wissen . . . aber ich darf nicht länger bei euch dienen, nicht eine Stunde länger. Bei diesen Worten fuhr es dem bis dahin mit seinem Zorne kämpfenden Josseph siedendheiß durch alle Glieder. Mit einem hastigen Satze war er zur Magd hingesprungen. Du darfst nicht länger bei uns dienen? rief er; der Schaum stand ihm vor dem Mund, und er packte die Magd bei der Schulter, du darfst nicht länger unsere Magd sein? Jetzt sagst du's schnell, wer dich dazu angestiftet hat, denn der Gedanke ist nicht in deinem Kopfe gewachsen. Anezka riß sich mit einem fürchterlichen Schrei von ihm weg. Mit drohenden Blicken, die wie glühende Kohlen glänzten, stand sie ihm dann gegenüber und maß ihn vom Scheitel bis zum Fuße. Mit Euch, Herr Josseph, sagte sie, habe ich gar nichts zu schaffen. Josseph's Grimm schoß wie eine jähe Lohe wieder auf. Wirst du's sagen, rief er, ob man dich angestiftet hat? Er wollte aufs Neue an Anezka, um sie zu ergreifen. bessern Dienst, wie bei uns? Das eigene Kind im Haus', kann es besser behandelt werden, wie du? Das weiß ich Alles, Großmutter, sagte die Magd, noch immer mit am Boden wurzelnden Blicken stockend, das weiß ich Alles und werde es auch immer wissen . . . aber ich darf nicht länger bei euch dienen, nicht eine Stunde länger. Bei diesen Worten fuhr es dem bis dahin mit seinem Zorne kämpfenden Josseph siedendheiß durch alle Glieder. Mit einem hastigen Satze war er zur Magd hingesprungen. Du darfst nicht länger bei uns dienen? rief er; der Schaum stand ihm vor dem Mund, und er packte die Magd bei der Schulter, du darfst nicht länger unsere Magd sein? Jetzt sagst du's schnell, wer dich dazu angestiftet hat, denn der Gedanke ist nicht in deinem Kopfe gewachsen. Anezka riß sich mit einem fürchterlichen Schrei von ihm weg. Mit drohenden Blicken, die wie glühende Kohlen glänzten, stand sie ihm dann gegenüber und maß ihn vom Scheitel bis zum Fuße. Mit Euch, Herr Josseph, sagte sie, habe ich gar nichts zu schaffen. Josseph's Grimm schoß wie eine jähe Lohe wieder auf. Wirst du's sagen, rief er, ob man dich angestiftet hat? Er wollte aufs Neue an Anezka, um sie zu ergreifen. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="6"> <p><pb facs="#f0091"/> bessern Dienst, wie bei uns? Das eigene Kind im Haus', kann es besser behandelt werden, wie du?</p><lb/> <p>Das weiß ich Alles, Großmutter, sagte die Magd, noch immer mit am Boden wurzelnden Blicken stockend, das weiß ich Alles und werde es auch immer wissen . . . aber ich darf nicht länger bei euch dienen, nicht eine Stunde länger.</p><lb/> <p>Bei diesen Worten fuhr es dem bis dahin mit seinem Zorne kämpfenden Josseph siedendheiß durch alle Glieder. Mit einem hastigen Satze war er zur Magd hingesprungen.</p><lb/> <p>Du darfst nicht länger bei uns dienen? rief er; der Schaum stand ihm vor dem Mund, und er packte die Magd bei der Schulter, du darfst nicht länger unsere Magd sein? Jetzt sagst du's schnell, wer dich dazu angestiftet hat, denn der Gedanke ist nicht in deinem Kopfe gewachsen.</p><lb/> <p>Anezka riß sich mit einem fürchterlichen Schrei von ihm weg. Mit drohenden Blicken, die wie glühende Kohlen glänzten, stand sie ihm dann gegenüber und maß ihn vom Scheitel bis zum Fuße.</p><lb/> <p>Mit Euch, Herr Josseph, sagte sie, habe ich gar nichts zu schaffen.</p><lb/> <p>Josseph's Grimm schoß wie eine jähe Lohe wieder auf.</p><lb/> <p>Wirst du's sagen, rief er, ob man dich angestiftet hat?</p><lb/> <p>Er wollte aufs Neue an Anezka, um sie zu ergreifen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0091]
bessern Dienst, wie bei uns? Das eigene Kind im Haus', kann es besser behandelt werden, wie du?
Das weiß ich Alles, Großmutter, sagte die Magd, noch immer mit am Boden wurzelnden Blicken stockend, das weiß ich Alles und werde es auch immer wissen . . . aber ich darf nicht länger bei euch dienen, nicht eine Stunde länger.
Bei diesen Worten fuhr es dem bis dahin mit seinem Zorne kämpfenden Josseph siedendheiß durch alle Glieder. Mit einem hastigen Satze war er zur Magd hingesprungen.
Du darfst nicht länger bei uns dienen? rief er; der Schaum stand ihm vor dem Mund, und er packte die Magd bei der Schulter, du darfst nicht länger unsere Magd sein? Jetzt sagst du's schnell, wer dich dazu angestiftet hat, denn der Gedanke ist nicht in deinem Kopfe gewachsen.
Anezka riß sich mit einem fürchterlichen Schrei von ihm weg. Mit drohenden Blicken, die wie glühende Kohlen glänzten, stand sie ihm dann gegenüber und maß ihn vom Scheitel bis zum Fuße.
Mit Euch, Herr Josseph, sagte sie, habe ich gar nichts zu schaffen.
Josseph's Grimm schoß wie eine jähe Lohe wieder auf.
Wirst du's sagen, rief er, ob man dich angestiftet hat?
Er wollte aufs Neue an Anezka, um sie zu ergreifen.
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Zitationshilfe: | Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kompert_verlorene_1910/91>, abgerufen am 28.06.2024. |