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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Siebenunddreissigste Vorlesung.
zugleich ein neuer Seitenast von den Wolff'schen Körpern und den
Geschlechtsorganen her sich bilde. Mit dem Schwinden der Wolff'-
schen Körper und des mittleren Theiles der Cardinalvenen erschei-
nen dann das Ende dieser (als Vena hypogastrica) und die Schenkel-
vene als Aeste der Cava, deren zwei Schenkel zu den Venae iliacae
communes
sich gestalten. Zugleich wird das vordere Ende der Cava
immer weiter und bald zum Hauptgefäss, in das dann das Ende der
Nabelvene oder der Ductus venosus als Ast einmündet, wobei jedoch
zu bemerken ist, dass selbst noch am Ende des Fötallebens die
Cava inferior eigentlich kaum stärker ist als der Ductus venosus (Fig.
208), so dass man den kurzen Stamm der Cava über der Leber auch
jetzt noch mit Recht als Ende der Umbilicalis bezeichnen könnte,
insofern wenigstens als die Lebervenen zum Bereiche der Umbilicalis
gehören.

Kreislauf
beim Fötus.
Nach Beschreibung der Entwicklung der Blutgefässe erscheint
es nun zweckmässig noch mit einigen Worten des Kreislaufes im
Fötus zu gedenken. Die Embryologie unterscheidet gewöhnlich zwei
Formen oder Stadien des Kreislaufes im Fötus, einmal den ersten
Kreislauf
oder den des Fruchthofes und Dottersackes und
dann den zweiten Kreislauf, der auch der Placentarkreis-
lauf
heisst, es ist jedoch hinreichend klar, dass zwischen diesen
beiden Endgestaltungen eine Menge Uebergänge sich finden. Es
würde uns zu weit führen und auch ziemlich nutzlos sein, woll-
ten wir diese Zwischenstufen jetzt, nachdem wir dieselben alle
ausführlich anatomisch abgehandelt, auch noch vom physiologischen
Standpuncte aus betrachten und begnüge ich mich daher, da der
erste Kreislauf schon geschildert ist (s. Vorl. XII), mit einer kurzen
Darstellung des Placentarkreislaufes, wie er vom Anfange des drit-
ten Monates an bis zum Ende des Fötallebens gefunden wird. Das
Eigenthümliche dieses Kreislaufes, verglichen mit dem Kreislaufe
der nachembryonalen Zeit, liegt darin, dass bei demselben ein zwei-
ter Kreislauf, analog dem Lungen- oder kleinen Kreislaufe, fehlt, und
dass somit alle vier Abtheilungen des Herzens für den Körperkreis-
lauf nutzbar gemacht werden. Um dieses bei der stattfindenden
gleichmässigen Ausbildung aller Abschnitte des Herzens zu ermög-
lichen, mussten Einrichtungen geschaffen werden, um erstens auch
dem linken Herzen, dem von den Lungen her eine kaum nennens-
werthe Blutmenge zukommt, eine gehörige Zufuhr zu verschaffen,
und zweitens das Blut des rechten Herzens in die Körpergefässe ab-

Siebenunddreissigste Vorlesung.
zugleich ein neuer Seitenast von den Wolff’schen Körpern und den
Geschlechtsorganen her sich bilde. Mit dem Schwinden der Wolff’-
schen Körper und des mittleren Theiles der Cardinalvenen erschei-
nen dann das Ende dieser (als Vena hypogastrica) und die Schenkel-
vene als Aeste der Cava, deren zwei Schenkel zu den Venae iliacae
communes
sich gestalten. Zugleich wird das vordere Ende der Cava
immer weiter und bald zum Hauptgefäss, in das dann das Ende der
Nabelvene oder der Ductus venosus als Ast einmündet, wobei jedoch
zu bemerken ist, dass selbst noch am Ende des Fötallebens die
Cava inferior eigentlich kaum stärker ist als der Ductus venosus (Fig.
208), so dass man den kurzen Stamm der Cava über der Leber auch
jetzt noch mit Recht als Ende der Umbilicalis bezeichnen könnte,
insofern wenigstens als die Lebervenen zum Bereiche der Umbilicalis
gehören.

Kreislauf
beim Fötus.
Nach Beschreibung der Entwicklung der Blutgefässe erscheint
es nun zweckmässig noch mit einigen Worten des Kreislaufes im
Fötus zu gedenken. Die Embryologie unterscheidet gewöhnlich zwei
Formen oder Stadien des Kreislaufes im Fötus, einmal den ersten
Kreislauf
oder den des Fruchthofes und Dottersackes und
dann den zweiten Kreislauf, der auch der Placentarkreis-
lauf
heisst, es ist jedoch hinreichend klar, dass zwischen diesen
beiden Endgestaltungen eine Menge Uebergänge sich finden. Es
würde uns zu weit führen und auch ziemlich nutzlos sein, woll-
ten wir diese Zwischenstufen jetzt, nachdem wir dieselben alle
ausführlich anatomisch abgehandelt, auch noch vom physiologischen
Standpuncte aus betrachten und begnüge ich mich daher, da der
erste Kreislauf schon geschildert ist (s. Vorl. XII), mit einer kurzen
Darstellung des Placentarkreislaufes, wie er vom Anfange des drit-
ten Monates an bis zum Ende des Fötallebens gefunden wird. Das
Eigenthümliche dieses Kreislaufes, verglichen mit dem Kreislaufe
der nachembryonalen Zeit, liegt darin, dass bei demselben ein zwei-
ter Kreislauf, analog dem Lungen- oder kleinen Kreislaufe, fehlt, und
dass somit alle vier Abtheilungen des Herzens für den Körperkreis-
lauf nutzbar gemacht werden. Um dieses bei der stattfindenden
gleichmässigen Ausbildung aller Abschnitte des Herzens zu ermög-
lichen, mussten Einrichtungen geschaffen werden, um erstens auch
dem linken Herzen, dem von den Lungen her eine kaum nennens-
werthe Blutmenge zukommt, eine gehörige Zufuhr zu verschaffen,
und zweitens das Blut des rechten Herzens in die Körpergefässe ab-

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[426/0442] Siebenunddreissigste Vorlesung. zugleich ein neuer Seitenast von den Wolff’schen Körpern und den Geschlechtsorganen her sich bilde. Mit dem Schwinden der Wolff’- schen Körper und des mittleren Theiles der Cardinalvenen erschei- nen dann das Ende dieser (als Vena hypogastrica) und die Schenkel- vene als Aeste der Cava, deren zwei Schenkel zu den Venae iliacae communes sich gestalten. Zugleich wird das vordere Ende der Cava immer weiter und bald zum Hauptgefäss, in das dann das Ende der Nabelvene oder der Ductus venosus als Ast einmündet, wobei jedoch zu bemerken ist, dass selbst noch am Ende des Fötallebens die Cava inferior eigentlich kaum stärker ist als der Ductus venosus (Fig. 208), so dass man den kurzen Stamm der Cava über der Leber auch jetzt noch mit Recht als Ende der Umbilicalis bezeichnen könnte, insofern wenigstens als die Lebervenen zum Bereiche der Umbilicalis gehören. Nach Beschreibung der Entwicklung der Blutgefässe erscheint es nun zweckmässig noch mit einigen Worten des Kreislaufes im Fötus zu gedenken. Die Embryologie unterscheidet gewöhnlich zwei Formen oder Stadien des Kreislaufes im Fötus, einmal den ersten Kreislauf oder den des Fruchthofes und Dottersackes und dann den zweiten Kreislauf, der auch der Placentarkreis- lauf heisst, es ist jedoch hinreichend klar, dass zwischen diesen beiden Endgestaltungen eine Menge Uebergänge sich finden. Es würde uns zu weit führen und auch ziemlich nutzlos sein, woll- ten wir diese Zwischenstufen jetzt, nachdem wir dieselben alle ausführlich anatomisch abgehandelt, auch noch vom physiologischen Standpuncte aus betrachten und begnüge ich mich daher, da der erste Kreislauf schon geschildert ist (s. Vorl. XII), mit einer kurzen Darstellung des Placentarkreislaufes, wie er vom Anfange des drit- ten Monates an bis zum Ende des Fötallebens gefunden wird. Das Eigenthümliche dieses Kreislaufes, verglichen mit dem Kreislaufe der nachembryonalen Zeit, liegt darin, dass bei demselben ein zwei- ter Kreislauf, analog dem Lungen- oder kleinen Kreislaufe, fehlt, und dass somit alle vier Abtheilungen des Herzens für den Körperkreis- lauf nutzbar gemacht werden. Um dieses bei der stattfindenden gleichmässigen Ausbildung aller Abschnitte des Herzens zu ermög- lichen, mussten Einrichtungen geschaffen werden, um erstens auch dem linken Herzen, dem von den Lungen her eine kaum nennens- werthe Blutmenge zukommt, eine gehörige Zufuhr zu verschaffen, und zweitens das Blut des rechten Herzens in die Körpergefässe ab- Kreislauf beim Fötus.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/442>, abgerufen am 22.11.2024.