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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung des Gefässsystems.
sich ergiessen. Drittens endlich verbindet sich die linke hintere Ver-
tebralvene hinter der Aorta mit der entsprechenden Vene der rechten
Seite und wird so zur Vena hemiazygos. Die rechte Vena vertebra-Hemiazygos.
lis mit dem Ende der früheren Cardinalis ist nun Azygos geworden,Azygos.
der Ductus Cuvieri dexter obere Hohlvene, das Ende der rechten
Jugularis Anonyma dextra, der neue Verbindungszweig mit derAnonymae.
Jugularis sinistra Anonyma sinistra, wie Ihnen dieses Alles die
Fig. 210 versinnlicht. Das obere Ende der Vertebralis posterior dextra
mit dem Reste der Cardinalis dextra erhält sich in sehr verschiede-
ner Form als Stämmchen der oberen Intercostalvenen oder Hemi-
azygos superior
und Intercostalis suprema. Einen dieser Fälle, wo
die Hemiazygos superior eine Anastomose der Hemiazygos inferior
und Anonyma darstellt, ist in dem Schema Fig. 210, 2 zu Grunde ge-
legt. -- Fassen Sie alles Bemerkte zusammen, so ergibt sich, dass
dem exquisit asymmetrischen Systeme der Vena cava superior des
Erwachsenen ein ganz paariges Venengebiet zu Grunde liegt, und
will ich Sie bei dieser Gelegenheit noch darauf aufmerksam machen,
dass bei manchen Säugethieren zeitlebens zwei obere Hohlvenen sich
erhalten, sowie dass auch beim Menschen in seltenen Fällen eine
Cava superior sinistra gefunden wird, in welch' letzterer Beziehung
besonders die citirte Arbeit von Marshall zu vergleichen ist.

Es erübrigt endlich noch die Bildung der unteren HohlveneCava inferior.
zu besprechen, welche von all den geschilderten primitiven Venen-
stämmen zuletzt entsteht. Wenn die Cardinalvenen die Venen der
Wolff'schen Körper sind, so kann man die Cava inferior die Vene
der Nebennieren, Nieren und inneren Geschlechtsorgane heissen. Ihre
Bildung fällt beim Menschen zwischen die vierte und fünfte Woche und
erscheint dieselbe als ein kürzerer Stamm zwischen den Wolff'schen
Körpern und hinter der Leber, der vorn mit dem Stamme der Umbili-
calvene zusammenmündet und hinten jederseits durch einen hin-
ter den Wolff'schen Körpern gelegenen Ast mit den Cardinalvenen
sich verbindet, da wo dieselben von aussen die kleine Extremitäten-
vene aufnehmen (Fig. 210). Ueber die erste Entstehung der Hohlvene
gibt Rathke an, dass dieselbe gleichsam von der Leber aus rück-
wärts auswachse. Zuerst entstehe der Stamm, dann ein Paar Aeste,
die am inneren Rande der Wolff'schen Körper rückwärts verlaufen
und Aestchen von diesen und der Niere empfangen. Darauf bilde
sich der Stamm über diese Aeste hinaus nach hinten fort und gehe
dann die erwähnte Anastomose mit den Cardinalvenen ein, während

Entwicklung des Gefässsystems.
sich ergiessen. Drittens endlich verbindet sich die linke hintere Ver-
tebralvene hinter der Aorta mit der entsprechenden Vene der rechten
Seite und wird so zur Vena hemiazygos. Die rechte Vena vertebra-Hemiazygos.
lis mit dem Ende der früheren Cardinalis ist nun Azygos geworden,Azygos.
der Ductus Cuvieri dexter obere Hohlvene, das Ende der rechten
Jugularis Anonyma dextra, der neue Verbindungszweig mit derAnonymae.
Jugularis sinistra Anonyma sinistra, wie Ihnen dieses Alles die
Fig. 210 versinnlicht. Das obere Ende der Vertebralis posterior dextra
mit dem Reste der Cardinalis dextra erhält sich in sehr verschiede-
ner Form als Stämmchen der oberen Intercostalvenen oder Hemi-
azygos superior
und Intercostalis suprema. Einen dieser Fälle, wo
die Hemiazygos superior eine Anastomose der Hemiazygos inferior
und Anonyma darstellt, ist in dem Schema Fig. 210, 2 zu Grunde ge-
legt. — Fassen Sie alles Bemerkte zusammen, so ergibt sich, dass
dem exquisit asymmetrischen Systeme der Vena cava superior des
Erwachsenen ein ganz paariges Venengebiet zu Grunde liegt, und
will ich Sie bei dieser Gelegenheit noch darauf aufmerksam machen,
dass bei manchen Säugethieren zeitlebens zwei obere Hohlvenen sich
erhalten, sowie dass auch beim Menschen in seltenen Fällen eine
Cava superior sinistra gefunden wird, in welch’ letzterer Beziehung
besonders die citirte Arbeit von Marshall zu vergleichen ist.

Es erübrigt endlich noch die Bildung der unteren HohlveneCava inferior.
zu besprechen, welche von all den geschilderten primitiven Venen-
stämmen zuletzt entsteht. Wenn die Cardinalvenen die Venen der
Wolff’schen Körper sind, so kann man die Cava inferior die Vene
der Nebennieren, Nieren und inneren Geschlechtsorgane heissen. Ihre
Bildung fällt beim Menschen zwischen die vierte und fünfte Woche und
erscheint dieselbe als ein kürzerer Stamm zwischen den Wolff’schen
Körpern und hinter der Leber, der vorn mit dem Stamme der Umbili-
calvene zusammenmündet und hinten jederseits durch einen hin-
ter den Wolff’schen Körpern gelegenen Ast mit den Cardinalvenen
sich verbindet, da wo dieselben von aussen die kleine Extremitäten-
vene aufnehmen (Fig. 210). Ueber die erste Entstehung der Hohlvene
gibt Rathke an, dass dieselbe gleichsam von der Leber aus rück-
wärts auswachse. Zuerst entstehe der Stamm, dann ein Paar Aeste,
die am inneren Rande der Wolff’schen Körper rückwärts verlaufen
und Aestchen von diesen und der Niere empfangen. Darauf bilde
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[425/0441] Entwicklung des Gefässsystems. sich ergiessen. Drittens endlich verbindet sich die linke hintere Ver- tebralvene hinter der Aorta mit der entsprechenden Vene der rechten Seite und wird so zur Vena hemiazygos. Die rechte Vena vertebra- lis mit dem Ende der früheren Cardinalis ist nun Azygos geworden, der Ductus Cuvieri dexter obere Hohlvene, das Ende der rechten Jugularis Anonyma dextra, der neue Verbindungszweig mit der Jugularis sinistra Anonyma sinistra, wie Ihnen dieses Alles die Fig. 210 versinnlicht. Das obere Ende der Vertebralis posterior dextra mit dem Reste der Cardinalis dextra erhält sich in sehr verschiede- ner Form als Stämmchen der oberen Intercostalvenen oder Hemi- azygos superior und Intercostalis suprema. Einen dieser Fälle, wo die Hemiazygos superior eine Anastomose der Hemiazygos inferior und Anonyma darstellt, ist in dem Schema Fig. 210, 2 zu Grunde ge- legt. — Fassen Sie alles Bemerkte zusammen, so ergibt sich, dass dem exquisit asymmetrischen Systeme der Vena cava superior des Erwachsenen ein ganz paariges Venengebiet zu Grunde liegt, und will ich Sie bei dieser Gelegenheit noch darauf aufmerksam machen, dass bei manchen Säugethieren zeitlebens zwei obere Hohlvenen sich erhalten, sowie dass auch beim Menschen in seltenen Fällen eine Cava superior sinistra gefunden wird, in welch’ letzterer Beziehung besonders die citirte Arbeit von Marshall zu vergleichen ist. Hemiazygos. Azygos. Anonymae. Es erübrigt endlich noch die Bildung der unteren Hohlvene zu besprechen, welche von all den geschilderten primitiven Venen- stämmen zuletzt entsteht. Wenn die Cardinalvenen die Venen der Wolff’schen Körper sind, so kann man die Cava inferior die Vene der Nebennieren, Nieren und inneren Geschlechtsorgane heissen. Ihre Bildung fällt beim Menschen zwischen die vierte und fünfte Woche und erscheint dieselbe als ein kürzerer Stamm zwischen den Wolff’schen Körpern und hinter der Leber, der vorn mit dem Stamme der Umbili- calvene zusammenmündet und hinten jederseits durch einen hin- ter den Wolff’schen Körpern gelegenen Ast mit den Cardinalvenen sich verbindet, da wo dieselben von aussen die kleine Extremitäten- vene aufnehmen (Fig. 210). Ueber die erste Entstehung der Hohlvene gibt Rathke an, dass dieselbe gleichsam von der Leber aus rück- wärts auswachse. Zuerst entstehe der Stamm, dann ein Paar Aeste, die am inneren Rande der Wolff’schen Körper rückwärts verlaufen und Aestchen von diesen und der Niere empfangen. Darauf bilde sich der Stamm über diese Aeste hinaus nach hinten fort und gehe dann die erwähnte Anastomose mit den Cardinalvenen ein, während Cava inferior.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/441>, abgerufen am 26.11.2024.