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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Einunddreissigste Vorlesung.
embryologischen Untersuchung zusammengehalten mit dem, was
wir über die Nervenenden im Vorhofe und den Ampullen wissen,
nun im höchsten Grade wahrscheinlich, dass auch die Enden des
Nervus cochleae im Epithel des Canalis cochlearis und zwar in der
Gegend der sogenannten Corti'schen Fasern zu suchen sind, wor-
über sich auszulassen hier nicht der Ort ist.

Verbindung der
Schnecke mit
dem Vorhofe.
Mit Bezug auf die Schnecke ist nun noch ein Punct zu bespre-
chen, nämlich die Beziehung derselben zum übrigen Labyrinthe. Wie
Sie früher gehört, ist der Schneckenkanal ursprünglich ein Auswuchs
des Ohrbläschens und findet sich auch noch bei schon vorgerückte-
rer Entwicklung des Labyrinthes in weiter Verbindung mit dem-
selben, d. h. dem Vestibulum (Fig. 152). Da nun aber beim Erwach-
senen der Canalis cochlearis, obschon dessen Verhalten am Anfange
der Schnecke noch nicht bekannt ist, doch sicherlich mit den Vor-
hofssäckchen in keiner Verbindung steht, so muss man annehmen,
dass die ursprüngliche Verbindung der genannten Theile später sich
löst. Dass die Treppen mit dem Vorhofsraume in Verbindung stehen,
ist aus der Entwicklung leicht begreiflich, da dieselben ganz in glei-
cher Weise sich bilden wie dieser, und wäre höchstens die Frage
aufzuwerfen, wie es kommt, dass die Paukentreppe nicht auch
direct in den Vorhof mündet, was, wie Sie wissen, von der eigen-
thümlichen Anheftung der Spirallamelle abhängt. Die Fenestra
rotunda
steht in keinem inneren Zusammenhange mit der Bildung
des Schneckenkanales ebenso wenig wie die Fenestra ovalis mit
derjenigen der Vorhofssäckchen und sind beide nichts als nicht
verknorpelte Stellen der ursprünglichen Umhüllungsmasse des La-
byrinthes.

Verknöcherung
des Labyrinthes.
Die Verknöcherung des Labyrinthes scheint seit J. F.
Cassebohm (Tract. de aure hum. Hal. et Magdeb. 1734 et 1735) und
J. Fr. Meckel (Handb. d. Anat. IV. St. 42 flgde.) Niemand mehr
untersucht zu haben und erklärt es sich nur so, dass gewisse un-
richtige Angaben fast in allen Handbüchern, Jahr aus Jahr ein, sich
wiederholen. Unrichtig ist es, dass der äussere Theil der Pyramide
des Felsenbeines und das Labyrinth besonders verknöchern, sowie
dass die Verknöcherung als eine dünne Kruste an der Wand des
Labyrinthes beginne. Vielmehr tritt die Kalkablagerung in der gan-
zen Dicke der Wand des Labyinthes auf, so jedoch, dass sie aussen
eher zuerst erscheint als innen (Fig. 153) und verknöchert die ganze
Pyramide von den zuerst an den knorpeligen Bogengängen und der

Einunddreissigste Vorlesung.
embryologischen Untersuchung zusammengehalten mit dem, was
wir über die Nervenenden im Vorhofe und den Ampullen wissen,
nun im höchsten Grade wahrscheinlich, dass auch die Enden des
Nervus cochleae im Epithel des Canalis cochlearis und zwar in der
Gegend der sogenannten Corti’schen Fasern zu suchen sind, wor-
über sich auszulassen hier nicht der Ort ist.

Verbindung der
Schnecke mit
dem Vorhofe.
Mit Bezug auf die Schnecke ist nun noch ein Punct zu bespre-
chen, nämlich die Beziehung derselben zum übrigen Labyrinthe. Wie
Sie früher gehört, ist der Schneckenkanal ursprünglich ein Auswuchs
des Ohrbläschens und findet sich auch noch bei schon vorgerückte-
rer Entwicklung des Labyrinthes in weiter Verbindung mit dem-
selben, d. h. dem Vestibulum (Fig. 152). Da nun aber beim Erwach-
senen der Canalis cochlearis, obschon dessen Verhalten am Anfange
der Schnecke noch nicht bekannt ist, doch sicherlich mit den Vor-
hofssäckchen in keiner Verbindung steht, so muss man annehmen,
dass die ursprüngliche Verbindung der genannten Theile später sich
löst. Dass die Treppen mit dem Vorhofsraume in Verbindung stehen,
ist aus der Entwicklung leicht begreiflich, da dieselben ganz in glei-
cher Weise sich bilden wie dieser, und wäre höchstens die Frage
aufzuwerfen, wie es kommt, dass die Paukentreppe nicht auch
direct in den Vorhof mündet, was, wie Sie wissen, von der eigen-
thümlichen Anheftung der Spirallamelle abhängt. Die Fenestra
rotunda
steht in keinem inneren Zusammenhange mit der Bildung
des Schneckenkanales ebenso wenig wie die Fenestra ovalis mit
derjenigen der Vorhofssäckchen und sind beide nichts als nicht
verknorpelte Stellen der ursprünglichen Umhüllungsmasse des La-
byrinthes.

Verknöcherung
des Labyrinthes.
Die Verknöcherung des Labyrinthes scheint seit J. F.
Cassebohm (Tract. de aure hum. Hal. et Magdeb. 1734 et 1735) und
J. Fr. Meckel (Handb. d. Anat. IV. St. 42 flgde.) Niemand mehr
untersucht zu haben und erklärt es sich nur so, dass gewisse un-
richtige Angaben fast in allen Handbüchern, Jahr aus Jahr ein, sich
wiederholen. Unrichtig ist es, dass der äussere Theil der Pyramide
des Felsenbeines und das Labyrinth besonders verknöchern, sowie
dass die Verknöcherung als eine dünne Kruste an der Wand des
Labyrinthes beginne. Vielmehr tritt die Kalkablagerung in der gan-
zen Dicke der Wand des Labyinthes auf, so jedoch, dass sie aussen
eher zuerst erscheint als innen (Fig. 153) und verknöchert die ganze
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[320/0336] Einunddreissigste Vorlesung. embryologischen Untersuchung zusammengehalten mit dem, was wir über die Nervenenden im Vorhofe und den Ampullen wissen, nun im höchsten Grade wahrscheinlich, dass auch die Enden des Nervus cochleae im Epithel des Canalis cochlearis und zwar in der Gegend der sogenannten Corti’schen Fasern zu suchen sind, wor- über sich auszulassen hier nicht der Ort ist. Mit Bezug auf die Schnecke ist nun noch ein Punct zu bespre- chen, nämlich die Beziehung derselben zum übrigen Labyrinthe. Wie Sie früher gehört, ist der Schneckenkanal ursprünglich ein Auswuchs des Ohrbläschens und findet sich auch noch bei schon vorgerückte- rer Entwicklung des Labyrinthes in weiter Verbindung mit dem- selben, d. h. dem Vestibulum (Fig. 152). Da nun aber beim Erwach- senen der Canalis cochlearis, obschon dessen Verhalten am Anfange der Schnecke noch nicht bekannt ist, doch sicherlich mit den Vor- hofssäckchen in keiner Verbindung steht, so muss man annehmen, dass die ursprüngliche Verbindung der genannten Theile später sich löst. Dass die Treppen mit dem Vorhofsraume in Verbindung stehen, ist aus der Entwicklung leicht begreiflich, da dieselben ganz in glei- cher Weise sich bilden wie dieser, und wäre höchstens die Frage aufzuwerfen, wie es kommt, dass die Paukentreppe nicht auch direct in den Vorhof mündet, was, wie Sie wissen, von der eigen- thümlichen Anheftung der Spirallamelle abhängt. Die Fenestra rotunda steht in keinem inneren Zusammenhange mit der Bildung des Schneckenkanales ebenso wenig wie die Fenestra ovalis mit derjenigen der Vorhofssäckchen und sind beide nichts als nicht verknorpelte Stellen der ursprünglichen Umhüllungsmasse des La- byrinthes. Verbindung der Schnecke mit dem Vorhofe. Die Verknöcherung des Labyrinthes scheint seit J. F. Cassebohm (Tract. de aure hum. Hal. et Magdeb. 1734 et 1735) und J. Fr. Meckel (Handb. d. Anat. IV. St. 42 flgde.) Niemand mehr untersucht zu haben und erklärt es sich nur so, dass gewisse un- richtige Angaben fast in allen Handbüchern, Jahr aus Jahr ein, sich wiederholen. Unrichtig ist es, dass der äussere Theil der Pyramide des Felsenbeines und das Labyrinth besonders verknöchern, sowie dass die Verknöcherung als eine dünne Kruste an der Wand des Labyrinthes beginne. Vielmehr tritt die Kalkablagerung in der gan- zen Dicke der Wand des Labyinthes auf, so jedoch, dass sie aussen eher zuerst erscheint als innen (Fig. 153) und verknöchert die ganze Pyramide von den zuerst an den knorpeligen Bogengängen und der Verknöcherung des Labyrinthes.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/336>, abgerufen am 24.11.2024.