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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung des Nervensystems.
ich bekennen, dass dieselbe von vornherein mir nicht zusagt, im-
merhin will ich Ihnen erwähnen, dass nach Remak, der übrigens
ebenfalls für Reichert's Annahme nicht günstig gestimmt ist (Entw.
St. 44 Anm.) in der Hypophysis des Menschen und von Säugethieren
mitunter knorpelharte aus kleinen polyedrischen kernlosen Zellen
zusammengesetzte Stückchen gefunden werden (Müller's Archiv
4844, St. 517).

Das Mittelhirn erleidet keine so bedeutenden Veränderungen,Mittelhirn.
wie die bisher beschriebenen Hirntheile. Ursprünglich ein grosser
und ganz frei gelegener Hirntheil (Fig. 105) wird derselbe, wie ich
Ihnen schon früher angab, allmälig vom grossen Hirne bedeckt,

[Abbildung] Fig. 116.
während er zugleich im Wachsthume weniger
fortschreitet und nach und nach zu einem un-
tergeordneten Gebilde zurücksinkt. Mittlerweile
verengert sich auch die Höhle der Blase durch
Wucherung ihrer Wandungen, so dass am Ende
nur noch der Aquaeductus Sylvii als Rest der-
selben übrig bleibt. Die Oberfläche ist lange
Zeit glatt, abgesehen von einer, wie es scheint,
nicht constanten Längsfurche (Fig. 116) die später
schwindet. Erst im sechsten Monate bildet sich
eine bleibende Längsfurche an der Oberfläche aus,
zu der dann im siebenten Monate auch eine Quer-
furche kommt, während zugleich die zwischen
den Furchen gelegenen Theile sich wölben, so
dass dann das Organ im Wesentlichen ausgebil-
det ist. Aus den Basaltheilen des Mittelhirns ent-
wickeln sich die Hirnstiele.

Das Cerebellum entwickelt sich aus zwei Blättchen, die vonHinterhirn.
den vordersten Theilen der Ränder der ursprünglichen dritten Hirn-
abtheilung einander entgegen wachsen und schon im zweiten Monate
in der hinteren Mittellinie zur Berührung kommen. Es stellt dann das
kleine Gehirn oder Hinterhirn im engern Sinne (Fig. 117) eine kleine,
horizontal liegende, überall gleich dicke Platte dar, unter oder vor
welcher die Verbindung der Rautengrube mit der Höhle des Mittel-

[Abbildung]

Fig. 116. Dreimonatlicher menschlicher Embryo in natürlicher Grösse mit
blosgelegtem Hirn und Mark. h Hemisphären des grossen Hirns, m Mittelhirn,
c kleines Hirn. An der Medulla oblongata sieht man einen Rest der Membrana
obturatoria ventriculi IV
.

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Entwicklung des Nervensystems.
ich bekennen, dass dieselbe von vornherein mir nicht zusagt, im-
merhin will ich Ihnen erwähnen, dass nach Remak, der übrigens
ebenfalls für Reichert’s Annahme nicht günstig gestimmt ist (Entw.
St. 44 Anm.) in der Hypophysis des Menschen und von Säugethieren
mitunter knorpelharte aus kleinen polyëdrischen kernlosen Zellen
zusammengesetzte Stückchen gefunden werden (Müller’s Archiv
4844, St. 517).

Das Mittelhirn erleidet keine so bedeutenden Veränderungen,Mittelhirn.
wie die bisher beschriebenen Hirntheile. Ursprünglich ein grosser
und ganz frei gelegener Hirntheil (Fig. 105) wird derselbe, wie ich
Ihnen schon früher angab, allmälig vom grossen Hirne bedeckt,

[Abbildung] Fig. 116.
während er zugleich im Wachsthume weniger
fortschreitet und nach und nach zu einem un-
tergeordneten Gebilde zurücksinkt. Mittlerweile
verengert sich auch die Höhle der Blase durch
Wucherung ihrer Wandungen, so dass am Ende
nur noch der Aquaeductus Sylvii als Rest der-
selben übrig bleibt. Die Oberfläche ist lange
Zeit glatt, abgesehen von einer, wie es scheint,
nicht constanten Längsfurche (Fig. 116) die später
schwindet. Erst im sechsten Monate bildet sich
eine bleibende Längsfurche an der Oberfläche aus,
zu der dann im siebenten Monate auch eine Quer-
furche kommt, während zugleich die zwischen
den Furchen gelegenen Theile sich wölben, so
dass dann das Organ im Wesentlichen ausgebil-
det ist. Aus den Basaltheilen des Mittelhirns ent-
wickeln sich die Hirnstiele.

Das Cerebellum entwickelt sich aus zwei Blättchen, die vonHinterhirn.
den vordersten Theilen der Ränder der ursprünglichen dritten Hirn-
abtheilung einander entgegen wachsen und schon im zweiten Monate
in der hinteren Mittellinie zur Berührung kommen. Es stellt dann das
kleine Gehirn oder Hinterhirn im engern Sinne (Fig. 117) eine kleine,
horizontal liegende, überall gleich dicke Platte dar, unter oder vor
welcher die Verbindung der Rautengrube mit der Höhle des Mittel-

[Abbildung]

Fig. 116. Dreimonatlicher menschlicher Embryo in natürlicher Grösse mit
blosgelegtem Hirn und Mark. h Hemisphären des grossen Hirns, m Mittelhirn,
c kleines Hirn. An der Medulla oblongata sieht man einen Rest der Membrana
obturatoria ventriculi IV
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[243/0259] Entwicklung des Nervensystems. ich bekennen, dass dieselbe von vornherein mir nicht zusagt, im- merhin will ich Ihnen erwähnen, dass nach Remak, der übrigens ebenfalls für Reichert’s Annahme nicht günstig gestimmt ist (Entw. St. 44 Anm.) in der Hypophysis des Menschen und von Säugethieren mitunter knorpelharte aus kleinen polyëdrischen kernlosen Zellen zusammengesetzte Stückchen gefunden werden (Müller’s Archiv 4844, St. 517). Das Mittelhirn erleidet keine so bedeutenden Veränderungen, wie die bisher beschriebenen Hirntheile. Ursprünglich ein grosser und ganz frei gelegener Hirntheil (Fig. 105) wird derselbe, wie ich Ihnen schon früher angab, allmälig vom grossen Hirne bedeckt, [Abbildung Fig. 116.] während er zugleich im Wachsthume weniger fortschreitet und nach und nach zu einem un- tergeordneten Gebilde zurücksinkt. Mittlerweile verengert sich auch die Höhle der Blase durch Wucherung ihrer Wandungen, so dass am Ende nur noch der Aquaeductus Sylvii als Rest der- selben übrig bleibt. Die Oberfläche ist lange Zeit glatt, abgesehen von einer, wie es scheint, nicht constanten Längsfurche (Fig. 116) die später schwindet. Erst im sechsten Monate bildet sich eine bleibende Längsfurche an der Oberfläche aus, zu der dann im siebenten Monate auch eine Quer- furche kommt, während zugleich die zwischen den Furchen gelegenen Theile sich wölben, so dass dann das Organ im Wesentlichen ausgebil- det ist. Aus den Basaltheilen des Mittelhirns ent- wickeln sich die Hirnstiele. Mittelhirn. Das Cerebellum entwickelt sich aus zwei Blättchen, die von den vordersten Theilen der Ränder der ursprünglichen dritten Hirn- abtheilung einander entgegen wachsen und schon im zweiten Monate in der hinteren Mittellinie zur Berührung kommen. Es stellt dann das kleine Gehirn oder Hinterhirn im engern Sinne (Fig. 117) eine kleine, horizontal liegende, überall gleich dicke Platte dar, unter oder vor welcher die Verbindung der Rautengrube mit der Höhle des Mittel- [Abbildung Fig. 116. Dreimonatlicher menschlicher Embryo in natürlicher Grösse mit blosgelegtem Hirn und Mark. h Hemisphären des grossen Hirns, m Mittelhirn, c kleines Hirn. An der Medulla oblongata sieht man einen Rest der Membrana obturatoria ventriculi IV.] Hinterhirn. 16*

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/259>, abgerufen am 24.11.2024.