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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Sechsundzwanzigste Vorlesung.
lungsleben im Wirbelthierreich. St. 179), dass die Glandula pituita-
ria
aus dem vordersten Ende der Chorda dorsalis sich hervorbilde,
dagegen unterlassen, ausführlicher die Thatsachen vorzulegen, auf
welche er seine Behauptung gründet. Andere Angaben über die Bil-
dung der Hypophysis existiren nicht und habe auch ich zu bedauern,
Ihnen nichts ganz Bestimmtes sagen zu können. Sicher ist Eine That-
sache, die nämlich, dass bei jungen Embryonen in der That eine
Ausstülpung aus der Rachenhöhle gegen die Schädelbasis vorkommt,
wie diess Rathke zuerst beschrieben hat und auch jetzt noch fest-
hält. Ich kenne diese Ausstülpung vom Hühnchen, wo sie am vierten
Tage sehr deutlich ist und auch von Remak erwähnt und abgebildet
wird (Tab. V. Fig. 57, 5 und Erklärung dazu) und finde sie auch bei
[Abbildung] Fig. 115.
menschlichen Embryonen der 4.--6. Woche, von
denen die Fig. 115 Ihnen dieselbe von unten zeigt.
Auf Durchschnitten sieht man, dass dieselbe ge-
rade auf den Türkensattel zugeht, so dass ihre
Axe in Einer Richtung mit der Sattellehne und
dem Tentorium cerebelli (dem mittleren Schädel-
balken Rathke's) steht, jedoch etwas weniges vor
der Lehne sich befindet. Bei dem in Fig. 115 ab-
gebildeten Embryo war die Länge der Ausstülpung der Dicke des
Basilartheiles des Schädels, Anlagen der Hartgebilde und Hüllen des
Gehirns zusammengenommen, gleich und schien in der That die
Schädelbasis zu durchboren und noch deutlicher war diess bei einem
vier Wochen alten Embryo, bei dem die Ausstülpung in Gestalt eines
von vorn nach hinten comprimirten Säckchens entschieden in der
Schädelhöhle zu liegen schien. Es ist mir jedoch aus Mangel an
Material an ganz jungen Embryonen nicht gelungen, in dieser Be-
ziehung so vollständig ins Reine zu kommen als ich es wünschte
und möchte ich daher doch für einmal kein ganz bestimmtes Urtheil
abgeben. Eben so wenig kann ich Ihnen sagen, was aus dieser Aus-
stülpung wird. Hat dieselbe keine Beziehung zur Bildung der Hypo-
physis
, was mir noch nicht erwiesen scheint, so wäre vielleicht an
das von mir im Grunde des Pharynx aufgefundene tonsillenartige
Organ zu denken. Was die Ansicht von Reichert anlangt, so muss
[Abbildung]

Fig. 115. Kopf eines sechs Wochen alten menschlichen Embryo von vorn
und unten. u Stelle wo der Unterkiefer sass; o Oberkieferfortsatz des ersten
Kiemenbogens; an äusserer Nasenfortsatz; n Nasengrube; st Stirnfortsatz;
g Ausstülpung der Rachenschleimhaut.

Sechsundzwanzigste Vorlesung.
lungsleben im Wirbelthierreich. St. 179), dass die Glandula pituita-
ria
aus dem vordersten Ende der Chorda dorsalis sich hervorbilde,
dagegen unterlassen, ausführlicher die Thatsachen vorzulegen, auf
welche er seine Behauptung gründet. Andere Angaben über die Bil-
dung der Hypophysis existiren nicht und habe auch ich zu bedauern,
Ihnen nichts ganz Bestimmtes sagen zu können. Sicher ist Eine That-
sache, die nämlich, dass bei jungen Embryonen in der That eine
Ausstülpung aus der Rachenhöhle gegen die Schädelbasis vorkommt,
wie diess Rathke zuerst beschrieben hat und auch jetzt noch fest-
hält. Ich kenne diese Ausstülpung vom Hühnchen, wo sie am vierten
Tage sehr deutlich ist und auch von Remak erwähnt und abgebildet
wird (Tab. V. Fig. 57, 5 und Erklärung dazu) und finde sie auch bei
[Abbildung] Fig. 115.
menschlichen Embryonen der 4.—6. Woche, von
denen die Fig. 115 Ihnen dieselbe von unten zeigt.
Auf Durchschnitten sieht man, dass dieselbe ge-
rade auf den Türkensattel zugeht, so dass ihre
Axe in Einer Richtung mit der Sattellehne und
dem Tentorium cerebelli (dem mittleren Schädel-
balken Rathke’s) steht, jedoch etwas weniges vor
der Lehne sich befindet. Bei dem in Fig. 115 ab-
gebildeten Embryo war die Länge der Ausstülpung der Dicke des
Basilartheiles des Schädels, Anlagen der Hartgebilde und Hüllen des
Gehirns zusammengenommen, gleich und schien in der That die
Schädelbasis zu durchboren und noch deutlicher war diess bei einem
vier Wochen alten Embryo, bei dem die Ausstülpung in Gestalt eines
von vorn nach hinten comprimirten Säckchens entschieden in der
Schädelhöhle zu liegen schien. Es ist mir jedoch aus Mangel an
Material an ganz jungen Embryonen nicht gelungen, in dieser Be-
ziehung so vollständig ins Reine zu kommen als ich es wünschte
und möchte ich daher doch für einmal kein ganz bestimmtes Urtheil
abgeben. Eben so wenig kann ich Ihnen sagen, was aus dieser Aus-
stülpung wird. Hat dieselbe keine Beziehung zur Bildung der Hypo-
physis
, was mir noch nicht erwiesen scheint, so wäre vielleicht an
das von mir im Grunde des Pharynx aufgefundene tonsillenartige
Organ zu denken. Was die Ansicht von Reichert anlangt, so muss
[Abbildung]

Fig. 115. Kopf eines sechs Wochen alten menschlichen Embryo von vorn
und unten. u Stelle wo der Unterkiefer sass; o Oberkieferfortsatz des ersten
Kiemenbogens; an äusserer Nasenfortsatz; n Nasengrube; st Stirnfortsatz;
g Ausstülpung der Rachenschleimhaut.

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[242/0258] Sechsundzwanzigste Vorlesung. lungsleben im Wirbelthierreich. St. 179), dass die Glandula pituita- ria aus dem vordersten Ende der Chorda dorsalis sich hervorbilde, dagegen unterlassen, ausführlicher die Thatsachen vorzulegen, auf welche er seine Behauptung gründet. Andere Angaben über die Bil- dung der Hypophysis existiren nicht und habe auch ich zu bedauern, Ihnen nichts ganz Bestimmtes sagen zu können. Sicher ist Eine That- sache, die nämlich, dass bei jungen Embryonen in der That eine Ausstülpung aus der Rachenhöhle gegen die Schädelbasis vorkommt, wie diess Rathke zuerst beschrieben hat und auch jetzt noch fest- hält. Ich kenne diese Ausstülpung vom Hühnchen, wo sie am vierten Tage sehr deutlich ist und auch von Remak erwähnt und abgebildet wird (Tab. V. Fig. 57, 5 und Erklärung dazu) und finde sie auch bei [Abbildung Fig. 115.] menschlichen Embryonen der 4.—6. Woche, von denen die Fig. 115 Ihnen dieselbe von unten zeigt. Auf Durchschnitten sieht man, dass dieselbe ge- rade auf den Türkensattel zugeht, so dass ihre Axe in Einer Richtung mit der Sattellehne und dem Tentorium cerebelli (dem mittleren Schädel- balken Rathke’s) steht, jedoch etwas weniges vor der Lehne sich befindet. Bei dem in Fig. 115 ab- gebildeten Embryo war die Länge der Ausstülpung der Dicke des Basilartheiles des Schädels, Anlagen der Hartgebilde und Hüllen des Gehirns zusammengenommen, gleich und schien in der That die Schädelbasis zu durchboren und noch deutlicher war diess bei einem vier Wochen alten Embryo, bei dem die Ausstülpung in Gestalt eines von vorn nach hinten comprimirten Säckchens entschieden in der Schädelhöhle zu liegen schien. Es ist mir jedoch aus Mangel an Material an ganz jungen Embryonen nicht gelungen, in dieser Be- ziehung so vollständig ins Reine zu kommen als ich es wünschte und möchte ich daher doch für einmal kein ganz bestimmtes Urtheil abgeben. Eben so wenig kann ich Ihnen sagen, was aus dieser Aus- stülpung wird. Hat dieselbe keine Beziehung zur Bildung der Hypo- physis, was mir noch nicht erwiesen scheint, so wäre vielleicht an das von mir im Grunde des Pharynx aufgefundene tonsillenartige Organ zu denken. Was die Ansicht von Reichert anlangt, so muss [Abbildung Fig. 115. Kopf eines sechs Wochen alten menschlichen Embryo von vorn und unten. u Stelle wo der Unterkiefer sass; o Oberkieferfortsatz des ersten Kiemenbogens; an äusserer Nasenfortsatz; n Nasengrube; st Stirnfortsatz; g Ausstülpung der Rachenschleimhaut.]

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/258>, abgerufen am 24.11.2024.