Koch, Konrad: Über die Einrichtung von Wettspielkämpfen durch den Ausschuß. In: E. von Schenckendorff/ F. A. Schmidt (Hg.): Über Jugend- und Volksspiele. Jahrbuch des Zentralausschusses zur Förderung der Jugend- und Volksspiele in Deutschland. 2. Jahrgang. Leipzig, 1893. S. 186-192.geben nicht gern zu, daß die jetzige Blüte aller Leibesübungen bei ihnen Können und sollen wir diesem englischen Vorbilde zu folgen versuchen? Aber verletzen wir nicht damit die deutsche Sitte? Ganz gewiß nicht, *) Über Veranstaltung von Wettspielen handelt ausführlicher meine
Schrift:
"Wodurch sicheren wir das Bestehen der Schulspiele". Verlag von B. Göritz, Braunschweig. 1887. geben nicht gern zu, daß die jetzige Blüte aller Leibesübungen bei ihnen Können und sollen wir diesem englischen Vorbilde zu folgen versuchen? Aber verletzen wir nicht damit die deutsche Sitte? Ganz gewiß nicht, *) Über Veranstaltung von Wettspielen handelt ausführlicher meine
Schrift:
„Wodurch sicheren wir das Bestehen der Schulspiele“. Verlag von B. Göritz, Braunschweig. 1887. <TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0004" n="188"/> geben nicht gern zu, daß die jetzige Blüte aller Leibesübungen bei ihnen<lb/> eigentlich erst in der Mitte unseres Jahrhunderts begonnen hat. Der<lb/> M. C. C. hat jedenfalls durch seine Bemühungen außerordentlich viel<lb/> dazu beigetragen. Er widmet sich zwar ausschließlich dem Cricket, aber<lb/> grade bei der eifrigen Pflege dieses Spiels hat man in England die<lb/> kräftige Bewegung in freier Luft wieder schätzen und lieben gelernt. Die<lb/> ältere Geschichte des Vereins, die bis in das vorige Jahrhundert zurück-<lb/> reicht, teilt das Geschick der älteren römischen; sie ist infolge eines<lb/> Brandes, der seine ältesten Akten sämtlich vernichtete, in mythisches Dunkel<lb/> gehüllt. Aber man wird nicht irre gehen, wenn man die Haupterfolge<lb/> seiner Thätigkeit in die Mitte des jetzigen Jahrhunderts setzt. Denn<lb/> in diese Zeit fällt die Gründung der verschiedenen andern größeren Vereine<lb/> in England, die sich der Pflege der Spiele und Leibesübungen in freier<lb/> Luft widmen.</p><lb/> <p>Können und sollen wir diesem englischen Vorbilde zu folgen versuchen?<lb/> Es warnt davor eine doppelte Erwägung: erstens haben die Engländer<lb/> die alte Volkssitte, kräftige Leibesübungen im Freien zu treiben, nie so<lb/> so gänzlich aussterben lassen, wie es leider an vielen Orten bei uns der<lb/> Fall ist, und zweitens besitzen sie ihrer Eigenart nach für alles, was mit<lb/> dem Sport zusammenhängt, weit mehr Sinn. Doch wenn wir auch das<lb/> was an ihren Einrichtungen übertrieben erscheinen muß, hier streng aus-<lb/> schließen, so dürfen wir doch nicht verschmähen, was sie Nachahmungswertes<lb/> bieten. Und das finde ich hauptsächlich darin, daß wir uns mit unseren<lb/> Spielen in die Öffentlichkeit hinauswagen müssen. Wir können zwar<lb/> nicht wie der englische M. C. C. Spielriegen in alle deutschen Städte<lb/> aussenden, die überall Anregungen und Vorbild bieten, auch fehlt es uns<lb/> zunächst noch an einem solchen Mittelpunkte für das deutsche Spielleben,<lb/> wie es Lords Ground in England ist; aber wir haben die Möglichkeit,<lb/> durch Veranstaltungen von Wettspielen unsere Sache bedeutend zu fördern.<lb/> Freilich darf dabei namentlich anfangs die nötige Vorsicht nicht außer acht<lb/> gelassen werden, um in jeder Weise ein Gelingen der Wettspiele zu sichern.<lb/> Es kommt uns sehr zu gute, daß schon längst ein erfreulicher Anfang<lb/> damit gemacht ist.<note place="foot" n="*)">Über Veranstaltung von Wettspielen handelt ausführlicher meine Schrift:<lb/> „Wodurch sicheren wir das Bestehen der Schulspiele“. Verlag von B. Göritz,<lb/> Braunschweig. 1887.</note></p><lb/> <p>Aber verletzen wir nicht damit die deutsche Sitte? Ganz gewiß nicht,<lb/> wenn wir bei unserem Vorgehen uns nach dem Beispiele der deutschen<lb/> Turner richten, wie sie es mit ihrem Schauturnen der einzelnen Schulen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [188/0004]
geben nicht gern zu, daß die jetzige Blüte aller Leibesübungen bei ihnen
eigentlich erst in der Mitte unseres Jahrhunderts begonnen hat. Der
M. C. C. hat jedenfalls durch seine Bemühungen außerordentlich viel
dazu beigetragen. Er widmet sich zwar ausschließlich dem Cricket, aber
grade bei der eifrigen Pflege dieses Spiels hat man in England die
kräftige Bewegung in freier Luft wieder schätzen und lieben gelernt. Die
ältere Geschichte des Vereins, die bis in das vorige Jahrhundert zurück-
reicht, teilt das Geschick der älteren römischen; sie ist infolge eines
Brandes, der seine ältesten Akten sämtlich vernichtete, in mythisches Dunkel
gehüllt. Aber man wird nicht irre gehen, wenn man die Haupterfolge
seiner Thätigkeit in die Mitte des jetzigen Jahrhunderts setzt. Denn
in diese Zeit fällt die Gründung der verschiedenen andern größeren Vereine
in England, die sich der Pflege der Spiele und Leibesübungen in freier
Luft widmen.
Können und sollen wir diesem englischen Vorbilde zu folgen versuchen?
Es warnt davor eine doppelte Erwägung: erstens haben die Engländer
die alte Volkssitte, kräftige Leibesübungen im Freien zu treiben, nie so
so gänzlich aussterben lassen, wie es leider an vielen Orten bei uns der
Fall ist, und zweitens besitzen sie ihrer Eigenart nach für alles, was mit
dem Sport zusammenhängt, weit mehr Sinn. Doch wenn wir auch das
was an ihren Einrichtungen übertrieben erscheinen muß, hier streng aus-
schließen, so dürfen wir doch nicht verschmähen, was sie Nachahmungswertes
bieten. Und das finde ich hauptsächlich darin, daß wir uns mit unseren
Spielen in die Öffentlichkeit hinauswagen müssen. Wir können zwar
nicht wie der englische M. C. C. Spielriegen in alle deutschen Städte
aussenden, die überall Anregungen und Vorbild bieten, auch fehlt es uns
zunächst noch an einem solchen Mittelpunkte für das deutsche Spielleben,
wie es Lords Ground in England ist; aber wir haben die Möglichkeit,
durch Veranstaltungen von Wettspielen unsere Sache bedeutend zu fördern.
Freilich darf dabei namentlich anfangs die nötige Vorsicht nicht außer acht
gelassen werden, um in jeder Weise ein Gelingen der Wettspiele zu sichern.
Es kommt uns sehr zu gute, daß schon längst ein erfreulicher Anfang
damit gemacht ist. *)
Aber verletzen wir nicht damit die deutsche Sitte? Ganz gewiß nicht,
wenn wir bei unserem Vorgehen uns nach dem Beispiele der deutschen
Turner richten, wie sie es mit ihrem Schauturnen der einzelnen Schulen
*) Über Veranstaltung von Wettspielen handelt ausführlicher meine Schrift:
„Wodurch sicheren wir das Bestehen der Schulspiele“. Verlag von B. Göritz,
Braunschweig. 1887.
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