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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

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und unter trübe schwarze Wolken sich birgt, wenn
alles zusammen stürzt, meine Ruhe zu untergraben,
und ich schwer aufathmend mich nach Erlösung
sehne, wenn giftige Verleumdung meinen guten
Namen verfälscht|, meine Redlichkeit in Zweifel
zieht, und die mir sonst wol wollten, sich von mir
trennen, so verlaß Du mich nicht, strekke Deine
Arme aus, und nimm den Verstossenen auf, und
gieß in seine matte Seele einen Tropfen der Ruhe
und des Trostes, darnach sie lechzet! Ja Freund!
es gibt ein Gefühl, das stärker ist, als alle welt-
liche Ehre uud Glanz, stärker, als alle eitlen Grund-
säzze und Vorurteile, dadurch sich Menschen einan-
der ihr Leben verbittern, es versichert mich, daß
man das vollkommenste Glük, fern von der Welt,
und ihren Freuden, fern von jenen steilen Klippen
des Ruhms, daran so viele scheitern, nur in der
Einfalt der Natur suchen und finden kann.

Wenn ich den ländlichen Bewoner sehe, so sor-
genlos und frei, so zufrieden mit dem, was ihm
die Natur mitteilt, ohne Drang nach glüklichern
Tagen, ohne Sehnen nach Ruhm und Grösse, dann
entsteht der Gedanke in mir so lebhaft und feurig:
möchtest du ihm gleich sein, möchtest du wie er mit
der Natur wandeln, dich herum taumeln in den
Wolgerüchen der Schöpfung, dich am fallenden
Bach lagern, und unter seinem Rauschen, und dem

und unter truͤbe ſchwarze Wolken ſich birgt, wenn
alles zuſammen ſtuͤrzt, meine Ruhe zu untergraben,
und ich ſchwer aufathmend mich nach Erloͤſung
ſehne, wenn giftige Verleumdung meinen guten
Namen verfaͤlſcht|, meine Redlichkeit in Zweifel
zieht, und die mir ſonſt wol wollten, ſich von mir
trennen, ſo verlaß Du mich nicht, ſtrekke Deine
Arme aus, und nimm den Verſtoſſenen auf, und
gieß in ſeine matte Seele einen Tropfen der Ruhe
und des Troſtes, darnach ſie lechzet! Ja Freund!
es gibt ein Gefuͤhl, das ſtaͤrker iſt, als alle welt-
liche Ehre uud Glanz, ſtaͤrker, als alle eitlen Grund-
ſaͤzze und Vorurteile, dadurch ſich Menſchen einan-
der ihr Leben verbittern, es verſichert mich, daß
man das vollkommenſte Gluͤk, fern von der Welt,
und ihren Freuden, fern von jenen ſteilen Klippen
des Ruhms, daran ſo viele ſcheitern, nur in der
Einfalt der Natur ſuchen und finden kann.

Wenn ich den laͤndlichen Bewoner ſehe, ſo ſor-
genlos und frei, ſo zufrieden mit dem, was ihm
die Natur mitteilt, ohne Drang nach gluͤklichern
Tagen, ohne Sehnen nach Ruhm und Groͤſſe, dann
entſteht der Gedanke in mir ſo lebhaft und feurig:
moͤchteſt du ihm gleich ſein, moͤchteſt du wie er mit
der Natur wandeln, dich herum taumeln in den
Wolgeruͤchen der Schoͤpfung, dich am fallenden
Bach lagern, und unter ſeinem Rauſchen, und dem

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[238/0246] und unter truͤbe ſchwarze Wolken ſich birgt, wenn alles zuſammen ſtuͤrzt, meine Ruhe zu untergraben, und ich ſchwer aufathmend mich nach Erloͤſung ſehne, wenn giftige Verleumdung meinen guten Namen verfaͤlſcht|, meine Redlichkeit in Zweifel zieht, und die mir ſonſt wol wollten, ſich von mir trennen, ſo verlaß Du mich nicht, ſtrekke Deine Arme aus, und nimm den Verſtoſſenen auf, und gieß in ſeine matte Seele einen Tropfen der Ruhe und des Troſtes, darnach ſie lechzet! Ja Freund! es gibt ein Gefuͤhl, das ſtaͤrker iſt, als alle welt- liche Ehre uud Glanz, ſtaͤrker, als alle eitlen Grund- ſaͤzze und Vorurteile, dadurch ſich Menſchen einan- der ihr Leben verbittern, es verſichert mich, daß man das vollkommenſte Gluͤk, fern von der Welt, und ihren Freuden, fern von jenen ſteilen Klippen des Ruhms, daran ſo viele ſcheitern, nur in der Einfalt der Natur ſuchen und finden kann. Wenn ich den laͤndlichen Bewoner ſehe, ſo ſor- genlos und frei, ſo zufrieden mit dem, was ihm die Natur mitteilt, ohne Drang nach gluͤklichern Tagen, ohne Sehnen nach Ruhm und Groͤſſe, dann entſteht der Gedanke in mir ſo lebhaft und feurig: moͤchteſt du ihm gleich ſein, moͤchteſt du wie er mit der Natur wandeln, dich herum taumeln in den Wolgeruͤchen der Schoͤpfung, dich am fallenden Bach lagern, und unter ſeinem Rauſchen, und dem

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Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/246>, abgerufen am 05.05.2024.