Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

man nur einen flüchtigen Blik auf jene Häuser
wirft, wo jene unglükliche Geschöpfe eingesperrt
werden, so muß man über die unmenschlichen
Handlungen staunen, die da verübt werden.

Mit barbarischer Strenge wird das unglük-
liche Schlachtopfer behandelt, wenn sie ihren be-
stimmten täglichen Gewinnst nicht entrichtet;
um die unersättliche Habsucht der Kupplerin zu
stillen, muß sie ihren Leib den Lüsten hingeben,
und sich im Schlamm der Unzucht wälzen. Die
mehresten dieser elenden Geschöpfe werden mit
List in diese Häuser gelokket, werden durch das
Aeussere des Flitterstaats verblendet, daß sie das
übertünchte Grab nicht sehen können, und wer
kann sie retten? wenn sie einmal in den Klauen
der Räuber sind; sie sind unwiderbringlich verlo-
ren, wandern alle Klassen des Elends durch, bis
sie nach wenig Jahren ein Raub jener Krankheit
sind, die uns rohen Deutschen der feine

lerin für zwölf Thaler verkaufte, da ihr selbige
vorstellte, daß sie dadurch das Glük ihrer Toch-
ter beförderte, und der weitern Sorge für sie
gänzlich entnommen würde. Dies ist eine wahre
Thatsache, die euch Marktschreiern des Jahrhun-
derts, eure Hirngespinnste von Aufklärung auf
einmal zerstiebet.
O 4

man nur einen fluͤchtigen Blik auf jene Haͤuſer
wirft, wo jene ungluͤkliche Geſchoͤpfe eingeſperrt
werden, ſo muß man uͤber die unmenſchlichen
Handlungen ſtaunen, die da veruͤbt werden.

Mit barbariſcher Strenge wird das ungluͤk-
liche Schlachtopfer behandelt, wenn ſie ihren be-
ſtimmten taͤglichen Gewinnſt nicht entrichtet;
um die unerſaͤttliche Habſucht der Kupplerin zu
ſtillen, muß ſie ihren Leib den Luͤſten hingeben,
und ſich im Schlamm der Unzucht waͤlzen. Die
mehreſten dieſer elenden Geſchoͤpfe werden mit
Liſt in dieſe Haͤuſer gelokket, werden durch das
Aeuſſere des Flitterſtaats verblendet, daß ſie das
uͤbertuͤnchte Grab nicht ſehen koͤnnen, und wer
kann ſie retten? wenn ſie einmal in den Klauen
der Raͤuber ſind; ſie ſind unwiderbringlich verlo-
ren, wandern alle Klaſſen des Elends durch, bis
ſie nach wenig Jahren ein Raub jener Krankheit
ſind, die uns rohen Deutſchen der feine

lerin fuͤr zwoͤlf Thaler verkaufte, da ihr ſelbige
vorſtellte, daß ſie dadurch das Gluͤk ihrer Toch-
ter befoͤrderte, und der weitern Sorge fuͤr ſie
gaͤnzlich entnommen wuͤrde. Dies iſt eine wahre
Thatſache, die euch Marktſchreiern des Jahrhun-
derts, eure Hirngeſpinnſte von Aufklaͤrung auf
einmal zerſtiebet.
O 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0223" n="215"/>
man nur einen flu&#x0364;chtigen Blik auf jene Ha&#x0364;u&#x017F;er<lb/>
wirft, wo jene unglu&#x0364;kliche Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe einge&#x017F;perrt<lb/>
werden, &#x017F;o muß man u&#x0364;ber die unmen&#x017F;chlichen<lb/>
Handlungen &#x017F;taunen, die da veru&#x0364;bt werden.</p><lb/>
        <p>Mit barbari&#x017F;cher Strenge wird das unglu&#x0364;k-<lb/>
liche Schlachtopfer behandelt, wenn &#x017F;ie ihren be-<lb/>
&#x017F;timmten ta&#x0364;glichen Gewinn&#x017F;t nicht entrichtet;<lb/>
um die uner&#x017F;a&#x0364;ttliche Hab&#x017F;ucht der Kupplerin zu<lb/>
&#x017F;tillen, muß &#x017F;ie ihren Leib den Lu&#x0364;&#x017F;ten hingeben,<lb/>
und &#x017F;ich im Schlamm der Unzucht wa&#x0364;lzen. Die<lb/>
mehre&#x017F;ten die&#x017F;er elenden Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe werden mit<lb/>
Li&#x017F;t in die&#x017F;e Ha&#x0364;u&#x017F;er gelokket, werden durch das<lb/>
Aeu&#x017F;&#x017F;ere des Flitter&#x017F;taats verblendet, daß &#x017F;ie das<lb/>
u&#x0364;bertu&#x0364;nchte Grab nicht &#x017F;ehen ko&#x0364;nnen, und wer<lb/>
kann &#x017F;ie retten? wenn &#x017F;ie einmal in den Klauen<lb/>
der Ra&#x0364;uber &#x017F;ind; &#x017F;ie &#x017F;ind unwiderbringlich verlo-<lb/>
ren, wandern alle Kla&#x017F;&#x017F;en des Elends durch, bis<lb/>
&#x017F;ie nach wenig Jahren ein Raub jener Krankheit<lb/>
&#x017F;ind, die uns <hi rendition="#fr">rohen Deut&#x017F;chen</hi> der <hi rendition="#fr">feine</hi><lb/><note xml:id="seg2pn_4_2" prev="#seg2pn_4_1" place="foot" n="*)">lerin fu&#x0364;r zwo&#x0364;lf Thaler verkaufte, da ihr &#x017F;elbige<lb/>
vor&#x017F;tellte, daß &#x017F;ie dadurch das Glu&#x0364;k ihrer Toch-<lb/>
ter befo&#x0364;rderte, und der weitern Sorge fu&#x0364;r &#x017F;ie<lb/>
ga&#x0364;nzlich entnommen wu&#x0364;rde. Dies i&#x017F;t eine wahre<lb/>
That&#x017F;ache, die euch Markt&#x017F;chreiern des Jahrhun-<lb/>
derts, eure Hirnge&#x017F;pinn&#x017F;te von Aufkla&#x0364;rung auf<lb/>
einmal zer&#x017F;tiebet.</note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 4</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0223] man nur einen fluͤchtigen Blik auf jene Haͤuſer wirft, wo jene ungluͤkliche Geſchoͤpfe eingeſperrt werden, ſo muß man uͤber die unmenſchlichen Handlungen ſtaunen, die da veruͤbt werden. Mit barbariſcher Strenge wird das ungluͤk- liche Schlachtopfer behandelt, wenn ſie ihren be- ſtimmten taͤglichen Gewinnſt nicht entrichtet; um die unerſaͤttliche Habſucht der Kupplerin zu ſtillen, muß ſie ihren Leib den Luͤſten hingeben, und ſich im Schlamm der Unzucht waͤlzen. Die mehreſten dieſer elenden Geſchoͤpfe werden mit Liſt in dieſe Haͤuſer gelokket, werden durch das Aeuſſere des Flitterſtaats verblendet, daß ſie das uͤbertuͤnchte Grab nicht ſehen koͤnnen, und wer kann ſie retten? wenn ſie einmal in den Klauen der Raͤuber ſind; ſie ſind unwiderbringlich verlo- ren, wandern alle Klaſſen des Elends durch, bis ſie nach wenig Jahren ein Raub jener Krankheit ſind, die uns rohen Deutſchen der feine *) *) lerin fuͤr zwoͤlf Thaler verkaufte, da ihr ſelbige vorſtellte, daß ſie dadurch das Gluͤk ihrer Toch- ter befoͤrderte, und der weitern Sorge fuͤr ſie gaͤnzlich entnommen wuͤrde. Dies iſt eine wahre Thatſache, die euch Marktſchreiern des Jahrhun- derts, eure Hirngeſpinnſte von Aufklaͤrung auf einmal zerſtiebet. O 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/223
Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/223>, abgerufen am 05.05.2024.