mirten Gemeine auffallende Veränderungen vorgenommen hatte, sagen: "der Mann habe "in seinem Garten allerley lutherische Strei¬ "che gemacht" -- daß ich mich nicht von meinem Zwecke entferne! Ich meine, die Verschieden¬ heit der Sitten und der Stimmung in den teut¬ schen Staaten macht es sehr schwer, ausser sei¬ ner vaterländischen Gegend in fremden Provin¬ zen in Gesellschaften zu gefallen, Freundschaften zu stiften, Geschmack am Umgange zu finden, Andre für sich einzunehmen und auf Andre zu würken.
Aber diese Schwierigkeiten werden in Teutschland noch größer unter Personen von verschiedenen Ständen und Erziehungen. Wer wird nicht schon mehrmals in seinem Leben die Erfahrung gemacht haben, in welche Verle¬ genheit man kommen kann, und wie groß die Langeweile ist, die uns befällt, oder die wir Andern verursachen, wenn wir in eine Gesell¬ schaft gerathen, deren Ton uns gänzlich fremd ist, wo alle auch noch so warmen Gespräche an unserm Herzen vorbeygleiten, wo die Form der ganzen Unterhaltung, alle Gebräuche und äus¬
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mirten Gemeine auffallende Veraͤnderungen vorgenommen hatte, ſagen: „der Mann habe „in ſeinem Garten allerley lutheriſche Strei¬ „che gemacht“ — daß ich mich nicht von meinem Zwecke entferne! Ich meine, die Verſchieden¬ heit der Sitten und der Stimmung in den teut¬ ſchen Staaten macht es ſehr ſchwer, auſſer ſei¬ ner vaterlaͤndiſchen Gegend in fremden Provin¬ zen in Geſellſchaften zu gefallen, Freundſchaften zu ſtiften, Geſchmack am Umgange zu finden, Andre fuͤr ſich einzunehmen und auf Andre zu wuͤrken.
Aber dieſe Schwierigkeiten werden in Teutſchland noch groͤßer unter Perſonen von verſchiedenen Staͤnden und Erziehungen. Wer wird nicht ſchon mehrmals in ſeinem Leben die Erfahrung gemacht haben, in welche Verle¬ genheit man kommen kann, und wie groß die Langeweile iſt, die uns befaͤllt, oder die wir Andern verurſachen, wenn wir in eine Geſell¬ ſchaft gerathen, deren Ton uns gaͤnzlich fremd iſt, wo alle auch noch ſo warmen Geſpraͤche an unſerm Herzen vorbeygleiten, wo die Form der ganzen Unterhaltung, alle Gebraͤuche und aͤuſ¬
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[17/0047]
mirten Gemeine auffallende Veraͤnderungen
vorgenommen hatte, ſagen: „der Mann habe
„in ſeinem Garten allerley lutheriſche Strei¬
„che gemacht“ — daß ich mich nicht von meinem
Zwecke entferne! Ich meine, die Verſchieden¬
heit der Sitten und der Stimmung in den teut¬
ſchen Staaten macht es ſehr ſchwer, auſſer ſei¬
ner vaterlaͤndiſchen Gegend in fremden Provin¬
zen in Geſellſchaften zu gefallen, Freundſchaften
zu ſtiften, Geſchmack am Umgange zu finden,
Andre fuͤr ſich einzunehmen und auf Andre zu
wuͤrken.
Aber dieſe Schwierigkeiten werden in
Teutſchland noch groͤßer unter Perſonen von
verſchiedenen Staͤnden und Erziehungen. Wer
wird nicht ſchon mehrmals in ſeinem Leben die
Erfahrung gemacht haben, in welche Verle¬
genheit man kommen kann, und wie groß die
Langeweile iſt, die uns befaͤllt, oder die wir
Andern verurſachen, wenn wir in eine Geſell¬
ſchaft gerathen, deren Ton uns gaͤnzlich fremd
iſt, wo alle auch noch ſo warmen Geſpraͤche an
unſerm Herzen vorbeygleiten, wo die Form der
ganzen Unterhaltung, alle Gebraͤuche und aͤuſ¬
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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/47>, abgerufen am 23.04.2024.
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