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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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I. Vorbegriffe. §. 1. Zweck der Erfindungspatente.
verschiedene Factoren bedingen gleichmässig und in vereinter
Wirkung die Steigerung der Production und des öffentlichen
Wohlstandes: die Erfindung, welche neue Resultate der mensch-
lichen Arbeit schafft, und die Concurrenz, welche durch die
wetteifernde Wiederholung der bereits bekannten Arbeitslei-
stung ihre Bedingungen erleichtert und ihren Effect erhöht.

Gerade die grössten Erfindungen treten bei ihrer ersten
practischen Ausführung in einer gleichsam hülflosen und un-
entwickelten Gestalt in das Leben. Die durchweg neuen Mit-
tel, deren sich der Erfinder bedient, erfordern zu ihrer vollen
Wirkung eine ganz neue Technik. Die erforderlichen Werk-
zeuge und Maschinentheile, die Arbeiter und die Werkführer
können erst durch die Schule vieler Erfahrungen diejenige
Ausbildung erlangen, welche zur Realisirung des von dem Er-
finder theoretisch gefundenen Resultates unumgänglich noth-
wendig ist.

Deshalb waren die ersten Leistungen der Buchdrucker-
presse unvollkommener als die einer fabrikmässigen Schreiber-
werkstatt. (Vergl. Bd. I S. 35). Deshalb büsste Fulton bei der
Ausbeutung des ihm verliehenen Monopoles der Dampfschiff-
fahrt auf den Strömen der Nordamerikanischen Union sein
Vermögen ein (vergl. Bd. I S. 34) und viele andere Erfinder
gingen gleich ihm der Vortheile ihrer Erfindungen, durch wel-
che sie die Nachwelt bereicherten, für ihre Person verlustig.

Das gemeinsame Interesse des Erfinders und der Ge-
sammtheit macht daher eine Einrichtung wünschenswerth, ver-
möge deren der Erfinder die practische Ausführung und Nutzung
seiner Erfindung gegen den vertragsmässig bedungenen Tausch-
werth Andern überlassen kann, denn nur unter dieser Voraus-
setzung wird es sowohl dem Erfinder als der Gesammtheit
möglich gemacht, den grössten erreichbaren Nutzen aus der
Erfindung zu ziehen. Diese Einrichtung besteht darin, dass
dem Erfinder durch einen Rechtssatz die ausschliessliche Aus-
beutung seiner Erfindung innerhalb gewisser räumlicher und
zeitlicher Grenzen gesichert wird, denn nur durch die Gewäh-
rung eines solchen ausschliesslichen Rechtes wird dem Erfinder
die Möglichkeit gewährt, durch ein Rechtsgeschäft die Aus-
beutung der Erfindung gegen deren Tauschwerth Andern zu
überlassen. Nur unter dieser Voraussetzung wird ein Rechts-
verkehr möglich, durch welchen jedem Bewerber die Ausfüh-

I. Vorbegriffe. §. 1. Zweck der Erfindungspatente.
verschiedene Factoren bedingen gleichmässig und in vereinter
Wirkung die Steigerung der Production und des öffentlichen
Wohlstandes: die Erfindung, welche neue Resultate der mensch-
lichen Arbeit schafft, und die Concurrenz, welche durch die
wetteifernde Wiederholung der bereits bekannten Arbeitslei-
stung ihre Bedingungen erleichtert und ihren Effect erhöht.

Gerade die grössten Erfindungen treten bei ihrer ersten
practischen Ausführung in einer gleichsam hülflosen und un-
entwickelten Gestalt in das Leben. Die durchweg neuen Mit-
tel, deren sich der Erfinder bedient, erfordern zu ihrer vollen
Wirkung eine ganz neue Technik. Die erforderlichen Werk-
zeuge und Maschinentheile, die Arbeiter und die Werkführer
können erst durch die Schule vieler Erfahrungen diejenige
Ausbildung erlangen, welche zur Realisirung des von dem Er-
finder theoretisch gefundenen Resultates unumgänglich noth-
wendig ist.

Deshalb waren die ersten Leistungen der Buchdrucker-
presse unvollkommener als die einer fabrikmässigen Schreiber-
werkstatt. (Vergl. Bd. I S. 35). Deshalb büsste Fulton bei der
Ausbeutung des ihm verliehenen Monopoles der Dampfschiff-
fahrt auf den Strömen der Nordamerikanischen Union sein
Vermögen ein (vergl. Bd. I S. 34) und viele andere Erfinder
gingen gleich ihm der Vortheile ihrer Erfindungen, durch wel-
che sie die Nachwelt bereicherten, für ihre Person verlustig.

Das gemeinsame Interesse des Erfinders und der Ge-
sammtheit macht daher eine Einrichtung wünschenswerth, ver-
möge deren der Erfinder die practische Ausführung und Nutzung
seiner Erfindung gegen den vertragsmässig bedungenen Tausch-
werth Andern überlassen kann, denn nur unter dieser Voraus-
setzung wird es sowohl dem Erfinder als der Gesammtheit
möglich gemacht, den grössten erreichbaren Nutzen aus der
Erfindung zu ziehen. Diese Einrichtung besteht darin, dass
dem Erfinder durch einen Rechtssatz die ausschliessliche Aus-
beutung seiner Erfindung innerhalb gewisser räumlicher und
zeitlicher Grenzen gesichert wird, denn nur durch die Gewäh-
rung eines solchen ausschliesslichen Rechtes wird dem Erfinder
die Möglichkeit gewährt, durch ein Rechtsgeschäft die Aus-
beutung der Erfindung gegen deren Tauschwerth Andern zu
überlassen. Nur unter dieser Voraussetzung wird ein Rechts-
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[2/0029] I. Vorbegriffe. §. 1. Zweck der Erfindungspatente. verschiedene Factoren bedingen gleichmässig und in vereinter Wirkung die Steigerung der Production und des öffentlichen Wohlstandes: die Erfindung, welche neue Resultate der mensch- lichen Arbeit schafft, und die Concurrenz, welche durch die wetteifernde Wiederholung der bereits bekannten Arbeitslei- stung ihre Bedingungen erleichtert und ihren Effect erhöht. Gerade die grössten Erfindungen treten bei ihrer ersten practischen Ausführung in einer gleichsam hülflosen und un- entwickelten Gestalt in das Leben. Die durchweg neuen Mit- tel, deren sich der Erfinder bedient, erfordern zu ihrer vollen Wirkung eine ganz neue Technik. Die erforderlichen Werk- zeuge und Maschinentheile, die Arbeiter und die Werkführer können erst durch die Schule vieler Erfahrungen diejenige Ausbildung erlangen, welche zur Realisirung des von dem Er- finder theoretisch gefundenen Resultates unumgänglich noth- wendig ist. Deshalb waren die ersten Leistungen der Buchdrucker- presse unvollkommener als die einer fabrikmässigen Schreiber- werkstatt. (Vergl. Bd. I S. 35). Deshalb büsste Fulton bei der Ausbeutung des ihm verliehenen Monopoles der Dampfschiff- fahrt auf den Strömen der Nordamerikanischen Union sein Vermögen ein (vergl. Bd. I S. 34) und viele andere Erfinder gingen gleich ihm der Vortheile ihrer Erfindungen, durch wel- che sie die Nachwelt bereicherten, für ihre Person verlustig. Das gemeinsame Interesse des Erfinders und der Ge- sammtheit macht daher eine Einrichtung wünschenswerth, ver- möge deren der Erfinder die practische Ausführung und Nutzung seiner Erfindung gegen den vertragsmässig bedungenen Tausch- werth Andern überlassen kann, denn nur unter dieser Voraus- setzung wird es sowohl dem Erfinder als der Gesammtheit möglich gemacht, den grössten erreichbaren Nutzen aus der Erfindung zu ziehen. Diese Einrichtung besteht darin, dass dem Erfinder durch einen Rechtssatz die ausschliessliche Aus- beutung seiner Erfindung innerhalb gewisser räumlicher und zeitlicher Grenzen gesichert wird, denn nur durch die Gewäh- rung eines solchen ausschliesslichen Rechtes wird dem Erfinder die Möglichkeit gewährt, durch ein Rechtsgeschäft die Aus- beutung der Erfindung gegen deren Tauschwerth Andern zu überlassen. Nur unter dieser Voraussetzung wird ein Rechts- verkehr möglich, durch welchen jedem Bewerber die Ausfüh-

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/29>, abgerufen am 28.03.2024.