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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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I. Vorbegriffe.


§. 1. Zweck der Erfindungspatente.

Der Erfinder und die Gesammtheit. -- Collision der Interessen. --
Ausgleichung durch den Patentschutz. -- Folgen der Schutzlosigkeit. --
Nutzen der Veröffentlichung. -- Wahrung der Gewerbefreiheit. -- Be-
grenzung des Objectes.

Die Erfindungen haben die Aufsuchung neuer Mittel zur
Befriedigung materieller Lebensbedürfnisse zum Gegenstande.
Sie erweitern die menschliche Herrschaft über die Dinge der
leblosen Natur. Jede neue Erfindung bewirkt eine Bereiche-
rung der menschlichen Existenz, indem sie entweder an der
zur Erhaltung dieser Existenz nothwendigen Arbeit erspart,
oder den Mitteln zur Befriedigung der Lebensbedürfnisse neue
hinzulegt. Diese Vortheile werden zunächst dem Erfinder zu
Theil. Sie können jedoch durch Mittheilung der Erfindung in
demselben Maasse der übrigen Mitwelt und der Nachwelt zuge-
wendet werden. Der Erfinder hat ein persönliches Interesse
an dem ausschliesslichen Besitze seiner Erfindung, um entweder
die daraus entspringenden Vortheile allein zu geniessen, oder
sich für die Mittheilung derselben die Vergütung des Tausch-
werthes zu bedingen. Das Interesse der Gesammtheit erheischt
dagegen die möglichst baldige Veröffentlichung der Erfindung,
damit die Vortheile derselben nicht bloss Allen zugänglich ge-
macht, sondern auch durch die concurrirende Ausbeutung der
Erfindung gesteigert werden; denn die von dem Genie des
Einzelnen gemachte Erfindung kann erst durch die allgemeine
Concurrenz in der Ausführung zu ihrer vollen Productivität
und zu ihrer höchsten Entwickelung gebracht werden. Zwei

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I. Vorbegriffe.


§. 1. Zweck der Erfindungspatente.

Der Erfinder und die Gesammtheit. — Collision der Interessen. —
Ausgleichung durch den Patentschutz. — Folgen der Schutzlosigkeit. —
Nutzen der Veröffentlichung. — Wahrung der Gewerbefreiheit. — Be-
grenzung des Objectes.

Die Erfindungen haben die Aufsuchung neuer Mittel zur
Befriedigung materieller Lebensbedürfnisse zum Gegenstande.
Sie erweitern die menschliche Herrschaft über die Dinge der
leblosen Natur. Jede neue Erfindung bewirkt eine Bereiche-
rung der menschlichen Existenz, indem sie entweder an der
zur Erhaltung dieser Existenz nothwendigen Arbeit erspart,
oder den Mitteln zur Befriedigung der Lebensbedürfnisse neue
hinzulegt. Diese Vortheile werden zunächst dem Erfinder zu
Theil. Sie können jedoch durch Mittheilung der Erfindung in
demselben Maasse der übrigen Mitwelt und der Nachwelt zuge-
wendet werden. Der Erfinder hat ein persönliches Interesse
an dem ausschliesslichen Besitze seiner Erfindung, um entweder
die daraus entspringenden Vortheile allein zu geniessen, oder
sich für die Mittheilung derselben die Vergütung des Tausch-
werthes zu bedingen. Das Interesse der Gesammtheit erheischt
dagegen die möglichst baldige Veröffentlichung der Erfindung,
damit die Vortheile derselben nicht bloss Allen zugänglich ge-
macht, sondern auch durch die concurrirende Ausbeutung der
Erfindung gesteigert werden; denn die von dem Genie des
Einzelnen gemachte Erfindung kann erst durch die allgemeine
Concurrenz in der Ausführung zu ihrer vollen Productivität
und zu ihrer höchsten Entwickelung gebracht werden. Zwei

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[[1]/0028] I. Vorbegriffe. §. 1. Zweck der Erfindungspatente. Der Erfinder und die Gesammtheit. — Collision der Interessen. — Ausgleichung durch den Patentschutz. — Folgen der Schutzlosigkeit. — Nutzen der Veröffentlichung. — Wahrung der Gewerbefreiheit. — Be- grenzung des Objectes. Die Erfindungen haben die Aufsuchung neuer Mittel zur Befriedigung materieller Lebensbedürfnisse zum Gegenstande. Sie erweitern die menschliche Herrschaft über die Dinge der leblosen Natur. Jede neue Erfindung bewirkt eine Bereiche- rung der menschlichen Existenz, indem sie entweder an der zur Erhaltung dieser Existenz nothwendigen Arbeit erspart, oder den Mitteln zur Befriedigung der Lebensbedürfnisse neue hinzulegt. Diese Vortheile werden zunächst dem Erfinder zu Theil. Sie können jedoch durch Mittheilung der Erfindung in demselben Maasse der übrigen Mitwelt und der Nachwelt zuge- wendet werden. Der Erfinder hat ein persönliches Interesse an dem ausschliesslichen Besitze seiner Erfindung, um entweder die daraus entspringenden Vortheile allein zu geniessen, oder sich für die Mittheilung derselben die Vergütung des Tausch- werthes zu bedingen. Das Interesse der Gesammtheit erheischt dagegen die möglichst baldige Veröffentlichung der Erfindung, damit die Vortheile derselben nicht bloss Allen zugänglich ge- macht, sondern auch durch die concurrirende Ausbeutung der Erfindung gesteigert werden; denn die von dem Genie des Einzelnen gemachte Erfindung kann erst durch die allgemeine Concurrenz in der Ausführung zu ihrer vollen Productivität und zu ihrer höchsten Entwickelung gebracht werden. Zwei 1

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/28>, abgerufen am 25.04.2024.