Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.II. Geschichte des geistigen Eigenthumes. §. 7. Neuere Zeit. rungen zu treffen." Mit demselben Vorbehalte wurde derBundesbeschluss vom 9. November 1337 durch das Patent vom 29. November 18371) in Preussen publizirt. Der Wider- spruch einer kleinen Minderheit von Bundesregierungen ver- eitelte also nicht nur die gleichförmige Annahme einer aus- reichenden Schutzfrist für das geistige Eigenthum, er hatte auch zur Folge, dass die bis dahin nach dem Bundesbeschlusse vom 6. September 1832 bestandene unbedingte Reciprocität für die Zukunft in Frage gestellt wurde. Der preussische Staat, durch dessen Particulargesetzgebung seit jenem Bundesbeschlusse eine sehr viel ausgedehntere Schutzfrist gewährt worden war, machte in einem Acte gerechter Retorsion die Ausdehnung je- der künftigen Erweiterung der Schutzfristen auf die literari- schen Erzeugnisse anderer Bundesstaaten von dem Erforder- nisse der Gegenseitigkeit abhängig.2) Erst durch den Bundesbeschluss vom 19. Juni 1845 wurde die Auf den Antrag Preussens wurde sodann durch den Bun- 1) Gesetzsammlung 1837 S. 161. 2) Auch Sachsen schloss sich später diesem Vorbehalte durch die
Verordnung vom 27. Juli 1846 an (Ges. u. Verordn. Bl. S. 99). -- Mit Unrecht hat man aus der preussischen Verordnung die Aufhebung der bereits im Umfange der bisherigen Gesetzgebung zugesicherten Reci- procität gefolgert. (Vergl. §. 9.) II. Geschichte des geistigen Eigenthumes. §. 7. Neuere Zeit. rungen zu treffen.« Mit demselben Vorbehalte wurde derBundesbeschluss vom 9. November 1337 durch das Patent vom 29. November 18371) in Preussen publizirt. Der Wider- spruch einer kleinen Minderheit von Bundesregierungen ver- eitelte also nicht nur die gleichförmige Annahme einer aus- reichenden Schutzfrist für das geistige Eigenthum, er hatte auch zur Folge, dass die bis dahin nach dem Bundesbeschlusse vom 6. September 1832 bestandene unbedingte Reciprocität für die Zukunft in Frage gestellt wurde. Der preussische Staat, durch dessen Particulargesetzgebung seit jenem Bundesbeschlusse eine sehr viel ausgedehntere Schutzfrist gewährt worden war, machte in einem Acte gerechter Retorsion die Ausdehnung je- der künftigen Erweiterung der Schutzfristen auf die literari- schen Erzeugnisse anderer Bundesstaaten von dem Erforder- nisse der Gegenseitigkeit abhängig.2) Erst durch den Bundesbeschluss vom 19. Juni 1845 wurde die Auf den Antrag Preussens wurde sodann durch den Bun- 1) Gesetzsammlung 1837 S. 161. 2) Auch Sachsen schloss sich später diesem Vorbehalte durch die
Verordnung vom 27. Juli 1846 an (Ges. u. Verordn. Bl. S. 99). — Mit Unrecht hat man aus der preussischen Verordnung die Aufhebung der bereits im Umfange der bisherigen Gesetzgebung zugesicherten Reci- procität gefolgert. (Vergl. §. 9.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0070" n="54"/><fw place="top" type="header">II. Geschichte des geistigen Eigenthumes. §. 7. Neuere Zeit.</fw><lb/> rungen zu treffen.« Mit demselben Vorbehalte wurde der<lb/> Bundesbeschluss vom 9. November 1337 durch das Patent<lb/> vom 29. November 1837<note place="foot" n="1)">Gesetzsammlung 1837 S. 161.</note> in Preussen publizirt. Der Wider-<lb/> spruch einer kleinen Minderheit von Bundesregierungen ver-<lb/> eitelte also nicht nur die gleichförmige Annahme einer aus-<lb/> reichenden Schutzfrist für das geistige Eigenthum, er hatte<lb/> auch zur Folge, dass die bis dahin nach dem Bundesbeschlusse<lb/> vom 6. September 1832 bestandene unbedingte Reciprocität für<lb/> die Zukunft in Frage gestellt wurde. Der preussische Staat,<lb/> durch dessen Particulargesetzgebung seit jenem Bundesbeschlusse<lb/> eine sehr viel ausgedehntere Schutzfrist gewährt worden war,<lb/> machte in einem Acte gerechter Retorsion die Ausdehnung je-<lb/> der künftigen Erweiterung der Schutzfristen auf die literari-<lb/> schen Erzeugnisse anderer Bundesstaaten von dem Erforder-<lb/> nisse der Gegenseitigkeit abhängig.<note place="foot" n="2)">Auch Sachsen schloss sich später diesem Vorbehalte durch die<lb/> Verordnung vom 27. Juli 1846 an (Ges. u. Verordn. Bl. S. 99). — Mit<lb/> Unrecht hat man aus der preussischen Verordnung die Aufhebung der<lb/> bereits im Umfange der bisherigen Gesetzgebung zugesicherten Reci-<lb/> procität gefolgert. (Vergl. §. 9.)</note></p><lb/> <p>Erst durch den Bundesbeschluss vom 19. Juni 1845 wurde die<lb/> Schutzfrist für literarische und artistische Erzeugnisse auf die<lb/> Lebenszeit des Autors und dreissig Jahre nach seinem Tode<lb/> ausgedehnt, während durch den Bundesbeschluss vom 22. April<lb/> 1841 die öffentliche Aufführung von dramatischen und mu-<lb/> sikalischen Werken für die Dauer von zehn Jahren von der<lb/> ersten rechtmässigen Aufführung an von der Erlaubniss des<lb/> Autors abhängig gemacht wurde.</p><lb/> <p>Auf den Antrag Preussens wurde sodann durch den Bun-<lb/> desbeschluss vom 6. November 1856, die Schutzfrist des Be-<lb/> schlusses vom 19. Juni 1845 auf die Werke der vor dem<lb/> 9. November 1837 verstorbenen Autoren, soweit dieselben da-<lb/> mals noch im Umfange des ganzen Bundesgebietes durch Ge-<lb/> setze oder Privilegien gegen Nachdruck geschützt waren, aus-<lb/> gedehnt, wodurch die von dem deutschen Bunde ertheilten Pri-<lb/> vilegien über die Werke Schillers, Göthes, J. P. Fr. Richters,<lb/> Wielands und Herders in Pausch und Bogen bis zum 9. No-<lb/> vember 1867 verlängert wurden. Ferner wurde durch Bundes-<lb/> beschluss vom 12. März 1857 der Schutz dramatischer und<lb/> musikalischer Werke gegen unbefugte Aufführung erweitert,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [54/0070]
II. Geschichte des geistigen Eigenthumes. §. 7. Neuere Zeit.
rungen zu treffen.« Mit demselben Vorbehalte wurde der
Bundesbeschluss vom 9. November 1337 durch das Patent
vom 29. November 1837 1) in Preussen publizirt. Der Wider-
spruch einer kleinen Minderheit von Bundesregierungen ver-
eitelte also nicht nur die gleichförmige Annahme einer aus-
reichenden Schutzfrist für das geistige Eigenthum, er hatte
auch zur Folge, dass die bis dahin nach dem Bundesbeschlusse
vom 6. September 1832 bestandene unbedingte Reciprocität für
die Zukunft in Frage gestellt wurde. Der preussische Staat,
durch dessen Particulargesetzgebung seit jenem Bundesbeschlusse
eine sehr viel ausgedehntere Schutzfrist gewährt worden war,
machte in einem Acte gerechter Retorsion die Ausdehnung je-
der künftigen Erweiterung der Schutzfristen auf die literari-
schen Erzeugnisse anderer Bundesstaaten von dem Erforder-
nisse der Gegenseitigkeit abhängig. 2)
Erst durch den Bundesbeschluss vom 19. Juni 1845 wurde die
Schutzfrist für literarische und artistische Erzeugnisse auf die
Lebenszeit des Autors und dreissig Jahre nach seinem Tode
ausgedehnt, während durch den Bundesbeschluss vom 22. April
1841 die öffentliche Aufführung von dramatischen und mu-
sikalischen Werken für die Dauer von zehn Jahren von der
ersten rechtmässigen Aufführung an von der Erlaubniss des
Autors abhängig gemacht wurde.
Auf den Antrag Preussens wurde sodann durch den Bun-
desbeschluss vom 6. November 1856, die Schutzfrist des Be-
schlusses vom 19. Juni 1845 auf die Werke der vor dem
9. November 1837 verstorbenen Autoren, soweit dieselben da-
mals noch im Umfange des ganzen Bundesgebietes durch Ge-
setze oder Privilegien gegen Nachdruck geschützt waren, aus-
gedehnt, wodurch die von dem deutschen Bunde ertheilten Pri-
vilegien über die Werke Schillers, Göthes, J. P. Fr. Richters,
Wielands und Herders in Pausch und Bogen bis zum 9. No-
vember 1867 verlängert wurden. Ferner wurde durch Bundes-
beschluss vom 12. März 1857 der Schutz dramatischer und
musikalischer Werke gegen unbefugte Aufführung erweitert,
1) Gesetzsammlung 1837 S. 161.
2) Auch Sachsen schloss sich später diesem Vorbehalte durch die
Verordnung vom 27. Juli 1846 an (Ges. u. Verordn. Bl. S. 99). — Mit
Unrecht hat man aus der preussischen Verordnung die Aufhebung der
bereits im Umfange der bisherigen Gesetzgebung zugesicherten Reci-
procität gefolgert. (Vergl. §. 9.)
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