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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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Versuch. -- Wissentliche Verbreitung.
nach der übereinstimmenden Fassung der angeführten Gesetze
nicht unter den Thatbestand des Nachdrucks. War die Her-
stellung mehrerer Exemplare beabsichtigt, so enthält die An-
fertigung des ersten Exemplares nur einen Versuch. Auch die
Bundesbeschlüsse von 1837 und 1845, sowie die auf Grund der-
selben ergangenen deutschen Nachdruckgesetze erfordern zum
Thatbestande des vollendeten Nachdrucks die Herstellung meh-
rerer Exemplare, da sie nur die unbefugte Vervielfältigung
unter Strafe stellen, unter der mit Wächter (Das Verlagsrecht
Th. I S. 507 Note 34) nur die Herstellung einer Mehrheit von
Nachdruckexemplaren verstanden werden kann1). Wenn dage-
gen Wächter a. a. O. den Thatbestand der unbefugten Verviel-
fältigung erst als vorhanden annehmen will, wenn die Zahl der
hergestellten Exemplare so gross ist, dass dadurch die Nutzung
des Verlagsberechtigten gefährdet erscheint, so ist das wohl nicht
richtig, da die Gesetze überhaupt nur die Herstellung einer
Mehrheit von Exemplaren verlangen. Der Nachweis eines durch
den Nachdruck erlittenen Schadens ist zwar für die Entschä-
digungsklage des Autors oder des Verlegers, nicht aber für
den Thatbestand und die Strafe des Nachdrucks von Bedeutung.

Neben der mechanischen Vervielfältigung wird als ein selb-
ständiges Vergehen auch die wissentliche Verbreitung
widerrechtlich vervielfältigter Werke mit den Strafen des Nach-
drucks bedroht. Das Gesetz vom 11. Juni 1837 bestimmt:

§. 3. Wer widerrechtlich vervielfältigte Werke wissentlich
zum Verkauf hält, ist dem Beeinträchtigten mit dem unbe-
fugten Vervielfältiger solidarisch zur Entschädigung verpflich-
tet und hat ausser der Confiscation eine nach Vorschrift des
§. 10 zu bestimmende Geldbusse verwirkt.

Hiermit stimmen die Bundesbeschlüsse, die deutschen und
die ausländischen Nachdruckgesetze überein2). Zum Thatbe-

1) Wenn Mandry (Die Gesetzgebung des Königreichs Bayern Th. I
Bd. 5 Heft 2 S. 122) die Herstellung eines einzelnen Exemplares für aus-
reichend hält, so tritt er mit Art. 37 des Bayerischen Gesetzes vom 28.
Juni 1865 in Widerspruch, welcher ausdrücklich voraussetzt, dass ein-
zelne Nachdrucke ganz oder theilweise hergestellt sind.
2) Bundesbeschluss v. 9. November 1837 Art. 5. -- Bundesbe-
schluss v. 19. Juni 1845 Art. 4. -- Bayer. Gesetz v. 28. Juni 1865
Art. 38. -- Oesterreich. Gesetz v. 19. October 1846 §. 12. -- Sächs.
Gesetz v. 22. Februar 1844 §. 6. -- Code penal art. 426. -- Engl. Sta-
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Versuch. — Wissentliche Verbreitung.
nach der übereinstimmenden Fassung der angeführten Gesetze
nicht unter den Thatbestand des Nachdrucks. War die Her-
stellung mehrerer Exemplare beabsichtigt, so enthält die An-
fertigung des ersten Exemplares nur einen Versuch. Auch die
Bundesbeschlüsse von 1837 und 1845, sowie die auf Grund der-
selben ergangenen deutschen Nachdruckgesetze erfordern zum
Thatbestande des vollendeten Nachdrucks die Herstellung meh-
rerer Exemplare, da sie nur die unbefugte Vervielfältigung
unter Strafe stellen, unter der mit Wächter (Das Verlagsrecht
Th. I S. 507 Note 34) nur die Herstellung einer Mehrheit von
Nachdruckexemplaren verstanden werden kann1). Wenn dage-
gen Wächter a. a. O. den Thatbestand der unbefugten Verviel-
fältigung erst als vorhanden annehmen will, wenn die Zahl der
hergestellten Exemplare so gross ist, dass dadurch die Nutzung
des Verlagsberechtigten gefährdet erscheint, so ist das wohl nicht
richtig, da die Gesetze überhaupt nur die Herstellung einer
Mehrheit von Exemplaren verlangen. Der Nachweis eines durch
den Nachdruck erlittenen Schadens ist zwar für die Entschä-
digungsklage des Autors oder des Verlegers, nicht aber für
den Thatbestand und die Strafe des Nachdrucks von Bedeutung.

Neben der mechanischen Vervielfältigung wird als ein selb-
ständiges Vergehen auch die wissentliche Verbreitung
widerrechtlich vervielfältigter Werke mit den Strafen des Nach-
drucks bedroht. Das Gesetz vom 11. Juni 1837 bestimmt:

§. 3. Wer widerrechtlich vervielfältigte Werke wissentlich
zum Verkauf hält, ist dem Beeinträchtigten mit dem unbe-
fugten Vervielfältiger solidarisch zur Entschädigung verpflich-
tet und hat ausser der Confiscation eine nach Vorschrift des
§. 10 zu bestimmende Geldbusse verwirkt.

Hiermit stimmen die Bundesbeschlüsse, die deutschen und
die ausländischen Nachdruckgesetze überein2). Zum Thatbe-

1) Wenn Mandry (Die Gesetzgebung des Königreichs Bayern Th. I
Bd. 5 Heft 2 S. 122) die Herstellung eines einzelnen Exemplares für aus-
reichend hält, so tritt er mit Art. 37 des Bayerischen Gesetzes vom 28.
Juni 1865 in Widerspruch, welcher ausdrücklich voraussetzt, dass ein-
zelne Nachdrucke ganz oder theilweise hergestellt sind.
2) Bundesbeschluss v. 9. November 1837 Art. 5. — Bundesbe-
schluss v. 19. Juni 1845 Art. 4. — Bayer. Gesetz v. 28. Juni 1865
Art. 38. — Oesterreich. Gesetz v. 19. October 1846 §. 12. — Sächs.
Gesetz v. 22. Februar 1844 §. 6. — Code pénal art. 426. — Engl. Sta-
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[401/0417] Versuch. — Wissentliche Verbreitung. nach der übereinstimmenden Fassung der angeführten Gesetze nicht unter den Thatbestand des Nachdrucks. War die Her- stellung mehrerer Exemplare beabsichtigt, so enthält die An- fertigung des ersten Exemplares nur einen Versuch. Auch die Bundesbeschlüsse von 1837 und 1845, sowie die auf Grund der- selben ergangenen deutschen Nachdruckgesetze erfordern zum Thatbestande des vollendeten Nachdrucks die Herstellung meh- rerer Exemplare, da sie nur die unbefugte Vervielfältigung unter Strafe stellen, unter der mit Wächter (Das Verlagsrecht Th. I S. 507 Note 34) nur die Herstellung einer Mehrheit von Nachdruckexemplaren verstanden werden kann 1). Wenn dage- gen Wächter a. a. O. den Thatbestand der unbefugten Verviel- fältigung erst als vorhanden annehmen will, wenn die Zahl der hergestellten Exemplare so gross ist, dass dadurch die Nutzung des Verlagsberechtigten gefährdet erscheint, so ist das wohl nicht richtig, da die Gesetze überhaupt nur die Herstellung einer Mehrheit von Exemplaren verlangen. Der Nachweis eines durch den Nachdruck erlittenen Schadens ist zwar für die Entschä- digungsklage des Autors oder des Verlegers, nicht aber für den Thatbestand und die Strafe des Nachdrucks von Bedeutung. Neben der mechanischen Vervielfältigung wird als ein selb- ständiges Vergehen auch die wissentliche Verbreitung widerrechtlich vervielfältigter Werke mit den Strafen des Nach- drucks bedroht. Das Gesetz vom 11. Juni 1837 bestimmt: §. 3. Wer widerrechtlich vervielfältigte Werke wissentlich zum Verkauf hält, ist dem Beeinträchtigten mit dem unbe- fugten Vervielfältiger solidarisch zur Entschädigung verpflich- tet und hat ausser der Confiscation eine nach Vorschrift des §. 10 zu bestimmende Geldbusse verwirkt. Hiermit stimmen die Bundesbeschlüsse, die deutschen und die ausländischen Nachdruckgesetze überein 2). Zum Thatbe- 1) Wenn Mandry (Die Gesetzgebung des Königreichs Bayern Th. I Bd. 5 Heft 2 S. 122) die Herstellung eines einzelnen Exemplares für aus- reichend hält, so tritt er mit Art. 37 des Bayerischen Gesetzes vom 28. Juni 1865 in Widerspruch, welcher ausdrücklich voraussetzt, dass ein- zelne Nachdrucke ganz oder theilweise hergestellt sind. 2) Bundesbeschluss v. 9. November 1837 Art. 5. — Bundesbe- schluss v. 19. Juni 1845 Art. 4. — Bayer. Gesetz v. 28. Juni 1865 Art. 38. — Oesterreich. Gesetz v. 19. October 1846 §. 12. — Sächs. Gesetz v. 22. Februar 1844 §. 6. — Code pénal art. 426. — Engl. Sta- 26

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/417>, abgerufen am 30.04.2024.