für die Lebenszeit des Autors und mindestens für dreissig Jahre. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika haben eine Schutzfrist von acht und zwanzig Jahren mit einer Verlänge- rung von ferneren vierzehn Jahren zu Gunsten des Autors, seiner Wittwe oder seiner Kinder.
So verschieden die Vorschriften der positiven Gesetze über die Dauer der Schutzfristen, ebenso verschieden sind die Mei- nungen über die Zweckmässigkeit und Gerechtigkeit der ver- schiedenen Bestimmungen. Man hat der Verlängerung der Fristen, ja der unbegrenzten Dauer des geistigen Eigenthumes im Namen der natürlichen Rechte der Autoren das Wort ge- redet. Man hat auf der andern Seite im Namen der Bildung und des öffentlichen Interesses die Beschränkung, ja die Auf- hebung des ausschliesslichen Vervielfältigungsrechtes verlangt. In Deutschland insbesondere hat man einen practischen Ver- such mit einer bedeutenden Ausdehnung der literarischen Ei- genthumsrechte an den Werken einiger unserer grössten Dich- ter gemacht, indem die Werke Göthe's, Schillers und Anderer zunächst durch besondere Bundesprivilegien und sodann durch den Bundesbeschluss vom 6. November 1856 bis zum 9. Novem- ber 1867 gegen Nachdruck geschützt wurden. Diese Ausdeh- nung des Rechtsschutzes über die gesetzliche Schutzfrist bis auf mehr als das Doppelte derselben (bei Schillers Werken) hat indess keinesweges ungetheilte Anerkennung gefunden, da nach der vorherrschenden Meinung der Verlust, welcher unserer Li- teratur durch die Monopolisirung der Schiller- und Götheaus- gaben, durch die Erschwerung der kritischen Bearbeitung ihrer Werke zugefügt ist und der Nachtheil, welchen die Bildung des Volkes durch die Vertheuerung ihrer Werke erleidet, nicht aufgewogen wird durch die Vortheile, welche den Erben beider Dichter aus der Fortdauer des Monopoles ihrer Verleger zu- fliessen mögen.
Gegenüber den Schwierigkeiten, welchen die Systeme der bestehenden Gesetzgebungen bei dem Versuche begegnen, das Vermögensinteresse des Autors und seiner Rechtsnachfolger mit dem öffentlichen Interesse zu vereinigen, verdient ein Vorschlag Beachtung, der neuerdings in einer französischen Broschüre 1) gemacht ist, welcher die freie Concurrenz in der
1) Hetzel, La propriete et le domaine public payant. Paris 1861.
Reformvorschläge.
für die Lebenszeit des Autors und mindestens für dreissig Jahre. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika haben eine Schutzfrist von acht und zwanzig Jahren mit einer Verlänge- rung von ferneren vierzehn Jahren zu Gunsten des Autors, seiner Wittwe oder seiner Kinder.
So verschieden die Vorschriften der positiven Gesetze über die Dauer der Schutzfristen, ebenso verschieden sind die Mei- nungen über die Zweckmässigkeit und Gerechtigkeit der ver- schiedenen Bestimmungen. Man hat der Verlängerung der Fristen, ja der unbegrenzten Dauer des geistigen Eigenthumes im Namen der natürlichen Rechte der Autoren das Wort ge- redet. Man hat auf der andern Seite im Namen der Bildung und des öffentlichen Interesses die Beschränkung, ja die Auf- hebung des ausschliesslichen Vervielfältigungsrechtes verlangt. In Deutschland insbesondere hat man einen practischen Ver- such mit einer bedeutenden Ausdehnung der literarischen Ei- genthumsrechte an den Werken einiger unserer grössten Dich- ter gemacht, indem die Werke Göthe’s, Schillers und Anderer zunächst durch besondere Bundesprivilegien und sodann durch den Bundesbeschluss vom 6. November 1856 bis zum 9. Novem- ber 1867 gegen Nachdruck geschützt wurden. Diese Ausdeh- nung des Rechtsschutzes über die gesetzliche Schutzfrist bis auf mehr als das Doppelte derselben (bei Schillers Werken) hat indess keinesweges ungetheilte Anerkennung gefunden, da nach der vorherrschenden Meinung der Verlust, welcher unserer Li- teratur durch die Monopolisirung der Schiller- und Götheaus- gaben, durch die Erschwerung der kritischen Bearbeitung ihrer Werke zugefügt ist und der Nachtheil, welchen die Bildung des Volkes durch die Vertheuerung ihrer Werke erleidet, nicht aufgewogen wird durch die Vortheile, welche den Erben beider Dichter aus der Fortdauer des Monopoles ihrer Verleger zu- fliessen mögen.
Gegenüber den Schwierigkeiten, welchen die Systeme der bestehenden Gesetzgebungen bei dem Versuche begegnen, das Vermögensinteresse des Autors und seiner Rechtsnachfolger mit dem öffentlichen Interesse zu vereinigen, verdient ein Vorschlag Beachtung, der neuerdings in einer französischen Broschüre 1) gemacht ist, welcher die freie Concurrenz in der
1) Hetzel, La propriété et le domaine public payant. Paris 1861.
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Reformvorschläge.
für die Lebenszeit des Autors und mindestens für dreissig
Jahre. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika haben eine
Schutzfrist von acht und zwanzig Jahren mit einer Verlänge-
rung von ferneren vierzehn Jahren zu Gunsten des Autors,
seiner Wittwe oder seiner Kinder.
So verschieden die Vorschriften der positiven Gesetze über
die Dauer der Schutzfristen, ebenso verschieden sind die Mei-
nungen über die Zweckmässigkeit und Gerechtigkeit der ver-
schiedenen Bestimmungen. Man hat der Verlängerung der
Fristen, ja der unbegrenzten Dauer des geistigen Eigenthumes
im Namen der natürlichen Rechte der Autoren das Wort ge-
redet. Man hat auf der andern Seite im Namen der Bildung
und des öffentlichen Interesses die Beschränkung, ja die Auf-
hebung des ausschliesslichen Vervielfältigungsrechtes verlangt.
In Deutschland insbesondere hat man einen practischen Ver-
such mit einer bedeutenden Ausdehnung der literarischen Ei-
genthumsrechte an den Werken einiger unserer grössten Dich-
ter gemacht, indem die Werke Göthe’s, Schillers und Anderer
zunächst durch besondere Bundesprivilegien und sodann durch
den Bundesbeschluss vom 6. November 1856 bis zum 9. Novem-
ber 1867 gegen Nachdruck geschützt wurden. Diese Ausdeh-
nung des Rechtsschutzes über die gesetzliche Schutzfrist bis
auf mehr als das Doppelte derselben (bei Schillers Werken) hat
indess keinesweges ungetheilte Anerkennung gefunden, da nach
der vorherrschenden Meinung der Verlust, welcher unserer Li-
teratur durch die Monopolisirung der Schiller- und Götheaus-
gaben, durch die Erschwerung der kritischen Bearbeitung ihrer
Werke zugefügt ist und der Nachtheil, welchen die Bildung des
Volkes durch die Vertheuerung ihrer Werke erleidet, nicht
aufgewogen wird durch die Vortheile, welche den Erben beider
Dichter aus der Fortdauer des Monopoles ihrer Verleger zu-
fliessen mögen.
Gegenüber den Schwierigkeiten, welchen die Systeme der
bestehenden Gesetzgebungen bei dem Versuche begegnen, das
Vermögensinteresse des Autors und seiner Rechtsnachfolger
mit dem öffentlichen Interesse zu vereinigen, verdient ein
Vorschlag Beachtung, der neuerdings in einer französischen
Broschüre 1) gemacht ist, welcher die freie Concurrenz in der
1) Hetzel, La propriété et le domaine public payant. Paris 1861.
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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/293>, abgerufen am 22.11.2024.
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