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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867.

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III. Rechtsquellen und Literatur. §. 9. Internationale Beziehungen.
Gesetze gewährt wird. 1) Diese Klausel der sogenannten ma-
teriellen Reciprocität scheint auf den ersten Anblick geeignet,
die vertragsmässigen Vereinbarungen über den gegenseitigen
Rechtsschutz entbehrlich zu machen, zumal das Gesetz den im
Ausland erschienenen Werken den Rechtsschutz in demselben
Maasse
zusichert, als solcher den Preussischen Werken nach
den Gesetzen des fremden Staates zu Theil wird. Indess wenn
diese Klausel die Gegenseitigkeit des Rechtsschutzes auch für
den Fall zulässt, dass in dem Maasse der Schutzfristen Ver-
schiedenheiten in der inländischen und der ausländischen Ge-
setzgebung bestehen, so fällt doch die Bedingung der mate-
riellen Reciprocität überall da fort, wo die Verfolgung des
geistigen Eigenthumes an besondere Bedingungen und Förm-
lichkeiten geknüpft ist, die dem Preussischen Rechte fremd
sind, wenn also die Verschiedenheit nicht in dem Maasse, son-
dern in den Voraussetzungen des Rechtsschutzes besteht. Daher
kam z. B. die Vorschrift des §. 38 cit. den in Frankreich er-
schienenen Werken vor dem Abschlusse der Literarconvention
nicht zu statten, obgleich Frankreich nach dem Decrete vom
28. März 1852 den ausländischen Werken vollständig denselben
Rechtsschutz gewährt, wie den einheimischen, nur unter der
Bedingung der Hinterlegung von zwei Pflichtexemplaren bei
der Pariser Bibliothek. 2) Diese letztere Bestimmung schloss
aber wegen der dadurch bedingten Ungleichartigkeit in den
Voraussetzungen des Rechtsschutzes die Anwendung des §. 38
des Gesetzes vom 11. Juni 1837 vollständig aus. 3)

Da nun eine vollständige Gleichartigkeit der Gesetzgebung
über das geistige Eigenthum, wie §. 38 cit. solche voraussetzt,
kaum in irgend einem Staate angetroffen wird, so hat die er-
wähnte Klausel der materiellen Reciprocität zur Zeit kaum
irgend eine practische Bedeutung.

1) Entsprechende Vorschriften enthalten: Das Oesterreich. Gesetz
v. 19. October 1846 §. 39. -- Das Bayer. Gesetz v. 28. Juni 1865 Art.
66. -- Das Braunschweig. Gesetz v. 10. Februar 1842 §. 21. -- Das
Grossherzogl. Sächs. Gesetz v. 11. Januar 1839 §. 38. -- Das Sächs.
Gesetz v. 22. Februar 1844 §. 11.
2) Decret du 28 mars 1852 Art. 4. -- Loi du 19 juillet 1793
Art. 6.
3) Vergl. die bei Kayser, Preussische Pressgesetzgebung, S. 69 f.
mitgetheilten Entscheidungen Preussischer Gerichtshöfe.

III. Rechtsquellen und Literatur. §. 9. Internationale Beziehungen.
Gesetze gewährt wird. 1) Diese Klausel der sogenannten ma-
teriellen Reciprocität scheint auf den ersten Anblick geeignet,
die vertragsmässigen Vereinbarungen über den gegenseitigen
Rechtsschutz entbehrlich zu machen, zumal das Gesetz den im
Ausland erschienenen Werken den Rechtsschutz in demselben
Maasse
zusichert, als solcher den Preussischen Werken nach
den Gesetzen des fremden Staates zu Theil wird. Indess wenn
diese Klausel die Gegenseitigkeit des Rechtsschutzes auch für
den Fall zulässt, dass in dem Maasse der Schutzfristen Ver-
schiedenheiten in der inländischen und der ausländischen Ge-
setzgebung bestehen, so fällt doch die Bedingung der mate-
riellen Reciprocität überall da fort, wo die Verfolgung des
geistigen Eigenthumes an besondere Bedingungen und Förm-
lichkeiten geknüpft ist, die dem Preussischen Rechte fremd
sind, wenn also die Verschiedenheit nicht in dem Maasse, son-
dern in den Voraussetzungen des Rechtsschutzes besteht. Daher
kam z. B. die Vorschrift des §. 38 cit. den in Frankreich er-
schienenen Werken vor dem Abschlusse der Literarconvention
nicht zu statten, obgleich Frankreich nach dem Decrete vom
28. März 1852 den ausländischen Werken vollständig denselben
Rechtsschutz gewährt, wie den einheimischen, nur unter der
Bedingung der Hinterlegung von zwei Pflichtexemplaren bei
der Pariser Bibliothek. 2) Diese letztere Bestimmung schloss
aber wegen der dadurch bedingten Ungleichartigkeit in den
Voraussetzungen des Rechtsschutzes die Anwendung des §. 38
des Gesetzes vom 11. Juni 1837 vollständig aus. 3)

Da nun eine vollständige Gleichartigkeit der Gesetzgebung
über das geistige Eigenthum, wie §. 38 cit. solche voraussetzt,
kaum in irgend einem Staate angetroffen wird, so hat die er-
wähnte Klausel der materiellen Reciprocität zur Zeit kaum
irgend eine practische Bedeutung.

1) Entsprechende Vorschriften enthalten: Das Oesterreich. Gesetz
v. 19. October 1846 §. 39. — Das Bayer. Gesetz v. 28. Juni 1865 Art.
66. — Das Braunschweig. Gesetz v. 10. Februar 1842 §. 21. — Das
Grossherzogl. Sächs. Gesetz v. 11. Januar 1839 §. 38. — Das Sächs.
Gesetz v. 22. Februar 1844 §. 11.
2) Décret du 28 mars 1852 Art. 4. — Loi du 19 juillet 1793
Art. 6.
3) Vergl. die bei Kayser, Preussische Pressgesetzgebung, S. 69 f.
mitgetheilten Entscheidungen Preussischer Gerichtshöfe.
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[84/0100] III. Rechtsquellen und Literatur. §. 9. Internationale Beziehungen. Gesetze gewährt wird. 1) Diese Klausel der sogenannten ma- teriellen Reciprocität scheint auf den ersten Anblick geeignet, die vertragsmässigen Vereinbarungen über den gegenseitigen Rechtsschutz entbehrlich zu machen, zumal das Gesetz den im Ausland erschienenen Werken den Rechtsschutz in demselben Maasse zusichert, als solcher den Preussischen Werken nach den Gesetzen des fremden Staates zu Theil wird. Indess wenn diese Klausel die Gegenseitigkeit des Rechtsschutzes auch für den Fall zulässt, dass in dem Maasse der Schutzfristen Ver- schiedenheiten in der inländischen und der ausländischen Ge- setzgebung bestehen, so fällt doch die Bedingung der mate- riellen Reciprocität überall da fort, wo die Verfolgung des geistigen Eigenthumes an besondere Bedingungen und Förm- lichkeiten geknüpft ist, die dem Preussischen Rechte fremd sind, wenn also die Verschiedenheit nicht in dem Maasse, son- dern in den Voraussetzungen des Rechtsschutzes besteht. Daher kam z. B. die Vorschrift des §. 38 cit. den in Frankreich er- schienenen Werken vor dem Abschlusse der Literarconvention nicht zu statten, obgleich Frankreich nach dem Decrete vom 28. März 1852 den ausländischen Werken vollständig denselben Rechtsschutz gewährt, wie den einheimischen, nur unter der Bedingung der Hinterlegung von zwei Pflichtexemplaren bei der Pariser Bibliothek. 2) Diese letztere Bestimmung schloss aber wegen der dadurch bedingten Ungleichartigkeit in den Voraussetzungen des Rechtsschutzes die Anwendung des §. 38 des Gesetzes vom 11. Juni 1837 vollständig aus. 3) Da nun eine vollständige Gleichartigkeit der Gesetzgebung über das geistige Eigenthum, wie §. 38 cit. solche voraussetzt, kaum in irgend einem Staate angetroffen wird, so hat die er- wähnte Klausel der materiellen Reciprocität zur Zeit kaum irgend eine practische Bedeutung. 1) Entsprechende Vorschriften enthalten: Das Oesterreich. Gesetz v. 19. October 1846 §. 39. — Das Bayer. Gesetz v. 28. Juni 1865 Art. 66. — Das Braunschweig. Gesetz v. 10. Februar 1842 §. 21. — Das Grossherzogl. Sächs. Gesetz v. 11. Januar 1839 §. 38. — Das Sächs. Gesetz v. 22. Februar 1844 §. 11. 2) Décret du 28 mars 1852 Art. 4. — Loi du 19 juillet 1793 Art. 6. 3) Vergl. die bei Kayser, Preussische Pressgesetzgebung, S. 69 f. mitgetheilten Entscheidungen Preussischer Gerichtshöfe.

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 1. Berlin, 1867, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum01_1867/100>, abgerufen am 25.11.2024.