Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Wesen der Wesen!
Du warst von Ewigkeit!
Dieß vermag ich nicht zu denken!
In diesen Fluten versink' ich!
Wesen der Wesen! du bist!
Ach Wonne! du bist!
Was wär ich,
Wenn du nicht wärst!
Du wirst seyn!
Auch ich werde durch dich seyn,
O du der Geister Geist!
Wesen der Wesen!
Erster! ein ganz Anderer,
Als die Geister alle!
Obgleich sie der wunderbare Schatten
Deiner Herrlichkeit sind.
Warum, da allein du dir genung warst, Erster,
schufst du? ..

Zahllosen Schaaren Seliger
Wolltest du der unerschöpfliche Quell
Ihrer Seligkeit seyn!
Wurdest du seliger dadurch, daß du Seligkeit gabst?
Eine der äussersten Schranken des Endlichen ist hier.
Schwindeln kann ich an diesem Hange des Ab-
grunds,

Aber nichts in seinen Tiefen sehn.

Hei-
C 2

Weſen der Weſen!
Du warſt von Ewigkeit!
Dieß vermag ich nicht zu denken!
In dieſen Fluten verſink’ ich!
Weſen der Weſen! du biſt!
Ach Wonne! du biſt!
Was waͤr ich,
Wenn du nicht waͤrſt!
Du wirſt ſeyn!
Auch ich werde durch dich ſeyn,
O du der Geiſter Geiſt!
Weſen der Weſen!
Erſter! ein ganz Anderer,
Als die Geiſter alle!
Obgleich ſie der wunderbare Schatten
Deiner Herrlichkeit ſind.
Warum, da allein du dir genung warſt, Erſter,
ſchufſt du? ..

Zahlloſen Schaaren Seliger
Wollteſt du der unerſchoͤpfliche Quell
Ihrer Seligkeit ſeyn!
Wurdeſt du ſeliger dadurch, daß du Seligkeit gabſt?
Eine der aͤuſſerſten Schranken des Endlichen iſt hier.
Schwindeln kann ich an dieſem Hange des Ab-
grunds,

Aber nichts in ſeinen Tiefen ſehn.

Hei-
C 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg>
            <pb facs="#f0043" n="35"/>
            <lg n="19">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>e&#x017F;en der We&#x017F;en!</l><lb/>
              <l>Du war&#x017F;t von Ewigkeit!</l><lb/>
              <l>Dieß vermag ich nicht zu denken!</l><lb/>
              <l>In die&#x017F;en Fluten ver&#x017F;ink&#x2019; ich!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="20">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>e&#x017F;en der We&#x017F;en! du bi&#x017F;t!</l><lb/>
              <l>Ach Wonne! du bi&#x017F;t!</l><lb/>
              <l>Was wa&#x0364;r ich,</l><lb/>
              <l>Wenn du nicht wa&#x0364;r&#x017F;t!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="21">
              <l><hi rendition="#in">D</hi>u wir&#x017F;t &#x017F;eyn!</l><lb/>
              <l>Auch ich werde durch dich &#x017F;eyn,</l><lb/>
              <l>O du der Gei&#x017F;ter Gei&#x017F;t!</l><lb/>
              <l>We&#x017F;en der We&#x017F;en!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="22">
              <l><hi rendition="#in">E</hi>r&#x017F;ter! ein ganz Anderer,</l><lb/>
              <l>Als die Gei&#x017F;ter alle!</l><lb/>
              <l>Obgleich &#x017F;ie der wunderbare Schatten</l><lb/>
              <l>Deiner Herrlichkeit &#x017F;ind.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="23">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>arum, da allein du dir genung war&#x017F;t, Er&#x017F;ter,<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chuf&#x017F;t du? ..</hi></l><lb/>
              <l>Zahllo&#x017F;en Schaaren Seliger</l><lb/>
              <l>Wollte&#x017F;t du der uner&#x017F;cho&#x0364;pfliche Quell</l><lb/>
              <l>Ihrer Seligkeit &#x017F;eyn!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="24">
              <l><hi rendition="#in">W</hi>urde&#x017F;t du &#x017F;eliger dadurch, daß du Seligkeit gab&#x017F;t?</l><lb/>
              <l>Eine der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Schranken des Endlichen i&#x017F;t hier.</l><lb/>
              <l>Schwindeln kann ich an die&#x017F;em Hange des Ab-<lb/><hi rendition="#et">grunds,</hi></l><lb/>
              <l>Aber nichts in &#x017F;einen Tiefen &#x017F;ehn.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">C 2</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Hei-</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0043] Weſen der Weſen! Du warſt von Ewigkeit! Dieß vermag ich nicht zu denken! In dieſen Fluten verſink’ ich! Weſen der Weſen! du biſt! Ach Wonne! du biſt! Was waͤr ich, Wenn du nicht waͤrſt! Du wirſt ſeyn! Auch ich werde durch dich ſeyn, O du der Geiſter Geiſt! Weſen der Weſen! Erſter! ein ganz Anderer, Als die Geiſter alle! Obgleich ſie der wunderbare Schatten Deiner Herrlichkeit ſind. Warum, da allein du dir genung warſt, Erſter, ſchufſt du? .. Zahlloſen Schaaren Seliger Wollteſt du der unerſchoͤpfliche Quell Ihrer Seligkeit ſeyn! Wurdeſt du ſeliger dadurch, daß du Seligkeit gabſt? Eine der aͤuſſerſten Schranken des Endlichen iſt hier. Schwindeln kann ich an dieſem Hange des Ab- grunds, Aber nichts in ſeinen Tiefen ſehn. Hei- C 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/43
Zitationshilfe: [Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_oden_1771/43>, abgerufen am 21.11.2024.