[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.Denn mir blutet mein Herz um Ihn! O Nacht des Verstummens, Als die Aussaat Gott säte, wie traurig warst du! Aber warum wank' ich, und säume noch stets, zu dem Grabe Hinzugehen, wo Er einst mit den Todten erwacht? Ist es nicht Gott, der Ihn in seine Gefilde gesät hat? Ach, zu des ewigen Tags dankenden Freuden gesät? Und, o sollte noch weich deß Herz seyn, welcher so Viele, Die er liebte, verlor, Viele, die glücklicher sind? Dessen Gedanken um ihn schon viel Unsterbliche sam- meln, Wenn er den engeren Kreis dieser Vergänglich- keit mißt, Und die Hütten an Gräbern betrachtet, worinn die Bewohner Träumen, bis endlich der Tod sie zu dem Leben erweckt! Diese Stärke bewafne mein Herz! Doch beb' ich im Anschaun? Ach! des Todten Gebein! unsers Königs Ge- bein! .... Streuet Blumen umher! Der Frühling ist wiederge- kommen! Wiedergekommen ... ohn' Ihn! ... Blüthe be- kränze sein Grab! Daniens schöne Sitte, die selbst dem ruhenden Land- mann Freudighoffend das Grab jährlich mit Blumen bedeckt, Sey du festlicher jezt, und streu um des Königs Ge- beine, Auferstehung im Sinn, Kränze des Frühlings umher! Sanftes,
Denn mir blutet mein Herz um Ihn! O Nacht des Verſtummens, Als die Ausſaat Gott ſaͤte, wie traurig warſt du! Aber warum wank’ ich, und ſaͤume noch ſtets, zu dem Grabe Hinzugehen, wo Er einſt mit den Todten erwacht? Iſt es nicht Gott, der Ihn in ſeine Gefilde geſaͤt hat? Ach, zu des ewigen Tags dankenden Freuden geſaͤt? Und, o ſollte noch weich deß Herz ſeyn, welcher ſo Viele, Die er liebte, verlor, Viele, die gluͤcklicher ſind? Deſſen Gedanken um ihn ſchon viel Unſterbliche ſam- meln, Wenn er den engeren Kreis dieſer Vergaͤnglich- keit mißt, Und die Huͤtten an Graͤbern betrachtet, worinn die Bewohner Traͤumen, bis endlich der Tod ſie zu dem Leben erweckt! Dieſe Staͤrke bewafne mein Herz! Doch beb’ ich im Anſchaun? Ach! des Todten Gebein! unſers Koͤnigs Ge- bein! .... Streuet Blumen umher! Der Fruͤhling iſt wiederge- kommen! Wiedergekommen … ohn’ Ihn! … Bluͤthe be- kraͤnze ſein Grab! Daniens ſchoͤne Sitte, die ſelbſt dem ruhenden Land- mann Freudighoffend das Grab jaͤhrlich mit Blumen bedeckt, Sey du feſtlicher jezt, und ſtreu um des Koͤnigs Ge- beine, Auferſtehung im Sinn, Kraͤnze des Fruͤhlings umher! Sanftes,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0234" n="226"/> <l>Denn mir blutet mein Herz um Ihn! O Nacht des<lb/><hi rendition="#et">Verſtummens,</hi></l><lb/> <l>Als die Ausſaat Gott ſaͤte, wie traurig warſt du!</l><lb/> <l>Aber warum wank’ ich, und ſaͤume noch ſtets, zu dem<lb/><hi rendition="#et">Grabe</hi></l><lb/> <l>Hinzugehen, wo Er einſt mit den Todten erwacht?</l><lb/> <l>Iſt es nicht Gott, der Ihn in ſeine Gefilde geſaͤt hat?</l><lb/> <l>Ach, zu des ewigen Tags dankenden Freuden geſaͤt?</l><lb/> <l>Und, o ſollte noch weich deß Herz ſeyn, welcher ſo<lb/><hi rendition="#et">Viele,</hi></l><lb/> <l>Die er liebte, verlor, Viele, die gluͤcklicher ſind?</l><lb/> <l>Deſſen Gedanken um ihn ſchon viel Unſterbliche ſam-<lb/><hi rendition="#et">meln,</hi></l><lb/> <l>Wenn er den engeren Kreis dieſer Vergaͤnglich-<lb/><hi rendition="#et">keit mißt,</hi></l><lb/> <l>Und die Huͤtten an Graͤbern betrachtet, worinn die<lb/><hi rendition="#et">Bewohner</hi></l><lb/> <l>Traͤumen, bis endlich der Tod ſie zu dem Leben<lb/><hi rendition="#et">erweckt!</hi></l><lb/> <l>Dieſe Staͤrke bewafne mein Herz! Doch beb’ ich im<lb/><hi rendition="#et">Anſchaun?</hi></l><lb/> <l>Ach! des Todten Gebein! unſers Koͤnigs Ge-<lb/><hi rendition="#et">bein! ....</hi></l><lb/> <l>Streuet Blumen umher! Der Fruͤhling iſt wiederge-<lb/><hi rendition="#et">kommen!</hi></l><lb/> <l>Wiedergekommen … ohn’ Ihn! … Bluͤthe be-<lb/><hi rendition="#et">kraͤnze ſein Grab!</hi></l><lb/> <l>Daniens ſchoͤne Sitte, die ſelbſt dem ruhenden Land-<lb/><hi rendition="#et">mann</hi></l><lb/> <l>Freudighoffend das Grab jaͤhrlich mit Blumen<lb/><hi rendition="#et">bedeckt,</hi></l><lb/> <l>Sey du feſtlicher jezt, und ſtreu um des Koͤnigs Ge-<lb/><hi rendition="#et">beine,</hi></l><lb/> <l>Auferſtehung im Sinn, Kraͤnze des Fruͤhlings umher!</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Sanftes,</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [226/0234]
Denn mir blutet mein Herz um Ihn! O Nacht des
Verſtummens,
Als die Ausſaat Gott ſaͤte, wie traurig warſt du!
Aber warum wank’ ich, und ſaͤume noch ſtets, zu dem
Grabe
Hinzugehen, wo Er einſt mit den Todten erwacht?
Iſt es nicht Gott, der Ihn in ſeine Gefilde geſaͤt hat?
Ach, zu des ewigen Tags dankenden Freuden geſaͤt?
Und, o ſollte noch weich deß Herz ſeyn, welcher ſo
Viele,
Die er liebte, verlor, Viele, die gluͤcklicher ſind?
Deſſen Gedanken um ihn ſchon viel Unſterbliche ſam-
meln,
Wenn er den engeren Kreis dieſer Vergaͤnglich-
keit mißt,
Und die Huͤtten an Graͤbern betrachtet, worinn die
Bewohner
Traͤumen, bis endlich der Tod ſie zu dem Leben
erweckt!
Dieſe Staͤrke bewafne mein Herz! Doch beb’ ich im
Anſchaun?
Ach! des Todten Gebein! unſers Koͤnigs Ge-
bein! ....
Streuet Blumen umher! Der Fruͤhling iſt wiederge-
kommen!
Wiedergekommen … ohn’ Ihn! … Bluͤthe be-
kraͤnze ſein Grab!
Daniens ſchoͤne Sitte, die ſelbſt dem ruhenden Land-
mann
Freudighoffend das Grab jaͤhrlich mit Blumen
bedeckt,
Sey du feſtlicher jezt, und ſtreu um des Koͤnigs Ge-
beine,
Auferſtehung im Sinn, Kraͤnze des Fruͤhlings umher!
Sanftes,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |