[Klopstock, Friedrich Gottlieb]: Oden. Hamburg, 1771.Wir beten weinendan. Weil nun nicht mehr ihr Leben Uns lehrt; so lehr uns denn ihr Tod! O himmlische, bewundernswerthe Stunde, Da Sie entschlummerte! Dich soll der Enkel noch, du Todesstunde, feyern! Sie sey sein Fest um Mitternacht! Voll heiliger tiefeingehüllter Schauer, Ein Fest der Weinenden! Nicht diese Stunde nur, Sie starb viel lange Tage! Und jeder war des Todes werth, Des lehrenden des ehrenvollen Todes, Den Sie gestorben ist. Die ernste Stunde kam, in Nebel eingehüllet, Den sie bey Gräbern bildete. Die Königinn, nur sie, vernimmt den Fußtritt Der kommenden! nur sie Hört, durch die Nacht herauf, der dunkeln Flügel Rauschen, Den Todeston! da lächelt sie... Sey ewig, mein Gesang, weil du es singest, Daß sie gelächelt hat! Und nun sind Throne nichts, nichts mehr der Erde Grössen, Und alles, was nicht ewig ist! Zwo Thränen noch! die eine für den König; Für ihre Kinder die, Und G 5
Wir beten weinendan. Weil nun nicht mehr ihr Leben Uns lehrt; ſo lehr uns denn ihr Tod! O himmliſche, bewundernswerthe Stunde, Da Sie entſchlummerte! Dich ſoll der Enkel noch, du Todesſtunde, feyern! Sie ſey ſein Feſt um Mitternacht! Voll heiliger tiefeingehuͤllter Schauer, Ein Feſt der Weinenden! Nicht dieſe Stunde nur, Sie ſtarb viel lange Tage! Und jeder war des Todes werth, Des lehrenden des ehrenvollen Todes, Den Sie geſtorben iſt. Die ernſte Stunde kam, in Nebel eingehuͤllet, Den ſie bey Graͤbern bildete. Die Koͤniginn, nur ſie, vernimmt den Fußtritt Der kommenden! nur ſie Hoͤrt, durch die Nacht herauf, der dunkeln Fluͤgel Rauſchen, Den Todeston! da laͤchelt ſie… Sey ewig, mein Geſang, weil du es ſingeſt, Daß ſie gelaͤchelt hat! Und nun ſind Throne nichts, nichts mehr der Erde Groͤſſen, Und alles, was nicht ewig iſt! Zwo Thraͤnen noch! die eine fuͤr den Koͤnig; Fuͤr ihre Kinder die, Und G 5
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Wir beten weinendan. Weil nun nicht mehr ihr Leben
Uns lehrt; ſo lehr uns denn ihr Tod!
O himmliſche, bewundernswerthe Stunde,
Da Sie entſchlummerte!
Dich ſoll der Enkel noch, du Todesſtunde, feyern!
Sie ſey ſein Feſt um Mitternacht!
Voll heiliger tiefeingehuͤllter Schauer,
Ein Feſt der Weinenden!
Nicht dieſe Stunde nur, Sie ſtarb viel lange Tage!
Und jeder war des Todes werth,
Des lehrenden des ehrenvollen Todes,
Den Sie geſtorben iſt.
Die ernſte Stunde kam, in Nebel eingehuͤllet,
Den ſie bey Graͤbern bildete.
Die Koͤniginn, nur ſie, vernimmt den Fußtritt
Der kommenden! nur ſie
Hoͤrt, durch die Nacht herauf, der dunkeln Fluͤgel
Rauſchen,
Den Todeston! da laͤchelt ſie…
Sey ewig, mein Geſang, weil du es ſingeſt,
Daß ſie gelaͤchelt hat!
Und nun ſind Throne nichts, nichts mehr der Erde
Groͤſſen,
Und alles, was nicht ewig iſt!
Zwo Thraͤnen noch! die eine fuͤr den Koͤnig;
Fuͤr ihre Kinder die,
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