Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweyter Gesang.

Unbesiegt die Zukunft der Ewigkeiten durchlebe.
Er soll sterben! Bald will ich von ihm den Staub der
Verwesung

Auf dem Wege zur Hölle, vorm Antlitz des Ewigen, aus-
streun.

Seht den Entwurf von meiner Entschliessung. So rächet
sich Satan!

So sprach Satan. Die Hölle blieb noch vor Verwunde-
rung stille.

Unten am Throne saß einer einsiedlerisch, finster und trau-
rig,

Seraph Abdiel Abbadonaa. Er dachte der Zukunft
Und dem Vergangnen voll Seelenangst nach. Vor seinem
Gesichte,

Aus dem ein trübes entsetzliches Dunkel mit Schwermuth
hervorbrach,

Sah er nur Quaalen auf Quaalen gehäuft in die Ewigkeit
eingehn.

Jtzo erblickt er die vorigen Zeiten; da war er voll Un-
schuld

Jenes erhabenen Abdiels Freund, der am Tage des Auf-
ruhrs,

Nach dem Messias, im Himmel die größten Thaten voll-
führte;

Denn er kehrte zu GOtt allein und unüberwindlich
Wieder zurück. Mit ihm, dem edelmüthigen Seraph,
War schon Abbadonaa den Blicken der Feinde GOttes
Fast entgangen: Allein die Kriegeswagenburg Satans
Die, im Triumph sie wieder zu holen, schnell um sie
herum kam,
Und

Zweyter Geſang.

Unbeſiegt die Zukunft der Ewigkeiten durchlebe.
Er ſoll ſterben! Bald will ich von ihm den Staub der
Verweſung

Auf dem Wege zur Hoͤlle, vorm Antlitz des Ewigen, aus-
ſtreun.

Seht den Entwurf von meiner Entſchlieſſung. So raͤchet
ſich Satan!

So ſprach Satan. Die Hoͤlle blieb noch vor Verwunde-
rung ſtille.

Unten am Throne ſaß einer einſiedleriſch, finſter und trau-
rig,

Seraph Abdiel Abbadonaa. Er dachte der Zukunft
Und dem Vergangnen voll Seelenangſt nach. Vor ſeinem
Geſichte,

Aus dem ein truͤbes entſetzliches Dunkel mit Schwermuth
hervorbrach,

Sah er nur Quaalen auf Quaalen gehaͤuft in die Ewigkeit
eingehn.

Jtzo erblickt er die vorigen Zeiten; da war er voll Un-
ſchuld

Jenes erhabenen Abdiels Freund, der am Tage des Auf-
ruhrs,

Nach dem Meſſias, im Himmel die groͤßten Thaten voll-
fuͤhrte;

Denn er kehrte zu GOtt allein und unuͤberwindlich
Wieder zuruͤck. Mit ihm, dem edelmuͤthigen Seraph,
War ſchon Abbadonaa den Blicken der Feinde GOttes
Faſt entgangen: Allein die Kriegeswagenburg Satans
Die, im Triumph ſie wieder zu holen, ſchnell um ſie
herum kam,
Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <lg type="poem">
        <lg n="22">
          <l>
            <pb facs="#f0083" n="79"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweyter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw>
          </l><lb/>
          <l>Unbe&#x017F;iegt die Zukunft der Ewigkeiten durchlebe.</l><lb/>
          <l>Er &#x017F;oll &#x017F;terben! Bald will ich von ihm den Staub der<lb/><hi rendition="#et">Verwe&#x017F;ung</hi></l><lb/>
          <l>Auf dem Wege zur Ho&#x0364;lle, vorm Antlitz des Ewigen, aus-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;treun.</hi></l><lb/>
          <l>Seht den Entwurf von meiner Ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;ung. So ra&#x0364;chet<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ich Satan!</hi></l>
        </lg><lb/>
        <lg n="23">
          <l>So &#x017F;prach Satan. Die Ho&#x0364;lle blieb noch vor Verwunde-<lb/><hi rendition="#et">rung &#x017F;tille.</hi></l><lb/>
          <l>Unten am Throne &#x017F;aß einer ein&#x017F;iedleri&#x017F;ch, fin&#x017F;ter und trau-<lb/><hi rendition="#et">rig,</hi></l><lb/>
          <l>Seraph Abdiel Abbadonaa. Er dachte der Zukunft</l><lb/>
          <l>Und dem Vergangnen voll Seelenang&#x017F;t nach. Vor &#x017F;einem<lb/><hi rendition="#et">Ge&#x017F;ichte,</hi></l><lb/>
          <l>Aus dem ein tru&#x0364;bes ent&#x017F;etzliches Dunkel mit Schwermuth<lb/><hi rendition="#et">hervorbrach,</hi></l><lb/>
          <l>Sah er nur Quaalen auf Quaalen geha&#x0364;uft in die Ewigkeit<lb/><hi rendition="#et">eingehn.</hi></l><lb/>
          <l>Jtzo erblickt er die vorigen Zeiten; da war er voll Un-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chuld</hi></l><lb/>
          <l>Jenes erhabenen Abdiels Freund, der am Tage des Auf-<lb/><hi rendition="#et">ruhrs,</hi></l><lb/>
          <l>Nach dem Me&#x017F;&#x017F;ias, im Himmel die gro&#x0364;ßten Thaten voll-<lb/><hi rendition="#et">fu&#x0364;hrte;</hi></l><lb/>
          <l>Denn er kehrte zu GOtt allein und unu&#x0364;berwindlich</l><lb/>
          <l>Wieder zuru&#x0364;ck. Mit ihm, dem edelmu&#x0364;thigen Seraph,</l><lb/>
          <l>War &#x017F;chon Abbadonaa den Blicken der Feinde GOttes</l><lb/>
          <l>Fa&#x017F;t entgangen: Allein die Kriegeswagenburg Satans</l><lb/>
          <l>Die, im Triumph &#x017F;ie wieder zu holen, &#x017F;chnell um &#x017F;ie<lb/><hi rendition="#et">herum kam,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/></l>
        </lg>
      </lg>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0083] Zweyter Geſang. Unbeſiegt die Zukunft der Ewigkeiten durchlebe. Er ſoll ſterben! Bald will ich von ihm den Staub der Verweſung Auf dem Wege zur Hoͤlle, vorm Antlitz des Ewigen, aus- ſtreun. Seht den Entwurf von meiner Entſchlieſſung. So raͤchet ſich Satan! So ſprach Satan. Die Hoͤlle blieb noch vor Verwunde- rung ſtille. Unten am Throne ſaß einer einſiedleriſch, finſter und trau- rig, Seraph Abdiel Abbadonaa. Er dachte der Zukunft Und dem Vergangnen voll Seelenangſt nach. Vor ſeinem Geſichte, Aus dem ein truͤbes entſetzliches Dunkel mit Schwermuth hervorbrach, Sah er nur Quaalen auf Quaalen gehaͤuft in die Ewigkeit eingehn. Jtzo erblickt er die vorigen Zeiten; da war er voll Un- ſchuld Jenes erhabenen Abdiels Freund, der am Tage des Auf- ruhrs, Nach dem Meſſias, im Himmel die groͤßten Thaten voll- fuͤhrte; Denn er kehrte zu GOtt allein und unuͤberwindlich Wieder zuruͤck. Mit ihm, dem edelmuͤthigen Seraph, War ſchon Abbadonaa den Blicken der Feinde GOttes Faſt entgangen: Allein die Kriegeswagenburg Satans Die, im Triumph ſie wieder zu holen, ſchnell um ſie herum kam, Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die ersten drei Gesänge von Klopstocks ‚Messias‘ … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/83
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Der Messias. Ein Heldengedicht. Halle, 1749, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_messias_1749/83>, abgerufen am 02.05.2024.